Verhältnis Dido-Aeneas

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Verhältnis Dido-Aeneas

Beitragvon ostfriese » Sa 20. Okt 2007, 11:11

Hallo,

ich soll anhand von Aeneis,4, 1-30 untersuchen:1) Wie Dido ihre Liebe zu Aeneas darstellt und 2) Wie der Abschnitt auf die folgende Tragik anspielt in jener Beziehung:

Hier der Abschnitt: ( zum schnelleren Überfliegen mal auf Deutsch )

Aber die Königin, schon lange von schwerem Liebeskummer verwundet, lässt die Liebeswunde im Inneren größer werden und unsichtbare Liebesglut verzehrt sie. Oft schweben ihr die Tapferkeit des Mannes und seine ehrenhafte Herkunft vor: Eingeprägt bleiben in ihrem Herzen sein Blick und seine Worte und der Liebeskummer lässt den lieblichen Gliedern keine Ruhe. Der nächste Morgen erhellt durch die Sonne die Länder und der feuchte Schatten hatte sich vom Pol entfernt, da spricht sie liebeskrank zu ihrer gleichgesinnten Schwester:
" Oh, Anna, Schwester, was schrecken mich unruhige Träume! Welch ungewohnter Gast hat sich unserer Burg genähert; wie zeigt sich seine edle Haltung im Antlitz, wie tapfer ist sein Herz, wie tapfer seine Taten! Ich glaube in der Tat, und das Vertrauen ist nicht eingebildet, dass er ein Nachfahre der Götter ist. Den schwachen Geist entlarvt die Angst: ach, wie wurde jener vom Schicksal hin und her geworfen! Welch überstandene Kriege erzählt er!
Wenn mir doch nicht im Geist eingeprägt und unbeweglich feststehen würde mich mit keinem Mann mehr durch ein eheliches Bündnis zu verbinden, nachdem mich der Tod um die erste Liebe getäuscht und sie mir entzogen hat; wenn mir doch die Ehe nicht überdrüssig wäre, dieser einzigen Schuld vielleicht könnte ich erliegen. Anna, ich werde nämlich gestehen, nach dem Tod des unglücklichen Sychaeus, meines Gatten, und seit der Altar des Penaten von der Mordtat des Bruders bespritzt war, rührt dieser als einziger meine Sinne und erschüttert meinen schwankenden Geist; Ich erkenne der Liebesgluten Spuren. Doch ich wünsche, dass eher entweder die Erde sich mir öffne oder mich der allmächtige Vater durch einen Blitz zu den Schatten, den Schatten des bleichen Erebus und tief hinein in die Nacht schleudert, bevor ich dich, oh Schamgefühl, verletze, oder dein Gesetz breche. Jener, der sich als erster mit mir veband, nahm meine Liebe hinfort; er möge sie mit sich haben und hüte sie im Grabe. So sprach sie und hervorbrechende Tränen benetzen ihre Brust.

Meine Gedanken:

Zu 1) Dido scheint Aeneas zu "überrumpeln". Sie spricht bereits von einem "ehelichen Bündnis", ohne Aeneas' Reaktion auf sie zu kennen.

Zu 2) Hmm, schwierig. Mir fällt da irgendwie nichts Rechtes zu ein.

Wenn ihr Ergänzungen zu 1) und Tipps zu 2) habt, wäre ich euch dankbar. :-D
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Beitragvon ostfriese » So 21. Okt 2007, 12:26

Hat jemand vielleicht noch Hinweise? :)
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Beitragvon Apollonios » So 21. Okt 2007, 13:42

Salve Ostfriese,

zu 1: Zwar ist die junge Witwe ja kein unerfahrener Teenager mehr - aber ihre Art, vollkommen unbedingt und wie vom Blitz getroffen zu lieben, hat etwas sehr Mädchenhaftes. Ihre Liebe ist mit Heldenverehrung gekoppelt.
Offenbar hat Dido nach dem tragischen Tod ihres Mannes nicht mehr damit gerechnet, sich noch einmal zu verlieben - und nun fühlt sie sich auch schuldig, sozusagen untreu ihrem Verflossenen gegenüber.
zu 2: Schau mal diese Schlüsselwörter an: Liebeskummer - Liebesglut - Vertrauen - Schicksal - getäuscht - Tod - Mordtat
Die Geschichte nimmt entsprechend ihren Lauf: Die heftig verliebte Dido vertraut dem ebenfalls liebenden Æneas, das Schicksal greift ein in Gestalt finsterer Mächte, die durch Täuschung die beiden auseinanderbringen, was zu Didos Tod durch Selbstmord führt.

Ich hoffe, das hilft ein bißchen. Übrigens, unbedingt Purcell hören! Purcells Dido stirbt so unglaublich schön…
וָאֹמַר מִי־יִתֶּן־לִּי אֵבֶר כַּיּוֹנָה אָעוּפָה וְאֶשְׁכֹּנָה ׃
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Beitragvon ostfriese » Do 25. Okt 2007, 10:07

Apollonios hat geschrieben:Salve Ostfriese,

zu 1: Zwar ist die junge Witwe ja kein unerfahrener Teenager mehr - aber ihre Art, vollkommen unbedingt und wie vom Blitz getroffen zu lieben, hat etwas sehr Mädchenhaftes. Ihre Liebe ist mit Heldenverehrung gekoppelt.
Offenbar hat Dido nach dem tragischen Tod ihres Mannes nicht mehr damit gerechnet, sich noch einmal zu verlieben - und nun fühlt sie sich auch schuldig, sozusagen untreu ihrem Verflossenen gegenüber.
zu 2: Schau mal diese Schlüsselwörter an: Liebeskummer - Liebesglut - Vertrauen - Schicksal - getäuscht - Tod - Mordtat
Die Geschichte nimmt entsprechend ihren Lauf: Die heftig verliebte Dido vertraut dem ebenfalls liebenden Æneas, das Schicksal greift ein in Gestalt finsterer Mächte, die durch Täuschung die beiden auseinanderbringen, was zu Didos Tod durch Selbstmord führt.

Ich hoffe, das hilft ein bißchen. Übrigens, unbedingt Purcell hören! Purcells Dido stirbt so unglaublich schön…


Vielen Dank, hat jemand vielleicht noch Ergänzungen?
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Beitragvon Cleo » Do 25. Okt 2007, 16:49

Hallo Ostfriese :-D ,
zu 1) fallen mir noch ein paar Punkte ein, denke ich.
Dido ist geblendet von Aeneas, der alle entscheidenden Tugenden zu verkörpern scheint. Sie ist so beeindruckt von v.a. seiner Tapferkeit, dass sie in ihm sogar einen Halbgott zu entdecken meint.
Sie ist sich vollkommen der Tatsache bewusst, dass sie Aeneas verfallen ist, ihn mit Leib und Seele liebt/begehrt. Doch dadurch erwachen in ihr tiefe Schuldgefühle ihrem ersten verstorbenen Mann gegenüber. Zweitens leidet sie unter der Ambivalenz ihrer Gefühle: Auf der einen Seite erliegt sie dem Verlangen Aeneas zum Gatten zu wünschen fast, auf der anderen Seite steht für sie fest, dass sie niemals mehr ein Ehebündnis eingehen wird. Sie schämt sich dafür, dass sie Aeneas liebt und hat Angst, dass sie sich vor lauter Liebe vergessen könnte & sich Aeneas bspw. hingeben könnte.
2) Als einzige Fluchtmöglichkeit aus dieser Gefahr und ihrer inneren Zerissenheiz sieht Dido den Tod, den sie sich herbeiwünscht.

Hoffe, dass ist dir nicht zu weit hinausgelehnt und hilft dir weiter.
LG :-D
Cleo
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