Lat. Verse - quantitierend

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Lat. Verse - quantitierend

Beitragvon Laptop » Mi 1. Jul 2020, 16:15

Die Forschung ist sich schon seit langer Zeit sicher, daß lat. Verse quantisierend (Fehler) waren. Das lese ich schon bei Charles Bennett. Nun lese ich in der Ency.Brit. das Gegenteil. Wenn irgendeine Quelle im Internet nicht auf dem neuesten Stand ist, ist das kein Beinbruch. Aber die Ency.Brit. ist nicht irgendeine Quelle, sondern gilt als Standard für Zuverlässigkeit.

Arsis, a term of Greek origin meaning “the act of raising or lifting” or “raising the foot in beating time,” refers in Greek, or quantitative, verse to the lighter or shorter part of a poetic foot, and thesis to the accented part of the poetic foot. In Latin, or accentual, verse, the meanings of these words were reversed—arsis came to mean the accented or longer part of the foot, and thesis the unaccented part. It is the Latin meaning that has been retained in modern usage.


(Quelle: https://www.britannica.com/art/arsis#:~ ... ted%20part.)
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Re: Lat. Verse - quantisierend

Beitragvon Tiberis » Mi 1. Jul 2020, 19:30

Laptop hat geschrieben:Aber die Ency.Brit. ist nicht irgendeine Quelle, sondern gilt als Standard für Zuverlässigkeit.


naja.. :roll: Diese "Zuverlässigkeit" wollen wir mal nicht überbewerten.
An anderer Stelle (unter dem Lemma "foot") lesen wir nämlich folgendes:

In classical (or quantitative) verse, a foot, or metron, is a combination of two or more long and short syllables. A short syllable is known as an arsis, a long syllable as a thesis.


"classical" schließt naturgemäß auch lateinische Verse mit ein. Und hier steht nun: kurze Silbe = Arsis, während in der von dir zitierten Stelle genau das Gegenteil behauptet wird.
und natürlich ist es schlicht falsch, von "Latin, or accentual verse" zu sprechen. Denn sowohl griechische wie lateinische Metrik sind quantitierend (nicht quantisierend !).
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Re: Lat. Verse - quantisierend

Beitragvon Laptop » Do 2. Jul 2020, 06:34

Bei arsis und thesis gibt es ein Durcheinander in der Begriffszuordnung. Ob arsis oder thesis einer langen Silbe im Takt zugeordnet wurde war arbiträr, je nach Autor und Epoche. Deshalb frage ich mich ob es nicht sinnvoller ist sie als t.t. ganz zu meiden, for the sake of sanity.

Merriam-Webster zu "arsis":
1) the lighter or shorter part of a poetic foot especially in quantitative verse
2) the accented or longer part of a poetic foot especially in accentual verse
3) the unaccented part of a musical measure


Historisch betrachtet - man spricht nicht umsonst vom Versfuß - ergibt es nur Sinn die Senkung des Fußes (ie. das Aufsetzen des Fußes aus Fleisch und Blut) als Hauptschlag zu betrachten, so machen es Schlagzeuger noch heute. Nur für das Lateinische hat sich der umgekehrte Sprachgebrauch eingeschlichen. Was wohl urspr. dazu bewogen hat die arsis als Hauptschlag zu werten? Seltsam.
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Re: Lat. Verse - quantisierend

Beitragvon ille ego qui » Do 2. Jul 2020, 07:56

Wie Tiberis schon gesagt hat, mit Kürze kann man das nicht gleichsetzen, da auch die sogenannten Senkungen keineswegs immer aus einer einzelnen Kürze bestehen müssen.
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