quis?

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Re: quis?

Beitragvon Zythophilus » Do 26. Nov 2015, 07:48

Wenn man als "Satz" nur einen unabhängigen Satz definiert, dann fallen Gliedsätze nicht in diese Kategorie. Gibt's diesen Ansatz in einer Grammatik?
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Re: quis?

Beitragvon Cornelius » Do 26. Nov 2015, 18:15

Salve, Prudenti,
Deine Erklärung mit dem Eingabefeld und dem blinkenden Cursor ist --- wenigstens für einen einfachen Holländer, der etwas mehr über die lateinische Sprache lernen möchte --- sehr schwierig zu verstehen.
Trotzdem: Danke vielmals dafür , denn mit Hilfe des Internets ist es mir klar geworden.
=======================================
Ich habe aber noch eine Frage für marcus03:
Du hast für mich übersetzt:
-- Aber ich habe dir ja gestern gesagt wer dort wohnt! = Heri autem dixi, quis ibi habitaret.--
(Es geht um die Frage wer dort JETZT wohnhaft ist); also,doch nicht auch: habitet. ?

Das bringt mich zu folgenden Fragen:
(Die Situation: ein Vater und sein Sohn nähern sich einer lehrstehenden Villa; der berühmte Dichter ist schon vor vielen Jahren geflüchtet)
Der Vater: "Weißt du, wer dort gewohnt hat?"
"Scis, quis ibi habitáverit?"
Der Sohn: "Ich weiß nicht, wer dort gewohnt hat".
"Nescio, quis ibi habitáverit".
Der Vater: "Aber ich habe dir ja gestern gesagt, wer dort gewohnt hat!".
"Heri autem tibi dixi, quis ibi habitáverit !".
Vielen Dank im Voraus,
Cornelius.
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Re: quis?

Beitragvon marcus03 » Do 26. Nov 2015, 18:32

Cornelius hat geschrieben:(Es geht um die Frage wer dort JETZT wohnhaft ist); also,doch nicht auch: habitet. ?

In Lat. gilt die consecutio temporum, wie ich schon sagte. Hier liegt Gleichzeitigkeit vor.
Er kommt im Lat. grundsätzlich immer darauf an, in welchem Zeitverhältnis der untergeordnete Satz zum übergeordneten steht. Konsekutivsätze bilden dabei eine Ausnahme ("absolutes Tempus").
cf:
http://members.aon.at/latein/Ct.htm

Cornelius hat geschrieben:Der Vater: "Aber ich habe dir ja gestern gesagt, wer dort gewohnt hat!".
"Heri autem tibi dixi, quis ibi habitáverit !".


Nach der cons. temp. muss es lauten: ... habitavisset
Der indirekte Fragesatz ist vorzeitig zum Hauptsatz. Im Moment des Sagens wohnte der Philosoph nicht mehr dort.
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Re: Was ist ein Satz?

Beitragvon Prudentius » Fr 27. Nov 2015, 11:07

Zythophilus hat geschrieben:Wenn man als "Satz" nur einen unabhängigen Satz definiert, dann fallen Gliedsätze nicht in diese Kategorie. Gibt's diesen Ansatz in einer Grammatik?


Ich würde es ein wenig anders definieren: "Satz" als Gesamtheit, Einheit. als etwas Abgerundetes, also auch Abgeschlossenes, Vollständiges; damit verbunden ist, dass er unabhängig ist, das folgt daraus. Also Tiberis, wenn du nur die Satzteile aufzählst, dann fehlt etwas: Satz ist mehr als Sammlung von Bestandteilen, es kommt eine innerliche Bindung hinzu, die durch die S-P-Struktur gegeben ist. Dieser Satzcharakter wird ja durch das Satzzeichen ausgedrückt: man könnte sagen: Satz ist etwas, hinter dem ein Punkt steht :-D .

Dieses elementare Verständnis steht doch bei uns im Vordergrund, es geht im L. los mit "Flamma ardet", "Agricola arat", "Puella cantat", der Satz als Selbständiges, Eigenständiges.

Diese Vorstellung brauchen wir, sonst könnten wir gar nicht von "Satzteilen" reden, Teile gibt es nur, wenn sie sich vom Ganzen abtrennen lassen.

Wir gebrauchen allerdings den Terminus "Satz" in mindestens zweierlei Sinn, wir reden von Satz auch in dem Sinn, dass wir die Unabhängigkeit relativieren, also ist "in gewisser Hinsicht" auch der Nebensatz, der abh. Fragesatz, der Objektssatz ein Satz; und in gewisser Hinsicht kein Satz - alles klar? :-D

So lässt sich der Dissens entschärfen: Nebensätze sind in Hinsicht auf Unabhängigkeit keine Sätze, in Hinsicht auf S-P-Struktur sind es Sätze. Es kommt also auf eine Sprachregelung an, nützlich ist hier der Terminus "Suspendierung", Aufhebung: beim Satz kann der Unabhängigkeitscharakter suspendiert sein.

Wenn die Bearbeiter des Menge das digitale Zeitalter übersehen haben, könnte es sein, dass sie im "Elfenbeinturm" gelebt haben? :-D Aber im Ernst, das ist ja wieder was anderes, wenn man für das allgemeine Publikum schreibt, und wenn wir hier im Forum als Eingeweihte darüber reden.
Prudentius
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