"Accentus" bei Manutius?

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"Accentus" bei Manutius?

Beitragvon Laptop » So 6. Dez 2015, 17:23

Eine Frage zur Grammatik des Manutius. Im Kapitel "De Accentibus" ...
Zwischenablage01.jpg

Schreibt er, "Non servatur autem accentus modis septem ..." (http://www.uni-mannheim.de/mateo/itali/ ... /s342.html) Der (reguläre) Akzent wird nicht beibehalten bei diesen sieben Ausnahmen. Nun verstehe ich nicht ganz, meint er mit accentus das Zeichen oder die Aussprache? Das ist entscheidend für das Textveständnis. Er schreibt z. B., daß das Interrogativum quando den Akzent so hat: quándo; und als Konjunktion den Akzent so: quandò. Das kann wohl nicht die Aussprache meinen? D. h., mit "accentus" meint er nur das Zeichen?
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Re: "Accentus" bei Manutius?

Beitragvon ille ego qui » So 6. Dez 2015, 20:54

Seltsame Ideen bezüglich eines Wortakzents, der mit veränderter Wortbedeutung schwankt, gibt es m.W. hier und da schon in der Antike.
Vielleicht weiß jemand fundierteres dazu sagen ...
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
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Re: "Accentus" bei Manutius?

Beitragvon Medicus domesticus » So 6. Dez 2015, 21:39

Salve Laptop,
Das hilft dir sicher weiter:
http://tinyurl.com/qjpccdq
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Re: "Accentus" bei Manutius?

Beitragvon Laptop » So 6. Dez 2015, 22:27

Hallo ihr beiden! Das beantwortet schonmal meine Frage. Denn es ist erfreulich wie klar es Steenbakkers ausdrückt. Er sagt, daß diese Akzente keinesfalls nur graphische Hilfsmittel seien, sondern tatsächlich gesprochene Akzente, bspw. unà, penè, ferè, planè, coràm, palàm, falsò, eò, aliquò, aliàs, alle auf der Ultima betont. Steenbakkers schreibt weiters, daß Quintilian auch etwas über diesen merkwürdigen Tonwechsel schreibt, ihn aber ablehnt. Es ist diese Stelle https://books.google.de/books?id=zSYHwc ... am&f=false Allerdings sehe ich nicht, wo Quintilian dieses Phänomen ablehnt, er bestätigt ihn vielmehr.
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Re: "Accentus" bei Manutius?

Beitragvon Zythophilus » So 6. Dez 2015, 22:37

Es scheint mir unwahrscheinlich, dass wie z.B. beim als Adv. verwendeten Abl. falso die zweite Silbe betont sein sollte. Hier ist es eher ein optischer Hinweis darauf, dass es sich um das Adverb handelt.
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Re: "Accentus" bei Manutius?

Beitragvon Laptop » So 6. Dez 2015, 22:47

Zythophilus, anscheinend eben nicht. Interessant dazu finde ich die Stelle bei Quintilian selbst, die ich hier aufgrund der hervorragenden Übersetzung von Wolfram Ax mal auf deutsch wiedergebe:
Quint.Inst.orat.1.5.27. hat geschrieben:Mihi uidetur condicionem mutare quod his locis uerba coniungimus. Nam cum dico ‘circum litora’, tanquam unum enuncio diſſimulata diſtinctione, itaque tanquam in una uoce una eſt acuta: quod idem accidit in illo ‘Troiæ qui primus ab oris’. Mir scheint, dass sich die Betonungsverhältnisse dadurch ändern, dass wir an diesen Stellen Wortverbindungen vornehmen. Denn wenn ich sage ‘circum litora’, so spreche ich es gleichsam wie ein einziges Wort aus und verberge die Trennung, und daher gibt es wie bei einem Einzelwort auch nur einen Akut (circumlitora). Dasselbe geschieht in dem Vers: Troiae qui primus ab óris (also abóris).

Ich verstehe Quintilian so, daß Präpositionen tonlos heruntergeleiert werden, und den Akzent an das Folgewort abgeben. Allerdings erklärt das nicht den Tonwechsel bei den ganzen Adverbien, denn diese sind keine Präpositionen, und stehen manchmal sogar nach(!) ihrem Bezugswort.
Zuletzt geändert von Laptop am So 6. Dez 2015, 23:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: "Accentus" bei Manutius?

Beitragvon Zythophilus » So 6. Dez 2015, 23:07

Quintilian beschreibt einen Akzent für größere Einheiten, der den Wortakzent überlagert. Präpositionen, vor allem einsilbige scheinen da keine starke Betonung zu erfahren. Wie in so einem Zusammenhang zu argumentieren ist, dass falso als Adjektiv und als Adverb unterschiedlich betont werden, erschließt sich mir nicht.
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Re: "Accentus" bei Manutius?

Beitragvon ille ego qui » Mo 7. Dez 2015, 01:39

Laptop hat geschrieben:Hallo ihr beiden! Das beantwortet schonmal meine Frage. Denn es ist erfreulich wie klar es Steenbakkers ausdrückt. Er sagt, daß diese Akzente keinesfalls nur graphische Hilfsmittel seien, sondern tatsächlich gesprochene Akzente, bspw. unà, penè, ferè, planè, coràm, palàm, falsò, eò, aliquò, aliàs, alle auf der Ultima betont. Steenbakkers schreibt weiters, daß Quintilian auch etwas über diesen merkwürdigen Tonwechsel schreibt, ihn aber ablehnt. Es ist diese Stelle https://books.google.de/books?id=zSYHwc ... am&f=false Allerdings sehe ich nicht, wo Quintilian dieses Phänomen ablehnt, er bestätigt ihn vielmehr.


"ceterum scio quosdam ..."
er weiß um das Phänomen, aber befürwortet diese elitärische (künstliche?) ausspracheweise wohl eher nicht. zumindest scheint dies 1,5,27 nahezulegen (mihi videtur ...).

Übrigens ein sehr interessantes Kapitel, danke für die Anregung :)
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Re: "Accentus" bei Manutius?

Beitragvon ille ego qui » Mo 7. Dez 2015, 01:41

"ceterum scio quosdam" lässt mich an die äußerung quintilians über properz denken ("sunt qui propertium malint"), in welche man auch häufig eine gewisse ablehnung der wiedergegebenen position hineinzulesen pflegt ;-)
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