Vergil, ganz vorne.

Korrektur und Hilfestellungen bei Übersetzungen für die Schule und das Leben sowie deutsch-lateinische Übersetzungen für Nichtlateiner

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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon medicus » Sa 21. Nov 2020, 12:55

iurisconsultus hat geschrieben:dass Philologen nun einmal keine Dichter sind

Quid de Tiberi et Zytophilo nostro? :roll:
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon iurisconsultus » Sa 21. Nov 2020, 13:04

Lieber medicus, wie sich aus dem Kontext ergibt, meinte ich Dichter der deutschen Sprache. An lateinischen Künsten von Philologen (dieses Forums) würde ich als Jurist (aus einer Germanisten-Familie) nicht zu zweifeln haben. :wink:

Was haltet ihr davon, einen Thread zu eröffnen, in dem wir uE gute Übersetzungen anführen? Mich würde eure Meinung interessieren.
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon Tiberis » Sa 21. Nov 2020, 13:51

iurisconsultus hat geschrieben:Was haltet ihr davon, einen Thread zu eröffnen, in dem wir uE gute Übersetzungen anführen?


Was die Abkürzung "uE" bedeutet, ist mir nicht klar, aber ich hielte es für kreativer, wenn wir uns selbst(!) um gute Übersetzungen bemühen und diese dann hier zur Diskussion stellen würden.
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon marcus03 » Sa 21. Nov 2020, 13:57

Bedeutungen:

[1] unseres Erachtens
[2] unseres Ermessens
[3] unter Einschränkung


Tiberis hat geschrieben:ich hielte es für kreativer, wenn wir uns selbst(!) um gute Übersetzungen bemühen und diese dann hier zur Diskussion stellen würden.

Gute Idee! :D
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon medicus » Sa 21. Nov 2020, 14:03

@marcus03: dein Link führt mich ins Leere.
Iurisconsultus meint sicher u.E.= "unseres Erachtens", an erro? Cottidie certe scribit "u.E"
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon iurisconsultus » Sa 21. Nov 2020, 14:03

u. E. = unseres Erachtens wie das noch bekanntere m. E. = meines Erachtens - beides ist in wissenschaftl. Abhandlungen sehr gängig.
https://www.duden.de/rechtschreibung/u__E_
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon marcus03 » Sa 21. Nov 2020, 14:15

medicus hat geschrieben:@marcus03: dein Link führt mich ins Leere.

Habs grade gemerkt und ediert.
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon iurisconsultus » Sa 21. Nov 2020, 14:38

Tiberis hat geschrieben:aber ich hielte es für kreativer, wenn wir uns selbst(!) um gute Übersetzungen bemühen und diese dann hier zur Diskussion stellen würden.

Wir könnten das eine tun und das andere nicht lassen. :wink: Grundsätzlich fände ich es reizvoll, ein Werk gemeinsam auszusuchen und reihum jeweils einen Vers zu übersetzen, aber das lässt sich nur schwer realisieren.

Es wäre sicher schon viel für das Forum gewonnen, wenn wir alle wieder mehr Verse/Sätze zur Diskussion stellten, wie das Laptop so schön getan hat.
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon Laptop » Sa 21. Nov 2020, 16:59

Problem ist, daß sich die Geister scheiden, was denn nun eine gute Übersetzung ausmacht. Vor allem in Bezug auf die Funktion: wozu soll die Übersetzung taugen? Soll sie für sich selbst genommen (ohne einen lat. Text) den Inhalt wiedergeben.. dann übersetze ich frei und in gebräuchlichem Deutsch. Oder soll sie einen Lesegenuß bieten.., dann muss es elegant klingen, und altertümliche Ausdrücke sind durchaus angebracht. Oder soll sie, wie ich es bevorzuge, den lat. Text erschließen? Dann bleibe ich wörtlich und so unmißverständlich wie möglich ("verletzt in der Gottheit" ist mißverständlich). Murks wird es, was man oft sieht, wenn versucht wird alle 3 erwähnten Zwecke unter einen Hut zu kriegen. Am ehesten geht das noch in dem man zwei separate Übersetzungen anfertigt, eine wörtliche Interlinearübersetzung und eine Freie.
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon Tiberis » Sa 21. Nov 2020, 17:27

Laptop hat geschrieben:Dann bleibe ich wörtlich

"wörtlich" kann man allenfalls einfachste Sätze wie "puella cantat" übersetzen, aber spätestens bei poetischen Texten wird das nicht mehr funktionieren. Jede Übersetzung ist bereits Interpretation, und der Interpretator , also der Übersetzer, hat die Aufgabe, mit größtmöglicher Sensibilität der Intention des Autors folgend, den Text in gutem, zeitgemäßem Deutsch wiederzugeben.
Ob das in Prosa geschieht oder unter Beibehaltung des antiken Versmaßes, ist wohl Geschmackssache.
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon medicus » Sa 21. Nov 2020, 18:12

.....und was wird von einem/er Gymnasiasten/in erwartet? :roll:
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon iurisconsultus » Sa 21. Nov 2020, 18:20

Häufig wird leider freier übersetzt, als durch die deutsche Sprache geboten, was noch einen eigenständigen Wert hätte, wenn es gut gemacht wäre, und bisweilen wird derart wenig auf die Zielsprache geachtet, dass ich die Übersetzung schlechter verstehe als das Original. Mit Hermann Diels Übersetzung bspw hatte ich mehr zu kämpfen als mit Lukrez‘ Originaltext, bis ich mich einer anderen Übersetzung zuwandte. :roll:
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon Laptop » Sa 21. Nov 2020, 18:41

Tiberis hat geschrieben:
Laptop hat geschrieben:Dann bleibe ich wörtlich

"wörtlich" kann man allenfalls einfachste Sätze wie "puella cantat" übersetzen, aber spätestens bei poetischen Texten wird das nicht mehr funktionieren. Jede Übersetzung ist bereits Interpretation, und der Interpretator , also der Übersetzer, hat die Aufgabe, mit größtmöglicher Sensibilität der Intention des Autors folgend, den Text in gutem, zeitgemäßem Deutsch wiederzugeben.
Ob das in Prosa geschieht oder unter Beibehaltung des antiken Versmaßes, ist wohl Geschmackssache.


Es gibt nicht die ideale Übersetzung, sondern wie schon beschrieben, je nach Zweck unterschiedliche Aufgaben der Übersetzung. Leider wird das viel zu oft ignoriert. Es ist genauso eingleisig zu meinen, eine Übersetzung müsse immer das Endprodukt sein, soz. der krönende Abschluss. Eine solche geschliffene Übersetzung -- und anscheinend lässt Du nur eine solche als "ordentliche Übersetzung" zu -- erhellt mir nicht die Strukturen des Originaltexts, im Gegenteil, sie führt mich auf falsche Wege (altae, numine, und was nicht alles). Das ist eine Anti-Hilfe, oder in besserem Deutsch: das sind mir, der ich den Originaltext erschließen möchte, Steine im Weg.
Zuletzt geändert von Laptop am Sa 21. Nov 2020, 19:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon iurisconsultus » Sa 21. Nov 2020, 19:08

Ich bin ein großer Fan von sehr wortgetreuen Interlinear-Übersetzungen, wenn man unbeeinflusste viel Text lesen und nicht Einzelverse traktieren will. Da sieht man auch, dass wörtliche Übersetzungen auch in der Poesie super funktionieren.

@Laptop: sieh‘ dir mal bspw diese Interlinear-Übersetzung der Aeneis an. Die nutze ich gerne:

https://archive.org/details/virgilsneid ... 4/mode/1up
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Re: Vergil, ganz vorne.

Beitragvon Laptop » Sa 21. Nov 2020, 19:14

Schöner Fund, iurisconsultus. Ich kannte bisher nur die von Hart und Osborn, die allerdings die Syntax umbaut, was auch interessant ist, aber manchmal auch etwas nervig. Dein Fund mit Original-Syntax ist eine gute weitere Option. Ich hatte das (Interlinear unter Beibehaltung der Original-Syntax) bisher für kaum machbar gehalten, zumindest an vielen Stellen. Doch irgendwie hat es Dewey geschafft. Vielleicht kommt ihm auch die eng. Sprache zupass, denn im Deutschen sind die Ausdrücke noch länger und würden teils kaum ins Gitter passen, das wäre ein arges Gequetsche.
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