Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

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Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon Laptop » Sa 30. Mai 2015, 19:14

Hallo! Ich habe darüber nachgedacht wie man Miltiades ausspricht, und da gibt es wie so oft zwei Möglichkeiten:

A) rein-griechische Aussprache (Miltiádes)
B) griechisch-lateinische Aussprache (Miltíades)

Man kann also sagen "Mach wie's dir gefällt, wende bei gr. Namen im Lateinischen entweder Aussprache A oder Aussprache B an". Aber so einfach ist es nicht. Denn eine wahllose Mischung aus gr. Aussprache und gr-.lt. Aussprache bereitet Kopfschmerzen, da stilistisch nicht konsequent. Wenn man nun stilistisch konsequent sein will, welche Variante empfiehlt ihr? Und wie handhabt ihr das Problem für euch persönlich?
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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon RM » Sa 30. Mai 2015, 19:39

Zuallererst wäre zu klären, wie das Griechische in welcher Region in welchem Jahrhundert überhaupt ausgesprochen wurde, bevor man von einer "griechischen Aussprache" spricht. Erfahrungsgemäß dauern Diskussionen über dieses Thema Wochen bis Monate und enden ergebnislos. Ich glaube auch nicht, dass griechische Akzente um das Jahr 0 so gesprochen wurden, wie sie geschrieben sind (zumal Akzente auch zu dieser Zeit fast nie geschrieben wurden).
Beim Lateinischen hat man es da wohl ein wenig leichter, da keine echten Dialekte beachtet werden müssen. Wie Akzente im Lateinischen realisiert wurden, bleibt dann aber als zentrale Frage übrig.
Ich bevorzuge in lateinischen Texten die lateinische Aussprache griechischer Namen (haben die Römer wahrscheinlich genauso gemacht). Die von uns verwendete mit starkem dynamischem Akzent dürfte jedoch eher als humanistisch denn als antik zu betrachten sein.

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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon Laptop » Sa 30. Mai 2015, 22:02

Danke für deinen Kommentar.
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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon Zythophilus » So 31. Mai 2015, 08:58

Ich denke, dass es beides gab: Zunächst - und unter gebildeten Römern wohl länger - die Betonung wie im Griechischen, im Lauf der Zeit setzte sich dann die den lateinischen Regeln entsprechende Betonung durch. Das Wort academia wird relativ lange auf dem langen i betont, aber mit der Zeit wird das dann doch kurz, sodass es der lateinischen Norm entspricht. http://www.zeno.org/Georges-1913/A/Academia?hl=academia
Ein Beispiel aus der heutigen Zeit: Wenn ein Amerikaner vom Komponisten "Bach" spricht, glaubt man dieser heiße "Bock" oder zumindest "Back". Anders würde sich der nicht so dezente Wortwitz nicht ergeben http://i.imgur.com/xW4g4n4.jpg
Ja, die korrekte Ausspreche gilt dort sogar als affektiert, wie mir ein Amerikaner sagte.
Der flämische Mahler "Brueg(h)el" wird bei uns wiederum zwar nicht als "Brügel" ausgesprochen, aber dennoch nicht so, wie er klingen sollte.
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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon RM » So 31. Mai 2015, 10:34

Wir wissen ja nicht einmal genau, wie das Griechische zur Zeit Catulls korrekt auszusprechen gewesen wäre.

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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon Laptop » So 31. Mai 2015, 14:45

Ja, aber die Frage war die der stilistischen Einheitlichkeit (Konsequenz), nämlich

A) wie sollte man es eurer Meinung nach einheitlich handhaben, oder sagt ihr, man kann es uneinheitlich machen wie Kraut & Rüben?

B) wie handhabt ihr es persönlich?
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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon RM » So 31. Mai 2015, 15:08

Alles lateinisch Geschriebene nach lateinischen Regeln (weitgehend pronuntiatus restitutus, aber mit ph als f), alles griechisch Geschriebene nach deutscher Schulaussprache. Oder was wolltest Du hören?

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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon Prudentius » So 31. Mai 2015, 16:52

Man kann also sagen "Mach wie's dir gefällt


Ich glaube, du solltest mehr die jahrtausendalte Tradition beachten, in der wir ja immer noch irgendwie leben, als die Nachfahren des Hl. Römischen Reiches, ungefähr ab Augustus.
Alles Griechische ist in dieser Traditionslinie über das L. gelaufen, alle Namen (kann man sagen) sind l. umakzentuiert worden, Homer, Sokrates, Aristoteles, Euripides, ..., Platon ist geblieben, hat aber hinten das -n eingebüßt :-D . Bei uns ist also das Gr. über das Medium des L. angekommen. Das geht noch weiter, das Gr. kam auch nicht direkt zu den Lateinern, sondern über das Medium der Etrusker; das erkennen wir noch heute an der -h- Schreibung der gr. Aspiraten, also ch, ph, th, das sollen die Römer von diesen übernommen haben; so meine ich es gelesen zu haben.

um das Jahr 0


Hat es ein Jahr 0 gegeben? Ich meine, nicht; das Geschehen im Stall von Behtlehem fand im Jahr 1 n.Chr. statt, und davor war das Jahr 1 v.Chr.
Man könnte ja mal nachsehen, ob Ereignisse im Jahr 0 stattfanden, ich glaube, es passierte nichts. Die Frage kam im vorigen Jh, auf, als man den 2000. Geburtstag Vergils feiern wollte und dann merkte, dass man sich um ein Jahr verzählt hatte.
Es liegt wohl daran, dass man die Jahreszählung an der Zahlengerade orientiert, die in der Mitte eine 0 hat und von da aus positiv und negativ weiterläuft.
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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon RM » So 31. Mai 2015, 20:02

Prudentius hat geschrieben:Hat es ein Jahr 0 gegeben?

Ja! Das ist das Jahr, das vor dem Jahr 1 kam. Es anders zu rechnen, wäre mathematischer Unsinn.

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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon RM » So 31. Mai 2015, 20:05

Prudentius hat geschrieben:Bei uns ist also das Gr. über das Medium des L. angekommen.

Ehrlich gesagt glaube ich das schon lange nicht mehr. Das Griechische ist bei uns hauptsächlich deshalb angekommen, weil es von byzantinischen Gelehrten mitgebracht wurde, die im 15. Jhdt. mit ihren Büchern aus Konstantinopel geflohen sind. Wäre das nicht passiert, hätte es heute bei uns höchstwahrscheinlich eine weit geringere Bedeutung.

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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon Zythophilus » So 31. Mai 2015, 20:42

Wenn man ein Jahr 0 rechnet, dann sollte zwischen dem 31. Dezember und dem 1. Jänner auch ein Tag liegen. Oder nehmen wir die Temperatur Skala: Von -1 bis +1° sind es genau zwei Grad, weil Grad eben ein Punkt ist. So gibt zw. dem Jahr 1 vor Christus und dem 1 nach Christus den Nullpunkt, aber wenn es ein Jahr 0 gebe, wäre es insgesamt eine Spanne von drei Jahren.
Zuletzt geändert von Zythophilus am So 31. Mai 2015, 21:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon Laptop » So 31. Mai 2015, 20:51

RM hat geschrieben:Alles lateinisch Geschriebene nach lateinischen Regeln (weitgehend pronuntiatus restitutus, aber mit ph als f), alles griechisch Geschriebene nach deutscher Schulaussprache. Oder was wolltest Du hören?


Ich hatte eher die anderen beiden gemeint. _Du_ hattest dich schon vorher klar geäußert, daß du gr. Namen im Lateinischen konsequent nach lat. Aussprache aussprichst.

@RM Du irrst dich. Es gibt wie Prudentius schon sagt kein Jahr 0, ganz analog dazu, daß es kein "nulltes" Jahrhundert und kein "nulltes" Jahrtausend gibt.
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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon Prudentius » Mo 1. Jun 2015, 20:44

Hat es ein Jahr 0 gegeben?
Ja! Das ist das Jahr, das vor dem Jahr 1 kam. Es anders zu rechnen, wäre mathematischer Unsinn.


Ich glaube, ich kann die Sache einsichtig machen: stellt euch die Zeitachse vor, in Form einer Geraden mit einem Mittelpunkt und Zahlen in gleichem Abstand nach rechts und links; nach der üblichen Sehgewohneit sagen wir, das ist eine Linie mit Punkten drauf; das ist aber nicht alles, auf dieser Linie sind nicht nur Punkte, sondern auch Strecken; wir haben also zwei Arten von Gegenständen auseinanderzuhalten, Punkte und Strecken; bei der Zeitachse haben wir dann Jahre für die Strecken; der Nullpunkt hat für uns den Namen: "Christi Geburt"; dann nennen wir die Strecke von 0 bis 1 "das Jahr 1 n.Chr.", das geht vom Jahreswechsel am Anfang bis zum Jahreswechsel 1/2, usw.; das Ganze wird dann für die Zeit vor Chr. an dem Nullpunkt gespiegelt, dann haben wir für die Strecke von 0 bis -1 das "Jahr 1 v.Chr.".
Die Null erscheint also nur als Punkt (Jahreswechsel) zwischen den Jahren 1 vor und 1 nach Chr., so ist es sinnvoll.
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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon Laptop » Di 2. Jun 2015, 04:59

@Longipes Ich glaube wir mißverstehen uns. Ich habe oben geschrieben, daß beide Aussprachen Miltíades und Miltiádes gültig sind. Der persönliche Gebrauch erfordert aber die Entscheidung welche Linie man konsequent fährt, entweder die rein-griechische, oder die griechisch-lateinische Aussprache. Ansonsten droht Stilbruch, vergleichbar damit, um bei deinem Beispiel zu bleiben, daß man nicht sagt "Siegfried fragt Hagene" oder "Sivrit fragt Hagen". Und hier setzt die Frage an: welche Linie fahrt ihr persönlich. Bisher hat nur RM geantwortet. Er hat gesagt er spricht gr. Namen im Lateinischen nach lat. Lautung aus, also konkret bspw. Miltíades.
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Re: Konsequente Aussprache gr-lt. Namen?

Beitragvon Zythophilus » Di 2. Jun 2015, 06:53

Gibt es jemanden, der alle griechischen Namen im Deutschen konsequent nach griechischen oder lateinischen Regeln ausspricht? Gerade die häufigeren haben sich mit einer gewissen Betonung eingebürgert, und die ist i.d.R. die aus dem Lateinischen stammende: Wer betont "Sokrátes" oder "Penelópe"? Die Zauberin Kirke wird sogar zumeist zur "Zirze" mit dem zugehörigen Verb "bezirzen". Blöd klänge "bekirken".
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