Nepos Alkibiades Knabenliebe

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Nepos Alkibiades Knabenliebe

Beitragvon ille ego qui » So 19. Apr 2015, 22:30

salvete,

kann mir jemand vielleicht kurz den parens-Vergleich erklären?

ineunte adulescentia amatus est a multis more Graecorum, in eis Socrate, de quo mentionem facit Plato in Symposio. namque eum induxit commemorantem se pernoctasse cum Socrate neque aliter ab eo surrexisse, ac filius a parente debuerit.

Geht es nur um die Vertrautheit des gemeinensamen schlafens, wie es bei Vater und Sohn vorkommt - nur dort freilich zulässig und ohne sexuellen Hintergrund?
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
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Re: Nepos Alkibiades Knabenliebe

Beitragvon RM » So 19. Apr 2015, 23:29

Bitte jetzt alle Stellen in der lateinschen Literatur suchen, wo das Wort "pernoctare" vorkommt und noch einmal ins Symposion schauen, was da genau steht. Normalerweise entbehrt dieses Wort unzüchtiger Nebenbedeutungen und heißt nur "über Nacht bleiben" bzw. "übernachten".

8) RM
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Re: Nepos Alkibiades Knabenliebe

Beitragvon ille ego qui » Mo 20. Apr 2015, 08:21

also ich kann mit diesem Vergleich im Munde des Alcibiades nichts anfangen? Will er gerade das Verhältnis als nicht mal unschicklich darstellen? ist debere hier mit müssen oder dürfen zu übersetzen?

:-/

kann jemand mir die Stelle bei Platon zitieren? Vielen Dank ;)
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
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Re: Nepos Alkibiades Knabenliebe

Beitragvon consus » Mo 20. Apr 2015, 10:11

ille ego qui hat geschrieben:... die Stelle bei Platon...
Salve, Christiane!
Ecce Platonis verba (symp. 219bcd):
Ἐγὼ μὲν δὴ ταῦτα ἀκούσας τε καὶ εἰπών, καὶ ἀφεὶς ὥσπερ βέλη, τετρῶσθαι αὐτὸν ᾤμην· καὶ ἀναστάς γε, οὐδ᾽ ἐπιτρέψας τούτῳ εἰπεῖν οὐδὲν ἔτι, ἀμφιέσας τὸ ἱμάτιον τὸ ἐμαυτοῦ τοῦτον – καὶ γὰρ ἦν χειμών – ὑπὸ τὸν τρίβωνα κατακλινεὶς τὸν τούτου, περιβαλὼν τὼ χεῖρε τούτῳ τῷ δαιμονίῳ ὡς ἀληθῶς καὶ θαυμαστῷ, κατεκείμην τὴν νύκτα ὅλην. καὶ οὐδὲ ταῦτα αὖ, ὦ Σώκρατες, ἐρεῖς ὅτι ψεύδομαι. ποιήσαντος δὲ δὴ ταῦτα ἐμοῦ οὗτος τοσοῦτον περιεγένετό τε καὶ κατεφρόνησεν καὶ κατεγέλασεν τῆς ἐμῆς ὥρας καὶ ὕβρισεν – καὶ περὶ ἐκεῖνό γε ᾤμην τὶ εἶναι, ὦ ἄνδρες δικασταί· δικασταὶ γάρ ἐστε τῆς Σωκράτους ὑπερηφανίας – εὖ γὰρ ἴστε μὰ θεούς, μὰ θεάς, οὐδὲν περιττότερον καταδεδαρθηκὼς ἀνέστην μετὰ Σωκράτους, ἢ εἰ μετὰ πατρὸς καθηῦδον ἢ ἀδελφοῦ πρεσβυτέρου.
Ut totam rem intellegas legere te oportet 215a sqq.
Quintiliani quoque verba (inst. 8, 4, 23) digna videntur esse quae legantur: Nec mihi videtur in symposio Plato, cum Alcibiaden confitentem de se, quid a Socrate pati voluerit, narrat, ut illum culparet, haec tradidisse, sed ut Socratis invictam continentiam ostenderet, quae corrumpi speciosissimi hominis tam obvia voluntate non posset.
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Re: Müssen und Dürfen

Beitragvon Prudentius » Di 21. Apr 2015, 19:49

ist debere hier mit müssen oder dürfen zu übersetzen?


Bejaht heißt es müssen und verneint nicht dürfen; ich glaube, so kann man es sagen; es kommt dabei nicht auf die Einzelsprachen an, denn diese Hilfsverben haben ihre eigene Logik.

Ich muss das tun, hoc facere debeo;
verneint: ich muss das nicht tun, hoc facere non debeo; also = ich darf das tun.

Das Gegenstück läuft analog: bejaht heißt es dürfen und verneint nicht müssen.

Ich darf das tun, hoc facere possum (oder hoc mihi facere licet);
verneint: ich darf das nicht tun, hoc facere non possum, ich muss es unterlassen.

(Ich habe es etwas vereinfacht, also nicht ganz vollständig vorgebracht).

Die Frage jetzt bei dieser Stelle: der Satz ist bejaht, der übergeordnete aber verneint: dann geht beides:
"als ein Sohn aufstehen darf/muss".
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Re: Nepos Alkibiades Knabenliebe

Beitragvon Tiberis » Di 21. Apr 2015, 20:28

Prudentius hat geschrieben:Ich muss das tun, hoc facere debeo;
verneint: ich muss das nicht tun, hoc facere non debeo; also = ich darf das tun.


da irrst du aber, geschätzter Prudentius.
hoc facere non debeo = ich darf das NICHT tun.
(= ich soll das nicht tun)
vgl. Caes.BG 1,11,3 : ita se .. meritos esse, ut..agri vastari... non debuerint (dass ihr land nicht hätte verwüstet werden dürfen)


auch das ist nicht ganz richtig:
Ich darf das tun, hoc facere possum (oder hoc mihi facere licet);
verneint: ich darf das nicht tun, hoc facere non possum, ich muss es unterlassen.


hoc facere possum = ich kann das tun (= bin in der lage, das zu tun)
dagegen: hoc facere mihi licet = ich kann das tun (= habe die möglichkeit , das zu tun; darf das tun)
facere non possum, ut tibi respondeam > ich kann es nicht tun, dass ich dir antworte = ich kann dir unmöglich antworten (=bin keinesfalls imstande, dir zu antworten)
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Re: Nepos Alkibiades Knabenliebe

Beitragvon ille ego qui » Mi 22. Apr 2015, 19:46

die Praxis ist wohl ein kleines bisschen weicher als die Schulgrammatik, aber nur ein ganz kleines bisschen
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
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Re: Nepos Alkibiades Knabenliebe

Beitragvon Prudentius » Mi 22. Apr 2015, 19:55

Ich sagte ja, ich habe vereinfacht, also einen Fluchtweg offengehalten; es wäre ja schön gewesen, wenn du auch etwas weiterführendes vorgebracht hättest; denn die Frage von ille, ob es müssen oder dürfen heiße, ist ja nicht beantwortet, und wieso das beides heißen könnte, und wie überhaupt müssen und können (ich lass mal das Dürfen beiseite) zusammenhängen.

Bei der Verneinung von "Ich muss das tun" gibt es zwei Möglichkeiten: entweder ist das muss oder das tun verneint; ich nenne das mal vordere und hintere Verneinung.
Also "Ich muss das nicht tun" und "Ich muss das unterlassen".

Können und Müssen hängen so zusammen:

Müssen = nicht nicht können,
Können = nicht nicht müssen (mit jeweils beiderlei Verneinungen;

Zur Illustration:
Ich muss das tun = ich kann es nicht unterlassen,
ich kann das tun = ich muss es nicht unterlassen.

Können und müssen sind also unter Beachtung dieser Gleichsetzungen austauschbar;

Der Lateiner hat bei "Non debeo hoc facere" die hintere Negation gemeint; im D. ist uns das ungewohnt, da können wir nach obigem Austauschschema formulieren "Ich kann/darf das nicht tun", mit dem Vorteil, dass wir die uns geläufigere vordere Negation anwenden können.

Ich denke mal, dass man diesen Austausch können/müssen verständlich machen kann, so dass klar wird, warum es bei der Negation anders lautet.
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