Greif über Kiste?

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Greif über Kiste?

Beitragvon Laptop » Mi 24. Dez 2014, 17:40

Savelte! Ich habe schon erfolglos recherchiert, kann jemand diese Druckermarke des Sebastian Gryphius deuten:

griffin1.jpg


Ein Greif auf einer Kiste, darunter ein geflügelter Globus. Alle drei Elemente sind mit einer Kette verbunden. Was hat das zu bedeuten? Gut, der Nachname “Greyff” (Gryphius) wurde mit dem Fabelwesen assoziiert, soweit noch klar, aber warumb die Kiste, der Globus, die Kette?
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Re: Greif über Kiste?

Beitragvon consus » Do 25. Dez 2014, 13:06

Salve, Laptop!
Paucissimis verbis hodie nihil aliud nisi hoc. Conspice quaeso Aram quae vocatur Bonae Fortunae, quam Goethe Vimariae ponendam curavit.
Saxum quadratum: firmitudo, constantia, robur, perseverantia > firmus constansque animus > virtus: "virtute duce"
Ad saxum catena alligata est sphaera alata: inconstantia, mobilitas, varietas, mutabilitas > fortuna: "comite fortuna".
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Re: Greif über Kiste?

Beitragvon medicus » Do 25. Dez 2014, 14:19

:hail:
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Re: Greif über Kiste?

Beitragvon Laptop » Do 25. Dez 2014, 19:22

Das ergibt Sinn, danke für diese Erläuterung, consus. Die Symbolik aus Quader und Kugel scheint ja nicht gerade Allgemeinwissen zu sein. Es wundert mich schon, daß du davon weißt ;-) Auf welche Quelle geht sie zurück, Goethe hat ja nur rezipiert?
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Re: Greif über Kiste?

Beitragvon medicus » Do 25. Dez 2014, 20:13

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Re: Greif über Kiste?

Beitragvon Laptop » Do 25. Dez 2014, 21:51

Ja, aber dieser Artikel sagt nichts darüber, woher diese Symbolik stammt. Definitiv nicht von Goethe, denn Gryphius lebte 1492–1556, Goethe dagegen 1749–1832.
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Re: Greif über Kiste?

Beitragvon medicus » Do 25. Dez 2014, 23:18

Die römische Glücks- und Schicksalsgöttin Fortuna gilt schon von Alters her als Verkörperung der Macht des Schicksals. Gerade im 17. Jahrhundert beherrscht kaum eine andere mythologische Figur Leben und Glauben so sehr wie die Glücksgöttin Fortuna. Das 16. und 17. Jahrhundert, die große Epoche der Seefahrt und der Eroberung der Weltmeere, setzte auf ihre Gunst. Es entwickelte sich in Anlehnung an antike Vorstellungen ein neues Bild von der Göttin, deren Attribute das Segel oder ein weit im Wind flatterndes Tuch und die Kugel – Symbol der dahinrollenden Gelegenheit – sind. Das lateinische Wort fortuna bedeutet den unverhofft aufkommenden, gefahrenbringenden Sturmwind.
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Re: Greif über Kiste?

Beitragvon consus » Fr 26. Dez 2014, 13:07

Spero vobis, amici doctissimi, gaudio fore non solum emblema XCIX, quod repperi
in Andreae Alciati Emblematum libro, sed etiam disticha quibus explicatur imaguncula.

Bild

Ars naturam adiuvans

Ut sphaerae Fortuna, cubo sic insidet Hermes:
Artibus hic, variis casibus illa praeest:
Adversus vim fortunae est ars facta: sed artis
Cum fortuna mala est, saepe requirit opem.
Disce bonas artes igitur studiosa iuventus,
Quae certae secum commoda sortis habent.
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Re: Greif über Kiste?

Beitragvon Laptop » Fr 26. Dez 2014, 23:09

Sehr schöner Fund, conse, dann haben wir gleich die lat. Bezeichnungen cubus und sphaera. Und die Flügel an der Kugel von Gryphius sind wohl etwas tautologisch, um die Kugel noch deutlicher als das Unstete und Labile darzustellen. Ich habe nun die Druckermarke wie folgt beschrieben:

Die Druckermarke des Druckers Sebastian Gryphius zeigt einen Greif, der mit einem Quader und einer geflügelten Kugel verbunden ist. Quader und Kugel sind Symbole für Solides und Labiles im Leben. Hier beziehen sie sich auf “virtute duce” (Tüchtigkeit) und “comite fortuna” (Glück).
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