Alluzinatio

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Re: Alluzinatio

Beitragvon marcus03 » Mi 14. Aug 2019, 14:41

mystica hat geschrieben:Vielmehr sei das Heil »durch das Leiden des Menschensohns, durch das Leiden Jesu Christi« gewirkt worden.

Das ist eine höchst problematische Aussage. Dass Leiden/der Tod am Kreuz heilsnotwendig sei, wirft viele Fragen auf, auch die, ob Gott grausam ist. Wenn ich mich recht erinnere, sagt sogar Josef Ratzinger/Benedikt XVI. in seiner "Einführung in das Christentum", dass auch ein natürlicher Tod Jesu denselben "Effekt" gehabt hätte.
Entscheidend ist nicht der grausame Tod am Kreuz, sondern die Menschwerdung Gottes in Jesus von Nazareth als Akt der Solidarisierung und Identifizierung des Schöpfers mit seinem Geschöpf Mensch und die Auferweckung Jesu von Toten als Bestätigung seiner Person, seines Lebens(wekes)/Lehre/Mission und Gottesbildes mit einem Gott, der bedingungslos liebt und Sünden vergibt.
Zudem stellt sich die Frage: Hat Jesus "mehr gelitten" als z.B.die abertausenden Sklaven und anderen
Menschen, die in der Antike, gekreuzigt wurden?
Die Grenze zwischen Sadismus und Erlösung wird m.E. fließend, wenn man den Tod Jesu primär als Sühnetod betrachten will und nicht als logische Konsequenz seiner ständigen Konfrontation mit dem religiösen und politischen System der Umgebung, in der er auftrat bzw. als Wanderprediger wirkte.

PS:
Dass Papst Franziskus kein großer Theologe ist, ist bekannt, was aber auch nicht so entscheidend ist, da er sich im Rahmen seiner Position durch persönliche Bescheidenheit und oft deutliche Worte zum
Zeitgeschehen deutlich und in positiver Weise von seinem Vorgänger unterscheidet, der wohl mit der konkreten Realität,in der Christentum stattfindet, nicht nur leicht überfordert war und als Krisenmanager letztlich gescheitert ist. Mit hoher Theologie kann man den Herausforderungen der Welt von heute nicht beikommen, sondern muss sich den Vorwurf gefallen lassen,
was diese denn mit der Realität noch zu tun habe.
Die Erkenntnisse der Evolutionstheorie dürften manchen thelologischen Spekulationen und Theorien
auch den letzten Boden entziehen.
Es wartet noch viel Arbeit auf die Theologie, Evolution und Schöpfung halbwegs vernünftig zusammenzudenken. Ansätze dazu gibt es, leider oft sehr ernüchternde und nicht unbedingt froh stimmende, was die Möglichkeiten einer Veränderung der Welt in einen mundus vere humanus angeht.
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Re: Alluzinatio

Beitragvon Laptop » Do 15. Aug 2019, 03:38

Franziskus hat sich da unglücklich ausgedrückt, er meinte Jesus habe sich für die Menschheit geopfert, das Sich-selbst-Opfern (das dann auch mit Leiden verbunden war) war die segensreiche Tat, nicht das Leiden. Zu verstehen ist das, weil der Statthalter ausgehandelt hatte alle anderen zu schonen, wenn sie nur ihren Anführer ausliefern. Der Gottessohn opferte sich um die andren zu verschonen und das wurde bewundert, Jahrhunderte Später tat das Störtebeker in ähnlicher Manier.
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Re: Alluzinatio

Beitragvon marcus03 » Do 15. Aug 2019, 13:21

Laptop hat geschrieben: Zu verstehen ist das, weil der Statthalter ausgehandelt hatte alle anderen zu schonen, wenn sie nur ihren Anführer ausliefern.

Auf welche Bibelstelle beziehst du dich hier?
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Re: Alluzinatio

Beitragvon romane » Do 15. Aug 2019, 17:41

Tiberis hat geschrieben:
romane hat geschrieben:wird es wohl ein akk. in Kurzform sein

:-o

das -i- in lucifer ist nichts anderes als ein in zusammengesetzten Wörtern üblicher Bindevokal, vgl.
art-i-fex, arm-i-ger, aequ-i-noctium, miser-i-cordia usw.


Richtig!!! Man sollte doch immer seriös sein...
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Re: Alluzinatio

Beitragvon Laptop » Do 15. Aug 2019, 19:37

marcus, ich kann nicht alles belegen was ich mal gelesen hab. Jedenfalls ergibt es anders auch keinen Sinn, der Statthalter wollte Hinrichtungen vermeiden, aber war im Handlungszwang, daher besser einen hinrichten als die ganze Gruppe.
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Re: Alluzinatio

Beitragvon Prudentius » Fr 16. Aug 2019, 09:06

sinemetu hat geschrieben:Woher hast du das?


Aus meinem Gedächtnis (memoria).
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Re: Alluzinatio

Beitragvon Prudentius » Fr 16. Aug 2019, 09:24

mystica hat geschrieben:Bitte nicht heidnische Vorstellungen mit biblischen Geschichten vermischen.


Ich vermische nicht, sondern die Vorstellungen haben sich selbst vermischt. Das ist ja eine höchst interessante Geschichte, wie die Kirche, aus dem engen jüdischen Rahmen herausgetreten, sich in der antiken Welt behaupten musste. Sie musste sich assimilieren, um überhaupt verständlich und vernehmbar zu werden.
Es gab zwei Linien, die eine vom (Neu-)Platonismus zu Augustinus bis zu den gotischen Kathedralen, und die andere von Aristoteles zu Thomas v. Aquin, einmal ganz schematisch gesprochen.

Es gibt den Begriff "Hellenisierung des Christentums", bekannt ist das Urteil Harnacks, des Sprechers des Protestantismus im wilhelminischen Deutschland, dass diese ein Verrat am Christentum gewesen sei.
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