Lange offenen Silbe

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Lange offenen Silbe

Beitragvon sinemetu » Mo 5. Aug 2019, 08:57

Es gibt im lat. eine Menge Nomina, die im Nominativ nur aus einer konsonantinitialen langvokaligen geschlossene Silbe bestehen.

z. B.
Initalmonokonsonantische finalmonokonsonantische langvokalische Nomina: bos, mos, lac, sus, res, rus, ros, vis, vir, vas, laus .... wer kennt weitere?
Initialbikonsonantische finalmonokonsonantische langvokalische Nomina: spes, flos,
Initialbikonsonantische finalbikonsonantische langvokalische Nomina: grex, ...

A: Gibt es auch konsonantinitiale einsilbige Nomina, die aus einer langen offenen Silbe bestehen?

B: Gibt es neben ius und os, as, arx? weitere langvokalinitiale einsilbige Nomina?

C: Sind die finaldoppelkonsonantischen nominativen Bildungen, wie dens, glans, rex, lex, lux, vox etc. auch lang und nur im Genitiv dann etwas kürzer.
Zuletzt geändert von sinemetu am Mo 5. Aug 2019, 11:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon marcus03 » Mo 5. Aug 2019, 09:19

sinemetu hat geschrieben:C: Sind die finaldoppelkonsonantischen nominativen Bildungen, wie dens, glans, etc. auch lang und nur im Genitiv dann kurz.

Doppelkonsonanz bewirkt meist Längung/Positionslänge, Ausnahme: muta cum liquida

https://de.wikipedia.org/wiki/Lateinische_Metrik
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon sinemetu » Mo 5. Aug 2019, 10:26

Danke Marcus03,
Der Artikel leidet an folgendem.

1. Der Begriff Positionslänge wird nicht erklärt. "Es wird nur gesagt, wenn zwei Konsonanten aufeinander folgen, entsteht P." Was ist eine Position in der Metrik?

2. Warum bemüht man nicht IPA? [pri:mo:] wäre eindeutig.

Hier z.B. (etwas verschoben) weiss ich immer noch nicht, was lang und kurz meint.
Silbengetrennter Vers: ĕt prī- mō sĭ- mĭ- lĭs vŏ- lŭ- crī, mŏx vē- ră vŏ- lŭc- rĭs
Metrisierung: – – – υ υ – υ υ – – – υ u - x

Intuitiv deute ich den geraden Strich über einem Vokal als lang, das bedeutet, daß das finale o in primo ein langes offenes O ist, also [o:], dementsprechend müsste das et am Anfang kurz sein, darunter ist aber das Zeichen für lange Silbe zu sehen....?
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon marcus03 » Mo 5. Aug 2019, 11:01

sinemetu hat geschrieben:Intuitiv deute ich den geraden Strich über einem Vokal als lang,

So ist es.

et ist naturkurz, vor einem Konsonanten wird es positionslang.
Das et steht hier im Rahmen eines Verses.
Du findest dort zwei Angaben:
a) et separat
b) et im Verskontext

_uu bzw. _vv bedeutet lang-kurz-kurz (Daktylus)
x am Versende meint, dass die Silbe lang oder kurz ist (man könnte sie auch genau bestimmen, tut es aber meistens nicht, weil es keine Rolle mehr spielt am Versende, eine Konvention, die sich eingebürgert hat)
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon sinemetu » Mo 5. Aug 2019, 11:41

Dann gibt es keine kurze Silbe mit langem Vokal, oder?
1. Dann ist mit lang und kurz quasi immer der Vokal gemeint, oder?
2. Und wenn eine Silbe keinen Vokal hat? z. B. Ktetikon?

3. Wir sagen:
res [re:z]
rei [rə?i]
rei [rə?i]
rem [rəm]
re [re:]
Sind Gen. und Dativ zwei, oder einsilbig? Ich vermute zwei, denn man spricht den Diphtong als solchen, oder?

4. Was ist denn der genaue Stamm von res: [re:] oder [rə]? Wovon geht man aus, und was wird verändert?
5. Hat Latein den [ɛ]-Laut nicht?
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon marcus03 » Mo 5. Aug 2019, 12:17

sinemetu hat geschrieben:Dann gibt es keine kurze Silbe mit langem Vokal, oder?

Jede kurze Silbe am Wortende, kann, wenn sie auf einen Konsonanten endet, positionslang werden.

sinemetu hat geschrieben:2. Und wenn eine Silbe keinen Vokal hat? z. B. Ktetikon?

Es gibt keine vokallosen Silben - im Lat. zumindest nicht.

Die Silbe (von lateinisch syllaba, griechisch συλλαβή ‚Zusammenfassung‘, ‚Silbe‘) ist ein grammatischer beziehungsweise linguistischer Begriff, der eine Einheit aus einem oder mehreren aufeinanderfolgenden Lauten bzw. Phonemen bezeichnet, die sich in einem Zug aussprechen lassen und so eine Sprecheinheit bilden. Sie stellt die kleinste Lautgruppe im natürlichen Sprechfluss dar.
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon sinemetu » Mo 5. Aug 2019, 12:32

marcus03 hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Dann gibt es keine kurze Silbe mit langem Vokal, oder?

Jede kurze Silbe am Wortende, kann, wenn sie auf einen Konsonanten endet, positionslang werden.

Du schreibst über Silben, ich frage nach Vokalen....

dann meint:
positionslang werden.

.. der Vokal der Silbe wird dann lang, also aus [ə] wird [e:], oder? Positionslang meint auch sprechlang, oder?
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon marcus03 » Mo 5. Aug 2019, 13:01

sinemetu hat geschrieben:Du schreibst über Silben, ich frage nach Vokalen....

In der Metrik geht es immer um Silben.
Vokale kann man nur im Kontext mit der Silbe sehen, zu der sie gehören. :?
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon Tiberis » Mo 5. Aug 2019, 13:53

sinemetu hat geschrieben:3. Wir sagen:res [re:z]rei [rə?i]rei [rə?i]rem [rəm]re [re:]Sind Gen. und Dativ zwei, oder einsilbig? Ich vermute zwei, denn man spricht den Diphtong als solchen, oder?


was bitte sollen diese komischen Phonetikangaben (re:z usw) ?? Mit Ausnahme des Ablativs sind sie jedenfalls alle falsch. Außerdem ist ei im Lateinischen kein Diphthong, somit beantwortet sich die Frage nach der Silbenzahl von selbst.
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon sinemetu » Mo 5. Aug 2019, 22:47

Tiberis hat geschrieben: Mit Ausnahme des Ablativs sind sie jedenfalls alle falsch.

Dann berichtige Sie bitte, Tiberis. Du tätest mir einen großen Gefallen damit.
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon Tiberis » Di 6. Aug 2019, 23:06

sinemetu hat geschrieben:Dann berichtige Sie bitte


Bei den Wörtern der e-Deklination endet der Stamm auf ein langes e. Dieser Stamm liegt im Abl.Sg. vor, und er bleibt auch in allen anderen Kasus unverändert (!), d.h. die Regel "vocalis ante vocalem corripitur" trifft im Gen./Dat. Sg. nicht zu. Man spricht also r'e:i: , fid'e:i: usw.
Stomachatus hat geschrieben:Dann kannst Du zum Portemonnaie greifen und Nachhilfe bezahlen.

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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon sinemetu » Mi 7. Aug 2019, 09:41

Tiberis hat geschrieben:Bei den Wörtern der e-Deklination endet der Stamm auf ein langes e. Dieser Stamm liegt im Abl.Sg. vor, und er bleibt auch in allen anderen Kasus unverändert (!), d.h. die Regel "vocalis ante vocalem corripitur" trifft im Gen./Dat. Sg. nicht zu. Man spricht also r'e:i: , fid'e:i: usw.

Danke, Tiberis, wieder was gelernt, hab's immer falsch gesprochen ... Autodidakterei! Können wir noch zur Eingangsfrage zurückkehren?
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon Tiberis » Mi 7. Aug 2019, 13:01

sinemetu hat geschrieben:A: Gibt es auch konsonantinitiale einsilbige Nomina, die aus einer langen offenen Silbe bestehen?

das halte ich für unwahrscheinlich. Mir sind keine solchen Nomina bekannt.
sinemetu hat geschrieben:B: Gibt es neben ius und os, as, arx? weitere langvokalinitiale einsilbige Nomina?

Von den Genannten beginnt lediglich os mit einem langen Vokal, und auch das nur, wenn os,oris (Mund) gemeint ist os, ossis (Knochen) hingegen hat kurzes o, genauso wie as und arx kurzes a haben. Außer os,oris fällt mir kein Beispiel zu deiner Frage ein.
sinemetu hat geschrieben:C: Sind die finaldoppelkonsonantischen nominativen Bildungen, wie dens, glans, rex, lex, lux, vox etc. auch lang und nur im Genitiv dann etwas kürzer.

Bei allen genannten Beispielen ist (im Nom.Sg.) nicht nur die Silbe positionslang, sondern auch der Vokal selbst lang. In den anderen Kasus verliert der Stammvokal der Wörter auf -ns seine Länge, die Silbe selbst bleibt natürlich positionslang. Bei den Wörtern auf -x (nach vorhergehendem Vokal) bleibt die Quantität des Stammvokals in allen Kasus erhalten: re:x , re:gis , aber: grex, gregis
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Re: Lange offenen Silbe

Beitragvon sinemetu » Mi 7. Aug 2019, 13:30

Danke, Tiberis, erschöpfend beantwortet. Nachmals: maximas gratias ago ...
Abschlußfrage: Ist ein Lateinwörterbuch im IPA bekannt? Egal, in welche Sprache.

Die Jakuten haben mit der Zukunft angefangen: Sie haben gleich auf IPA .
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