Nanu, bezeichnet das Imperfekt die Gegenwart, liegt die Gegenwart in der Vergangenheit? (Pädagogische Frage
).
So einfach ist das mit den Tempora nicht, die Zeit ist ein Mysterium, das die Philosophen bisher nicht erklären konnten; die Zeit ist die Schwelle zur Ewigkeit, da stoßen Metaphysik und Empirie aufeinander. Wir Grammatiker machen uns was vor, wenn wir meinen, die Schwierigkeiten lösen zu können, indem wir das Dreierschema "Gegenwart - Vergangenheit - Zukunft" an die Zeit herantragen.
Man kann es ja mit anderen Einteilungen versuchen, z.B. so:
Wir unterscheiden drei Situationen:
(1) eine Situation, in der man weder erkennen noch handeln kann (sonst Zukunft oder Futur genannt),
(2) eine Situation, in der man erkennen, aber nicht handeln kann (sonst Vergangenheit oder Perfekt genannt),
(3) eine Situation, in der man sowohl erkennen als auch handeln kann, sonst Gegenwart oder Präsens genannt.
Vllt. kommt euch das komisch vor, aber damit kann man erklären, warum der Irrealis der Gegenwart in einem Tempus der Vergangenheit erscheint: man sieht ein, es ist eine Situation, in der man erkennen kann: ich erkenne ja, dass du nicht da bist und ich nicht froh bin; aber handeln kann man nicht: ich kann dich nicht herbeibringen und mich auch nicht froh machen; es ist also Fall (2), Vergangenheit.
Ist euch schon mal die Frage gekommen, warum es keinen Irrealis der Zukunft gibt? Das beantwortet sich nach Fall (1): das Irreale ist etwas, was man weiß, die Zukunft aber etwas, was man nicht weiß; das schließt sich also aus.