ab aliquo stare

Korrektur und Hilfestellungen bei Übersetzungen für die Schule und das Leben sowie deutsch-lateinische Übersetzungen für Nichtlateiner

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ab aliquo stare

Beitragvon medicus » Sa 27. Okt 2018, 09:33

Salvete collegae doctissimi,
Tiberis schreibt zum Nationalfeiertag:

Ultimus nostram patriam reliquit
exterus miles. modo liberata
pollicetur se a neutra staturam
Austria parte.

Wie erklärt sich die Redewendung:
"auf jemands Seite stehen = ab aliquo stare?"

Beim Altvater Georges find ich auch die gegenteilige Bedeutung :hairy: perturbatus sum :roll:
:book:
2) auf jmds. Seite stehen, -sein, ihm anhangen,[2808] beistehen, od. das Gegenteil, gegen jmd. stehen, jmds. Gegner sein, a) mit ab u. Abl.: :?
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon Lychnobius » Sa 27. Okt 2018, 12:26

Beim Altvater Georges find ich auch die gegenteilige Bedeutung

In dem Wörterbucheintrag steht nur, dass stare sowohl "auf jmds. Seite" als auch "gegen jmd. stehen" heißen kann, nicht jedoch, dass stare ab aliquo beides bedeuten kann. Letzteres heißt nur "auf jmds. Seite stehen" (so wie ab aliquo esse). Das Verhältnis zur anderen Partei wird durch die Präposition ausgedrückt.

P.S. Ich habe schon öfter die Wendung "Altvater Georges" von dir gelesen. Ein Altvater ist ja nun jemand aus der eigenen Ahnenlinie, der Erzeuger des eigenen Stammbaums sozusagen. Kann es sein, dass du eigentlich "Altmeister Georges" meinst oder bist du tatsächlich ein Nachfahre des Lexikographen?
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon medicus » Sa 27. Okt 2018, 13:20

Danke Lychnobius für deine rasche Antwort.
Mich irritiert die Präposition a,ab, wenn man auf jemandes Seite steht. Ich hätte ad erwartet.

Die Bezeichnung "Altvater Georges" kommt wohl daher, dass ich mich oft über Privatnachricht mit einem Lateinfreund austausche, und ich im Augenblick nicht nachvollziehen kann, wer von uns den Ausdruck geprägt hat. Es soll der Urahn der Wörterbücher gemeint sein. In neueren Online-Wörterbüchern sind die Dinge nicht so ausführlich erklärt.
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon Lychnobius » Sa 27. Okt 2018, 14:11

medicus hat geschrieben:Mich irritiert die Präposition a,ab, wenn man auf jemandes Seite steht. Ich hätte ad erwartet.

Ach so (oben hattest du als Grund deiner Verwirrung die "gegenteilige[n] Bedeutung[en]" angegeben). Ad zur Bezeichnung einer Position ist aber auch im eigentlichen Sinne nicht das Naheliegendste (eher wäre bei Personen noch an apud zu denken). Es gibt verschiedene Verbindungen, bei denen durch a, ab ein Ort bezeichnet wird, wie a fronte oder a tergo. Von dieser Bedeutung mag auch der übertragene Sinn herrühren.

medicus hat geschrieben:Es soll der Urahn der Wörterbücher gemeint sein.

Aha. (Diesen Titel hätte mit Blick auf lat.-dt. Wörterbücher Schellers Ausführliches Lexicon verdient, auf das auch der Georges zurückgeht.)
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon Prudentius » Sa 27. Okt 2018, 15:59

Wie erklärt sich die Redewendung:
"auf jemands Seite stehen = ab aliquo stare?"


Wir sagen doch auch: Jemand "ist von der SPD", das bedeutet nicht, dass er weg von dort ist.

Man sollte zwei Relationen unterscheiden: "Zuordnung" und "Identität"; bei "von der SPD sein" ist nicht gesagt, dass der Mensch mit ihr identisch ist, sondern dass für uns dieser Mensch "von der SPD her" seine Einordnung erfährt. Du kommst hier in Verlegenheit, weil du von Identität ausgehst.
Zuordnung ist eine Leistung des Lesers, ist also subjektiv, während Identität objektiv ist, unabhöngig vom Subjekt.
Es würde sich lohnen, diese Unterscheidung einzuüben.
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon medicus » Sa 27. Okt 2018, 18:11

Prudentius hat geschrieben:Es würde sich lohnen, diese Unterscheidung einzuüben.

Danke, habe verstanden und werde einüben.

Stomachatus hat geschrieben: beliebt für immer ein Dilettant.


Diese Worte verstehe ich allerdings nicht. :roll:

Und was würdest du dazu sagen, dass ich mitunter ins pons-Wörterbuch schaue?
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon Lychnobius » Sa 27. Okt 2018, 19:02

medicus hat geschrieben:Danke, habe verstanden und werde einüben.

Dann kannst du mir wahrscheinlich auf die Sprünge helfen. Ich habe das nämlich nicht verstanden, inwiefern du (Prudentius zufolge) "hier in Verlegenheit [kommst], weil du von Identität ausgehst."
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon medicus » Sa 27. Okt 2018, 19:32

Lychnobius hat geschrieben:Dann kannst du mir wahrscheinlich auf die Sprünge helfen. Ich habe das nämlich nicht verstanden, inwiefern du (Prudentius zufolge) "hier in Verlegenheit [kommst], weil du von Identität ausgehst."

Leider verstehe ich die Sprache und Ausdrucksweise von Prudentius nur marginal. Das Beispiel "von der SPD" hab ich verstanden und ich verstehe jetzt auch den Satz von Tiberis, der mich zu der Anfrage veranlasste.
Der Ausdruck a tergo ist mir im Zusammenhang mit coitus geläufig. :P

@Stomachatus: Für einen Wald-und Wiesen-Medicus ist ein zweisprachiges Wörterbuch unabdingbar. :roll:
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon Prudentius » Sa 27. Okt 2018, 19:38

Ich hätte mich deutlicher ausdrücken sollen; mit identität meine ich: wenn einer mit der SPD identifiziert wird, dann kann er nicht "von der SPD sein", sondern dann ist er die SPD; man ist nicht identisch mit einer Sache, der man zugehört. Zugehörigkeit ist wie ein Etikett, das man aufklebt.
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon medicus » Sa 27. Okt 2018, 20:27

Stomachatus hat geschrieben:Warum machst Du nicht ein Experiment:


Danke für das freundliche Angebot, ich bin seit Jahren im Rentenalter und habe mein Schullatein etwas aufgefrischt. Mit dem Lernen neuer Dinge tue ich mir schwer. Habe kurz in den Forcellini geschaut et hastam abieci. :x
Zuletzt geändert von medicus am So 28. Okt 2018, 08:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon Tiberis » Sa 27. Okt 2018, 22:53

Stomachatus hat geschrieben:Georges ist Schrott und wer Georges benutzt, beliebt für immer ein Dilettant.

ok, dann bekenne ich mich offen zu meinem Dilettantismus, denn auch ich benütze immer wieder, wenn auch nicht ausschließlich, den Georges.
Was dich zu deinem Verdikt, den Georges betreffend, veranlasst, bleibt wohl dein Geheimnis. Ich denke, die wenigsten werden dieses abfällige Urteil nachvollziehen können.
Im übrigen verzichtet auch Forcellini keineswegs auf Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit. warum wohl?
Meiner Ansicht ist es nicht so wichtig, welches Wörterbuch man benutzt, sondern wichtig ist, wie man es benutzt.
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon Medicus domesticus » So 28. Okt 2018, 08:44

Tiberis hat geschrieben:Was dich zu deinem Verdikt, den Georges betreffend, veranlasst, bleibt wohl dein Geheimnis. Ich denke, die wenigsten werden dieses abfällige Urteil nachvollziehen können.

Ich kann Stomachatus´Kritik an Georges nicht nachvollziehen. Das klingt nach persönlichen Animositäten gegen Georges. Für viele Dinge ist der Georges DAS Mittel der Wahl. Jedes Wörterbuch hat seine Vor- und Nachteile, außerdem kommt es darauf an, für was man es benutzt. Ich persönlich benutze den Georges, etwas mehr OLD, auch wenn ich in letzter Zeit nur wenig zu Latein und Griechisch komme. Es fehlt mir eher ein neues, gutes, mittellateinisches, handliches Lexikon, ein neuer DuCange. Es gibt eine große Version unter Leitung von Prof. Stotz. Sie sind momentan beim Buchstaben F.
http://www.mlw.badw.de/

Gruß
Medicus D. :book: :)
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon Lychnobius » So 28. Okt 2018, 10:28

Medicus domesticus hat geschrieben:Es fehlt mir eher ein neues, gutes, mittellateinisches, handliches Lexikon, ein neuer DuCange.

Also handlich gehört sicher nicht unter die Eigenschaften, die mir im Zusammenhang mit dem Du Cange einfielen. ;-)
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Re: ab aliquo stare

Beitragvon Zythophilus » So 28. Okt 2018, 21:21

Ich schließe mich Tiberis an. Ganz ohne zweisprachiges WB geht es nicht. Das Problem beim Georges, für das der Autor nichts kann, ist das altertümliche Deutsch, das schon für einen Philologen oft schwer verständlich ist. Häufiger noch nehme ich - und ich hoffe, jetzt nicht verbal gesteinigt zu werden - den Kleinen Stowasser. Allerdings habe ich mit der neuesten, völlig veränderten Ausgabe auch meine Schwierigkeiten. Seit urdenklichen Zeiten hat man bei Verben die 1.P.Sg. mit der Ziffer oder dem M bzw. 3M als Kennzeichen der Mischstämme als Eintrag als Angabe gefunden; jetzt steht der Infinitiv da, was für weniger Geübte bei Deponentien ein Hindernis sein kann. Bei manchen Modernisierungen ist man auch zu weit gegangen: Ich staunte nicht schlecht über die Übersetzung "verfickte Hure" (wenn ich es jetzt richtig in Erinnerung habe) für Catulls puella defututa. Abgesehen von dem drastischen Ausdruck stimmt es auch nicht ganz, da das Partizip "verfickt" nur im übertragenen Sinn verwendet wird, Catull defututa aber doch im eigentlichen Sinn benutzt.
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