Hamlet: Laertes und Seneca

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Hamlet: Laertes und Seneca

Beitragvon Gabel » Fr 23. Feb 2007, 12:42

Guten Morgen,

ich arbeite gerade an einem Text über "Hamlet und Rache" (grob gesagt) und habe dazu eine Frage, die in dieses Forum gehört.

in IV, 1, 154sqq. des Folio-Textes findet sich folgende Passage:

LAERTES
How now? what noise is that?
Oh heate drie vp my Braines, teares seuen times salt,
Burne out the Sence and Vertue of mine eye.
By Heauen, thy madnesse shall be payed by waight,
Till our Scale turnes the beame.
Oh Rose of May,
Deere Maid, kinde Sister, sweet Ophelia:

Laertes drückt in dem fettgedruckten Teil dieser Verse seine Ansicht aus, um den erbarmungswürdigen Zustand seiner Schwester zu rächen, sei ein bloßes Abgelten (talio) nicht genug, die Waagschale des Übeltäters müsse so mit Strafe gefüllt werden (um im Bild zu bleiben), dass sie die schwerere wird. So weit, so gut. Nun gibt es in meiner Textausgabe (Arden Shakespeare, 3rd ed.) dazu die folgende Fußnote: "[Laertes] asserts the Senecan view that revenge has to outdo the original crime".

Weiß hier zufällig jemand, ob sich dieser "Senecan view" an einer Stelle in Senecas Werk exemplarisch festmachen lässt? Oder bezieht sich die Bemerkung auf die impliziten Grundannahmen in seinen Tragödien (mit denen ich mich auch nicht auskenne)? Ich wäre für Hinweise in beiderlei Hinsicht sehr dankbar.
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Beitragvon consus » Fr 23. Feb 2007, 14:59

Wenn ich mich nicht sehr irre, amice studiosissime, könnte man an die Worte des Atreus in der Seneca-Tragödie Thyestes denken. Dort heißt es in den Vv. 195f.: "...- scelera non ulcisceris, / nisi vincis". So Seneca in der Tragödie, in den phil. Schriften sieht es etwas anders aus. :)
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Beitragvon Gabel » So 25. Feb 2007, 18:48

Vielen Dank schon einmal, consus. Das könnte ich sicher als Hinweis verwenden.

Wie sieht es denn, wenn ich fragen darf, in den philosophischen Schriften aus? (Falls man das sagen kann, ohne mehrere Bände füllen zu müssen...)
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Beitragvon Gabel » Mo 26. Feb 2007, 20:23

Salve, Conse (et al.)!

:-D Ein heute per Fernleihe eingetroffener Band (John Kerrigan, Revenge Tragedy. Aeschylus to Armageddon, Oxford 1996.) hat sich als eine wahre Goldgrube erwiesen! Ich bin jetzt im Kapitel "Of Anger: Seneca, Milton, Shakespeare" (nachdem in der Einführung schon ausführlichst über die griechischen Tragoden (?! Dann müssten die Verfasser von Lustspielen ja wie Möbelstücke heißen...) reflektiert wurde) und gerade wurde auch dieses Zitat aus dem Thyestes gebracht.

Hier die Übersetzung von Jasper Heywood (1560):

"Crimes thou dost not avenge, save as thou dost surpass them."

und ein weiteres (Halb-)Verspaar in Original und Übersetzung (1052sq.):

Sceleri modus debetur ubi facias scelus,
non ubi reponas.


"Crimes should have limit, when the crime is wought, not when repaid."

Das alles kommt mir bereits sehr entgegen; falls ich Zeit habe werde ich wohl mal in Senecas De ira hineinschauen, aber auch daraus habe ich bereits relevante Auszüge...
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