Melancholia

Korrektur und Hilfestellungen bei Übersetzungen für die Schule und das Leben sowie deutsch-lateinische Übersetzungen für Nichtlateiner

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Melancholia

Beitragvon mystica » Mo 20. Nov 2023, 14:02

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Re: Melancholia

Beitragvon marcus03 » Mo 20. Nov 2023, 15:03

Vita, quae sortem propriam rependit
Secum iners, carptum et brevius serena,
mox cadit, sors ut iuvenilis, e qua triste recessi.

Das/Ein Leben, das über sein Los tatenlos nachdenkt,
teilweise (carptim??) und nur recht kurz glücklich,
geht bald zuende , wie ein jugendliches Schicksal,
aus dem ich mich traurig zurückgezogen habe/ das ich traurig hinter mich gebracht habe.
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Re: Melancholia

Beitragvon Tiberis » Mo 20. Nov 2023, 15:45

carptim et brevius = nur zeitweise und allzu kurz
vita cadit = das L. endet / schwindet
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Re: Melancholia

Beitragvon mystica » Mo 20. Nov 2023, 17:25

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Re: Melancholia

Beitragvon Zythophilus » Mo 20. Nov 2023, 21:57

Ist klar, dass das vorliegende lateinische Gedicht in Form der sapphischen Strophe geschrieben ist? Aus dem Schriftbild geht das nur teilweise hervor.
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Re: Melancholia

Beitragvon Zythophilus » Mo 20. Nov 2023, 22:07

Aufmerksamkeit verdient der Schluss: Die Übersetzung "aus der ich traurig gewichen bin" geht nur, wenn man ein Subjekt im Neutrum annimmt, möglicherweise ein Adverb - oder einen Fehler.
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Re: Melancholia

Beitragvon Sapientius » Di 21. Nov 2023, 10:36

... geht nur, wenn man ein Subjekt im Neutrum annimmt,


Es ist unregelm. Adverb, anstelle von "tristiter", welches ein monstrum wäre.

"rependit" ist schwer zu fassen, auch die Zuordnung der Glieder.

Du hättest auch sagen sollen, dass es von einem zeitgenössischen Autor stammt.
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Re: Melancholia

Beitragvon Sapientius » Di 21. Nov 2023, 10:37

carptim flüchtig.
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Re: Melancholia

Beitragvon mystica » Di 21. Nov 2023, 10:52

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Re: Melancholia

Beitragvon marcus03 » Di 21. Nov 2023, 12:41

triste kann Adverb sein, tristiter wird nicht gebildet. vgl. dulce ridere, Akk. des Inhalts

Warum er tristis nicht prädikativ verwendet, müsste man ihn fragen.
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Re: Melancholia

Beitragvon Tiberis » Di 21. Nov 2023, 13:28

marcus03 hat geschrieben:Warum er tristis nicht prädikativ verwendet, müsste man ihn fragen.

aus metrischen Gründen natürlich, sonst geht der Adoneus ja nicht auf.
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Re: Melancholia

Beitragvon marcus03 » Di 21. Nov 2023, 15:32

Tiberis hat geschrieben:aus metrischen Gründen natürlich

Na klar, an die habe ich nicht mehr gedacht.

Frage: Wie soll man sich ein triste recedere vorstellen? Es geht doch um den Zustand der Person
bei der Rezession? :?
Kommt das öfter vor, dass man aus solchem Grund zum Adverb greift? Enallage?
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Re: Melancholia

Beitragvon Tiberis » Di 21. Nov 2023, 19:10

marcus03 hat geschrieben: Es geht doch um den Zustand der Person
bei der Rezession?

richtig, und im klassischen Latein müsste auch das Prädikativ tristis stehen. Ob ein Adverb triste belegt ist, weiß ich nicht, zumindest im Georges steht nichts darüber. Vielleicht ist es tatsächlich als Analogie zu dem schon erwähnten dulce ridentem zu sehen, oder der Autor nahm wissentlich eine fehlerhafte Formulierung zu Gunsten der Metrik in Kauf. :roll:
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Re: Melancholia

Beitragvon Zythophilus » Di 21. Nov 2023, 23:01

Im Georges wird das Adverb triste erwähnt, auch wenn sich die meisten genannten Stellen auf den Komparativ tristius beziehen. http://www.zeno.org/Georges-1913/A/triste?hl=trist%2A
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Re: Melancholia

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 22. Nov 2023, 09:14

Ich würde triste als adverbialen Akkusativ bei den Poeten deuten. Horaz benutzt ihn häufiger (dulce ridere; dulce loqui;
canet indoctum,sed dulce bibenti...), angelehnt an das Griechische.
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