Irrealis in der Abhängigkeit

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Irrealis in der Abhängigkeit

Beitragvon marcus03 » So 19. Mai 2019, 09:00

C) Irrealer Fall (Nichtwirklichkeit): Bei fehlendem Futurpartizip und im Passiv durch den Infinitiv posse (potuisse) umschrieben - selten mit futurum fuisse, ut

1. Gegenwart

Si id diceret, puniretur

Wenn er das sagen würde, würde er bestraft (werden).

Puto (Putabam), si id diceret, futurum fuisse, ut puniretur

Puto (Putabam), si id diceret, eum puniri posse

Frage: Warum FUISSE? Ist das nicht unlogisch für den Irrealis der Gegenwart.

Warum gibt es hier keinen Unterschied zum Irrealis in der Vergangenheit? :?

http://members.aon.at/latein/Kondiz.htm
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Re: Irrealis in der Abhängigkeit

Beitragvon Prudentius » Fr 24. Mai 2019, 10:18

Warum FUISSE? Ist das nicht unlogisch für den Irrealis der Gegenwart.


Ich weiß nicht, ob die Grammatiken etwas dazu sagen, aber vermuten möchte ich, dass das Präsens esse weniger gut für den Irrealis passen würde, das Präsens hat ja etwas Schwebendes ("Alles fließt"), Fluktuation, während das Perfekt das im Boden Verankerte, Einbetonierte bedeutet ("So ist es gewesen"). Und der Irrealis bezeichnet ja so etwas fest Verankertes: "Wenn er noch lebte, ...", daher also eine Tendenz zu fuisse.

Eine andere Frage: Was ist Nichtwirklichkeit? Traum, Phantasie, Wunsch, Lüge?
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Re: Irrealis in der Abhängigkeit

Beitragvon Zythophilus » Sa 25. Mai 2019, 07:46

Was ist Wirklichkeit? Muss Wirklichkeit in einer sprachlich formulierten Aussage objektiv überprüfbare Wirklichkeit sein oder dürfen z.B. Dichter "lügen"?
Im Zusammenhang mit der obigen Frage zu futurum fuisse geht es darum, dass innerhalb dieser Aussage behauptet wird, dass etwas nicht sei bzw. nicht gewesen sei.
Si tacuisses, philosophus mansisses. Das ist die Einschätzung dessen, der die Aussage tätigt. Ob die Aussage so stimmt, ist eine Frage, die nicht die Grammatik beantwortet.
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