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romane hat geschrieben:ab heute frage ich mich in meinem Unterricht : was tust du da eigentlich...
eine futurische Handlung ist eher selten eine zwingende Handlung.
eine "occasio iter faciendi" und gleichbedeutend "occasio itineris faciendi" wäre dann fast eine "contradictio in adiecto"
b) Am Infinitivansatz scheint mir folgendes interessant zu sein:
> Er nutzt die deutsche Möglichkeit von Gerund und Gerundiv (die gibt es tatsächlich, die zwei im Deutschen):
Die Aufgabe ist zu bearbeiten ... In der zu bearbeitenden Aufgabe ..
Liegt nicht doch allein in
occasio itineris faciendi
ein gewisser Widerspruch vor, insofern eine Option mit einem Zwang kombiniert wird?
Wie erklärt man einen "dolor vix ferendus"?
Ein hinreichender Grund für eine Übersetzung mit Infinitiv könnte eine Nähe zwischen Zielsprache und Ausgangssprache sein. Das Wesen der lateinischen nd-form muss also in dieser Perspektive gar nicht infinitivnah sein. Es genügte, wenn der Schüler ein schlüssiges Grundrezept in der Hand hat, das zu sinnvollen Ergebnissen führt. Also sowas wie: Bei nd-formen versuche die Rohübersetzung mit "zu+Infinitiv".
Aber strukturell-systematisch liegt tatsächlich eine - sit venia verbo - infinitiv-adjektivnahe Bauweise vor:
lauda - re
lauda - nd - i
lauda - nd - o
lauda - re
lauda - nd -um (in der Linguistik umstritten, ob als Gerund zu klassifizieren
lauda - nd - o
Aus dem Ausdruck "dolor non ferendus" lässt sich - mal sehr rezeptnah (negiertes Gerundiv: nicht dürfen) die Lesart ableiten, dass man den "Schmerz nicht ertragen darf"; aber die meisten werden zu der Lesart neigen, dass es sich um einen Schmerz handelt, der nicht ertragen werden kann, selbst wenn er ertragen werden muss.
In diesem Fall aber fällt die aktive Bedeutung von "müssen" in sich zusammen. Das sieht man recht deutlich, weil ja die "dürfen-Übersetzung" problematisch wird.
Das bedeutet dann, man kann sich stoisch oder nicht stoisch mit dem Schmerz konfrontieren. Er findet mit oder mein Zutun statt. Und er ist nicht zu ertragen, ob ich ihn nun akzeptiere oder nicht. Weil er das Maß des Erträglichen überschreitet. Das heißt, er kann nicht ertragen werden.
Und dann ist die nichtnecessitäre Lesart plötzlich ziemlich stark. Oder?
Ist bei der "occasio itineris faciendi" nicht doch fast zu jeder Zeit ein Rücktritt oder eine Aufgabe der Reise in beliebigen Phasen möglich, was bei einem "strengen Zwang" zumindest nach eintritt der reise nicht mehr möglich ist/wäre?
Und ist ein "Ausdruck" wie "iter facere possum" oder "iter fieri potest" dann - folgt man der These von der "futurischen passiven Handlung" nicht auch auf jeden Fall mit einer "notatio necessitatis" versehen? Warum dann noch eine markierte nd-Form?
Nun ja: Im attributiven Fall geht es um eine unerträgliche Rede. Also um eine Rede, die man nicht ertragen kann, die nicht zu ertragen ist.
Im prädikativen Fall geht es wohl eher um eine aus der Unerträglichkeit abzuleitenden Aktivität?
das gerundiv ist seinem wesen nach passivisch und drückt etwas aus, das in der zukunft (jedenfalls)gemacht werden wird. letzteres impliziert m.e. schon die bei Menge so genannte "notio necessitatis".
d.h., egal, ob in attributiver oder prädikativischer stellung, verändert das gerundiv seinen prinzipiellen charakter nicht.
iter tibi faciendum est> die reise ist eine, die von dir (unbedingt, jedenfalls) gemacht werden wird. vgl. im deutschen: du WIRST diese reise machen !(= du hast diese reise zu machen!)
occasio itineris faciendi > gelegenheit zu einer reise, die (jedenfalls)gemacht werden wird (daher auch gemacht werden muß)
libros tibi legendos do> ich gebe dir bücher, die (dann) (jedenfalls) gelesen werden, die du (gefälligst) lesen wirst/lesen mußt.
(die landläufige übersetzung "bücher zum lesen" ist m.e. zu verwaschen, da die "notio necessitatis" darin überhaupt nicht erkennbar ist.)
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