Typographus

Korrektur und Hilfestellungen bei Übersetzungen für die Schule und das Leben sowie deutsch-lateinische Übersetzungen für Nichtlateiner

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Beitragvon Romedius » Mi 22. Mär 2017, 10:11

In einer Schrift aus dem 16. Jahrhundert fand ich einen Hinweis des Autors und zugleich Druckers, den ich gerne übersetzt wüsste. Vielen Dank für Ihre / Eure tätige Unterstützung.

„… etiam Typographiam hebraeam, qua nostra Schola destituta fuerat, quamque docti desyderarunt, non sine Numinis divini instinctu, exemplo quorundam Doctorum, instituere et parare coepi. Inprimis vero exemplum, rudera et monumenta quaedam Typographica et literaria insignis viri Pauli Fagii me moverunt, et calcar mihi addiderunt: ut licet scirem, operam et sumptus ipsum in ea restauranda in hac urbe (siquidem in imperitum artificem inciderat) perdidisse, ut ipsemet in literis ad amicum conqueritur: tamen implorato divino auxilio opus in manus ipse sumpsi, et subcisivis, diurnis atque nocturnis horis, intra biennium, ingenio, manibus et aere Archetypos hebraeos (sive mares, vulgus Ponzellos appellat, et ex iisdem Mesotypos sive foemellas, vulgo Matrices vocant, inquibus typi demum impressorii formantur) quantitate et forma differentes paravi, et additamenti quoque loco, ejus agnatos, Syriacos in orbe Christiano raros, atque Arabicos multo tempore a multis doctissimis saepe desideratos fabrefeci, eoque rem divina gratia perduxi …“
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Re: Typographus

Beitragvon Tiberis » Do 23. Mär 2017, 23:02

ich wage einmal einen Versuch. jedoch mit dem Vorbehalt, dass ich mich in der Buchdruckerkunst absolut nicht auskenne.. :oops:

auch den hebräischen Druck, den unsere Schule nicht gehabt hatte(eig.: dessen ..beraubt war) und den die Gelehrten sich wünschten, begann ich, nicht ohne göttliche Eingebung, nach dem Beispiel einiger Gelehrter , einzurichten und zu beschaffen. Insbesondere bewogen mich das Beispiel und einige bruchstückhafte typographische und literarische Urkunden (?) des berühmten Paul Fagius(=Büchelin) und spornten mich zusätzlich an. Obwohl ich freilich wusste, dass er selbst Mühe und Aufwand an deren Wiederherstellung in dieser Stadt verschwendet hat (zumal er auf einen unerfahrenen Künstler getroffen ist), wie er selbst in einem Brief an einen Freund beklagt, so nahm ich dennoch, nachdem ich göttlichen Beistand erfleht hatte, das Werk selbst in die Hand und habe bei Tag und bei Nacht, in den mir übrigbleibenden Stunden, innerhalb von zwei Jahren mit Hilfe meines Geistes, meiner Hände, sowie mit Geld, hebräische Archetypen (...)*, unterschiedlich in Größe und Form, angeschafft, und, als Zugabe, deren Verwandte, die syrischen, die in der christlichen Welt selten sind, und die arabischen (Archetypen), die immer wieder von den Gelehrten ersehnt wurden, herstellen lassen, und durch die Gnade Gottes habe ich die Sache soweit gebracht...
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* den in Klammer stehenden Zusatz habe ich nicht übersetzt, da ich mit Begriffen wie Poncelli , Mesotypen etc. leider nicht vertraut bin. Vielleicht kann ja ein des Druckereiwesens kundiger Kollege helfend einspringen. :roll:
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Re: Typographus

Beitragvon Prudentius » Fr 24. Mär 2017, 11:54

Die "mares", die männlichen, das dürften die Gegenstücke zu den "matrices", mütterlichen sein, das ist metaphorisch nach den Lebensvollzügen ausgedrückt, das Männliche stößt durch mit prägender Kraft, das Weibliche ist nachgebend, aufnehmend, bergend. Die Matrizen sind Negativformen, werden im weichen Zustand auf einen Drucksatz aus beweglichen Lettern aufgedrückt, werden fest und können dann mit flüssigem Metall ausgegossen werden; so gewinnt man einen kompakten Metallblock anstelle einer wackligen Typenbündelung, was für den Druckvorgang vorteilhaft ist.
Hier ist wohl von der Herstellung der Drucktypen die Rede, der Drucker musste ja erst seine Typen entwerfen, ein Modell herstellen, hier "Archetyp" genannt, das sind die "mares", und davon musste er Matrizen herstellen, und die Matrizen konnte er dann mit Metall ausgießen und die Drucktypen herstellen, aus denen eine Druckseite zusammengesetzt wird.

Ein "kundiger Kollege" bin ich nicht, habe aber eine abgebrochene Setzerlehre hinter mir, und noch nicht alles vergessen, es ist aber schon 65 Jahre her :) .
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Re: Typographus

Beitragvon Tiberis » Fr 24. Mär 2017, 13:22

Prudentius hat geschrieben: habe aber eine abgebrochene Setzerlehre hinter mir

na also, dann bist du ja doch ein vir typographiae peritissimus ! :-D ich hatte zwar so etwas wie eine ορθη δοξα , wie es sich jetzt im nachhinein leicht behaupten lässt, wollte mich aber nicht aufs Glatteis begeben.. ;-)
jedenfalls danke für die sachkundige Erklärung! :)
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Re: Typographus

Beitragvon Romedius » Fr 24. Mär 2017, 15:44

Vielen herzlichen Dank an die exzellenten Unterstützer Tiberis und Prudentius! Dies hilft mir sehr weiter. Vielleicht noch von Interesse: Ich las, zur Herstellung eines vollständigen Satzes von Bleilettern konnte man seinerzeit bei einer erfahrenen Person von einem Arbeitsaufwand von mindestens 4 Monaten ausgehen!
Der erwähnte Fagius hatte übrigens in Isny und in Konstanz einmal eine hebräische Druckerei aufgebaut und wertvolle Drucke verfertigt (geblieben sind ihm letztlich aber nur die Schulden …); auch in Straßburg hatte er solche Pläne, die aber erst ein Theologe und Professsor an der dortigen Akademie Ende des 16. Jahrhunderts realisierten konnte.
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