Tattoosprüche

Korrektur und Hilfestellungen bei Übersetzungen für die Schule und das Leben sowie deutsch-lateinische Übersetzungen für Nichtlateiner

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Tattoosprüche

Beitragvon medicus » Do 10. Sep 2015, 10:04

Ich habe eine Frage zu dem Thema, die mich beschäftigt, und die schon oft diskutiert wurde. Ein deutscher Spruch kann ja wörtlich wiedergegeben werden oder sinngemäß oder mit einem literarischen Zitat. Ich will als das Beispiel " Du bist das Licht in meinem Leben" anführen. Tut man dem Anfragenden mit der Übersetzung " Lumen es in vita mea" einen Gefallen oder sollte man besser sinngemäß "Tu vitam meam illuminas" vorschlagen und eine Erklärung dazu liefern, warum eine wörtlich Übersetzung nicht sinnvoll ist, oder soll man gar ein klassisches Zitat suchen, das man ja nicht im Kopf haben kann, und wenn suchen, auf welche Weise? Gibt es Suchprogramme hierfür?
Kann man sicher sagen, dass ein Mensch in der Antike mit der Aussage " Lumen es in vita mea" nichts hätte anfangen können? Muss es der Sinn eines solchen Tattoos sein, dass es für einen Römer verständlich gewesen wäre? Ich bin selbst kein Freund lateinischer Tattoos, möchte mich nur mit Latein auf niedrigem bis mittleren Niveau beschäftigen ( cerebrum exercitandi causa).
:help:
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Re: Tattoosprüche

Beitragvon Tiberis » Do 10. Sep 2015, 15:18

oje, ich fürchte, das könnte wieder eine längere debatte nach sich ziehen... :roll:
meine bescheidene meinung dazu ist: im prinzip ist gegen eine "wörtliche" übersetzung nichts einzuwenden, dennoch besteht hierbei leider allzu oft die gefahr, einen germanismus zu begehen, und gerade das gilt es zu vermeiden. es kommt in erster linie darauf an , die aussage des jeweiligen spruches bestmöglich lateinisch zu formulieren.und wenn es dazu ein originalzitat gibt, kann man eigentlich davon ausgehen, dass es diese anforderung erfüllt.
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Re: Tattoosprüche

Beitragvon medicus » Do 10. Sep 2015, 16:17

Danke Tiberis für deine Stellungnahme. Könntest du bitte zu meinem konkreten Beispiel Stellung nehmen.Ist "lumen es in vita mea" ein Germanismus? Was wäre eine bessere Übersetzung?
Ich denke, dass man auch berücksichtigen sollte, dass die meisten Leute, die sich ein lateinisches Tattoo aus Modegründen wünschen , mit Ausdrücken wie "Germanismus", sinngemäß" oder "wörtlich" nichts anfangen können.
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Re: Tattoosprüche

Beitragvon Tiberis » Do 10. Sep 2015, 20:45

salve medice!

vielleicht irre ich mich, aber nach meinem sprachgefühl scheint lumen es in vita mea schon sehr germanismusverdächtig zu sein.
wie ich schon sagte: beim übersetzen kommt es nicht so sehr auf das einzelne wort an, sondern auf die gesamtaussage. die soll möglichst lateinisch , vor allem aber unzweideutig wiedergegeben werden.
sicher, lumen heißt auch "licht", aber das licht, das ein "leuchtkörper", also eine leuchte, verbreitet , z.b. das licht einer lampe usw. weiters bezeichnet es auch die leuchte selbst. im übertragenen sinn ist dann mit lumen oft "zierde, vorbild" usw. gemeint, genauso wie wir im deutschen ja auch beispielsweise eine auf ihrem gebiet hervorragende person als "leuchte" bezeichnen. eine weitere übertragene bedeutung ist "auge", metaphorisch auch "fenster" usw.
wir sehen also, in dem genannten beispiel ließe sich "lumen" ohne weiteres auch als "glanzlicht, vorbild" u.dgl. verstehen, was aber wohl nicht beabsichtigt ist.
besser ist auf jeden fall tu illuminas vitam meam (du erhellst mein leben = verleihst ihm glanz) bzw. im passiv a te vita mea illuminatur.
oder aber man sagt: tu es lux mea. in diesem fall hat lux (licht) geradezu die bedeutung "leben", also "du bist mein leben(slicht)"; auch das sollte den sinn ziemlich genau treffen.
:)
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Re: Tattoosprüche

Beitragvon medicus » Do 10. Sep 2015, 20:55

Danke, ich hätte sorfältiger recherchieren sollen.
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Re: Tattoosprüche

Beitragvon ille ego qui » Do 10. Sep 2015, 22:50

"a te" setzt wohl voraus, dass "du" tatsächlich das Agens des Erleuchtens bist. Daher wäre mir etwas wohler, wenn man etwa schriebe tua amicitia, tuo ingenio - je nachdem ...
kannst du diesen meinen vorbehalt nachvollziehen, tiberis?
vale :)
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Re: Tattoosprüche

Beitragvon medicus » Do 10. Sep 2015, 23:13

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Re: Tattoosprüche

Beitragvon Tiberis » Fr 11. Sep 2015, 10:48

ille ego qui hat geschrieben:kannst du diesen meinen vorbehalt nachvollziehen, tiberis?

ja schon, vor allem, wenn dir danach "wohler" ist . :D
dennoch meine ich, dass "a te .. illuminatur" ohne weiteres zu vertreten ist, wenn man die person als ganzes ( mit all ihren eigenschaften, fähigkeiten usw.) vor augen hat, von der die "erhellung" ausgeht.
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Re: Tattoosprüche

Beitragvon Zythophilus » Sa 12. Sep 2015, 08:34

Ich denke, dass Vitam meam illuminas. einem Römer verständlich wäre, aber wie hätte er es selber gesagt? Die geliebte Person mit lux mea oder uita mea zu bezeichnen ist ihm geläufig, aber gibt's auch Belege für die Kombination der beiden Elemente in der Antike? Gerade solche formelhaften Wendungen, in denen Begriffe übertragener Bedeutung - normalerweise sagt man ja nicht "Du bist das Licht in meinem Leben." nur dann, wenn jemand die kaputte Glühbirne wechselt - verwendet werden, können ganz in verschiedenen Sprachen unterschiedliches Vokabular aufweisen und dennoch dasselbe aussagen. "Only the early bird catches the worm" (die deutsche Version mit dem frühen Vogel ist sekundär) entspricht "Morgenstund hat Gold im Mund".
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Re: Tattoosprüche

Beitragvon marcus03 » Sa 12. Sep 2015, 09:05

In summa:
In metaphoricis vocibus transferendis periculum semper est, ne citissime "in via lignea simus"(that we are barking up the wrong tree). wau, wau !

PS:
"In via lignea esse" quidem iucundius est quam "cadaver in cella habere" (having a skeleton in closet). ;-)

PPS:
Qua metaphora Romani veteres ad vocem "in via lignea esse" exprimendam utebantur ?
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Re: Tattoosprüche

Beitragvon medicus » Sa 12. Sep 2015, 11:09

Danke für eure Stellungnahmen, es bleibt ein schwieriges Problem, solchen Anfragen gerecht u werden. :roll:
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Re: Tattoosprüche

Beitragvon medicus » Sa 12. Sep 2015, 13:01

marcus03 hat geschrieben:"In via lignea esse" quidem iucundius est quam "cadaver in cella habere" (having a skeleton in closet).


Ich denke Th. Vulpius wird bald ein Sammlung deutscher Phrasen mit lateinischer Übersetzung herausgeben. Er sammelt doch so eifrig. :smile:
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Re: Tattoosprüche

Beitragvon Zythophilus » Mo 14. Sep 2015, 10:37

Non flosculos sententiasque uocesque
curat, requirit, colligit, sed omnino
barbasque barbarosque Vulpius curat.
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