verschollen

Korrektur und Hilfestellungen bei Übersetzungen für die Schule und das Leben sowie deutsch-lateinische Übersetzungen für Nichtlateiner

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verschollen

Beitragvon marcus03 » Di 8. Dez 2020, 13:29

Wie übersetzt man:
Alle Verschollenen wurden für tot erklärt.
Zwei Verschollene sind inzwischen zurückgekehrt.
Man erklärte ihn für verschollen. ?
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Re: verschollen

Beitragvon iurisconsultus » Di 8. Dez 2020, 14:07

Hallo marcus,

ich weiß es nicht, aber ich kann dir zumindest sagen, dass das römische Recht noch keine Todeserklärung kannte. :)
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Re: verschollen

Beitragvon Tiberis » Di 8. Dez 2020, 14:37

a)Alle Verschollenen wurden für tot erklärt.
b)Zwei Verschollene sind inzwischen zurückgekehrt.
c)Man erklärte ihn für verschollen. ?

a) mors eorum, de quibus incerti fueramus, pronuntiata est
b) duo ex iis, de quibus nihil audiveramus, interim redierunt.
c) evanuisse dictus /pronuntiatus est.
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Re: verschollen

Beitragvon medicus » Di 8. Dez 2020, 19:36

Salve Tiberi, es geht wohl um die Übersetzung " Der Verschollene"von Franz Kafka.
Ich hatte in einem anderen Beitrag übersetzt:
"De incerto,ubi sit" und mich auf Georges bezogen; aber das war wohl nicht treffend :?

http://www.zeno.org/Georges-1910/A/vers ... erschollen
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Re: verschollen

Beitragvon Tiberis » Di 8. Dez 2020, 20:20

naja, Georges bietet hier nicht unbedingt die besten Lösungen an. Ich würde den Titel "der Verschollene" übersetzen mit "de eo, qui evanuit" , weil "verschollen" hier ja wohl dasselbe bedeutet wie "verschwunden sein".
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Re: verschollen

Beitragvon marcus03 » Di 8. Dez 2020, 20:46

Was hältst du von:
de eo, qui ubi sit ignotumst ( mit relativer Verschränkung) ?
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Re: verschollen

Beitragvon Tiberis » Mi 9. Dez 2020, 01:40

möglich, aber doch etwas umständlich ausgedrückt. :roll:
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Re: verschollen

Beitragvon marcus03 » Mi 9. Dez 2020, 08:51

Danke für deine exzellenten, notwendigen Umschreibungen. :D :klatsch:
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Re: verschollen

Beitragvon Zythophilus » Sa 19. Dez 2020, 19:12

Die von Georges gebotene Übersetzung ist tatsächlich sehr banal. Zumindest für das Militärwesen gibt es ein besseres Wort desideratus. Das belegen auch Inschriften, die von Soldaten als (in) bello desideratus sprechen. in expeditione desideratus entspricht dem englischen "missing in action", gelegentlich findet man auch Ortsangeben.
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Re: verschollen

Beitragvon Tiberis » Sa 19. Dez 2020, 23:28

desideratus (vermisst) ist sicher ein guter Vorschlag, aber ist vermisst immer dasselbe wie verschollen?
Wenn ein bislang unbekanntes Werk z.B. eines Komponisten entdeckt wird, dann spricht man doch eher von einem verschollenen als von einem vermissten Werk, da der Begriff "vermisst" das Wissen um die Existenz dieses Werkes impliziert. Dennoch wird man (zumindest bei Personen) mit dem Wort "desideratus" in den allermeisten Fällen den passenden Ausdruck haben.
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Re: verschollen

Beitragvon Zythophilus » So 20. Dez 2020, 09:20

Wenn "verschollen" bedeutet, dass man prinzipiell von der Existenz einer Sache oder Person weiß, dann ist ein ein plötzlich aufgetauchtes Werk kein "verschollenes" im eigentlichen Sinn. Auch der eine Ausgangssatz "Die Personen wurden für verschollen erklärt." ist nicht ganz logisch.
Ob desideratus auch für Dinge möglich ist, müsste man nachsehen, denn es wird in diesem Sinn hauptsächlich für Personen bei Kampfhandlungen verwendet.
Die Grabsteine könnten ein Hinweis sein, dass es zumindest in der Armee doch eine Art "Todeserklärung" gab bzw. eine festgelegte Zeit nach dem Verschwinden verstreichen musste, bevor man einen Grabstein errichten konnte. Da ging man ja auch davon aus, dass der Betreffende nicht mehr am Leben war. Es würde mich wundern, wenn das willkürlich geschah und nicht geregelt wurde.
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Re: verschollen

Beitragvon marcus03 » So 20. Dez 2020, 09:54

vgl.:

Das Verschollenheitsgesetz ist ein vorkonstitutionelles deutsches Bundesgesetz, das ursprünglich am 4. Juli 1939 ausgefertigt wurde.

Es regelt den Fall, dass ein Mensch verschollen, im Besonderen auch vermisst ist. Im Abschnitt I des Gesetzes werden die Voraussetzungen der Todeserklärung sowie Lebens- und Todesvermutungen erfasst. In den folgenden Abschnitten II bis IV wird das Verfahren geregelt.

Bis zum Inkrafttreten des Verschollenheitsgesetzes wurde die Verschollenheit und die Todeserklärung von Personen in den §§ 13–20 BGB geregelt.

Im österreichischen Recht entspricht dem Verschollenheitsgesetz das Todeserklärungsgesetz (TEG).


Verschollenheit ist der Status einer Person, die im deutschen und österreichischen Recht gleichlautend wie folgt definiert wird:

„Verschollen ist, wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne daß Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hierdurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet werden.

Verschollen ist nicht, wessen Tod nach den Umständen nicht zweifelhaft ist.“

– § 1 Verschollenheitsgesetz; § 1 Todeserklärungsgesetz[1]

Nach dem Schweizer Recht kann auch eine Person, die ohne Nachrichten zu hinterlassen den Kontakt zu ihrem früheren Umfeld abbricht, für verschollen erklärt werden. Zweifel daran, dass die Person noch am Leben ist, sind unter Umständen nicht maßgebend.


Etymologie:
Auszugehen ist von dem heute wenig gebräuchlichen Verb verschallen ‘aufhören zu schallen, verklingen’ (zu ↗schallen, s. d.), dessen Part. Prät. teilweise die starke Flexion von mhd. frühnhd. schellen ‘tönen, schallen, klingen’, ahd. skellan (s. ↗Schelle1) bewahrt hat. verschollen, eigentlich ‘verklungen, verhallt’, dürfte als junger euphemistischer Ausdruck für ‘verschwunden, unverbürgt mit Tode abgegangen’ eingetreten sein.
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Re: verschollen

Beitragvon Zythophilus » So 20. Dez 2020, 10:09

Es ist nicht ganz dasselbe, wenn man konstatiert, dass eine Person nicht mehr da ist, wie, wenn man erklärt, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach tot ist.
Ich glaube kaum, dass man in der Armee einfach nach Gutdünken ohne offizielle Regelung vermissten Personen Grabsteine errichtete; das war ja de facto eine Todeserklärung, zumindest auf Privatinitiative. Natürlich musste man einberechnen, wenn bei einer Standeskontrolle nach einer Schlacht Soldaten fehlten, dass sich vermisste Personen verirrt hatten, desertiert oder in Gefangenschaft geraten waren.
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Re: verschollen

Beitragvon marcus03 » So 20. Dez 2020, 10:24

Auf Kriegerdenkmalen liest man von Gefallenen und Vermissten, soweit ich weiß.
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Re: verschollen

Beitragvon iurisconsultus » So 20. Dez 2020, 10:33

Wie gesagt, gab es im römischen Recht keine Todeserklärung wie heute. Der Richter, für dessen Sachentscheidung Tod und Todeszeit einer Person zur Vorfrage wurde (insbesondere in erbrechtlichen Angelegenheiten) entschied darüber eben nur als Vorfrage in freier Beweiswürdigung.
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