Konsekutiv- oder Finalsatz?

Für alle Fragen rund um Latein in der Schule und im Alltag

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon Sinatra » Mo 19. Nov 2018, 23:24

Ich frage mich ob es nur mir so geht, aber bisweilen fällt es mir etwas schwer zu entschieden, ob es sich um einen Konsekutiv- oder Finalsatz handelt.

Beispiel ( aus Pontes, Lektion 24, Arbeitsheft, Seite 53):

"Verres a civibus probis multas statuas aureas petebat, ut divitias colligeret"

Hier ist beides möglich, wie ich meine:

... so daß er ein Vermögen machte ( Konsekutiv)

... damit er ein Vermögen machte / um ( Final)

Ein Vermögen zu machen ( oder Reichtümer anzusammeln,um es wörtlich zu nehmen) muß ja nicht unbedingt das Ziel gewesen sein, sondern es hat sich dann einfach so im Laufe der Zeit so angehäuft.
Sinatra
Praetor
 
Beiträge: 123
Registriert: Sa 9. Apr 2016, 09:55

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon ille ego qui » Di 20. Nov 2018, 01:04

Nicht immer (aber oft). Ut kann auch sodass heißen ohne vorbereitendes ita (o.Ä.).
Generell: konsekutiv = nicht beabsichtigte Folge (nicht innerlich abhängig); final = angestrebte Folge (innerlich abh.).
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
ille ego qui
Augustus
 
Beiträge: 6888
Registriert: Sa 3. Jan 2009, 23:01

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon Prudentius » Di 20. Nov 2018, 08:50

Stomachatus hat geschrieben: Deine Antwort ist unnötig philosophisch


Philosophie ist nie unnötig! :hammer:
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon Sinatra » Di 20. Nov 2018, 09:27

Vielen Dank für die zahlreichen Antworten, leider bin ich nicht wirkich schaluer geworden, also ist das jetzt Final- oder Konsekutiv? Ich tendiere ja zu Finalsatz, aber man kann es halt auch konsekutiv verstehen.
Zuletzt geändert von Sinatra am Di 20. Nov 2018, 10:52, insgesamt 1-mal geändert.
Sinatra
Praetor
 
Beiträge: 123
Registriert: Sa 9. Apr 2016, 09:55

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon marcus03 » Di 20. Nov 2018, 09:39

Vom Sinn des Satzes her denke ich, dass es nur ein Finalsatz sein kann. Hinter der Forderung steht eine Absicht/Zweck.Im Zweifel entscheidet immer der Kontext. Verres war bekanntlich sehr habgierig.
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11399
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon romane » Di 20. Nov 2018, 11:03

petebat Imperfekt …

"wünsch Dir was", so dass / damit / um … zu => bleibt nur final
Die Freiheit ist ein seltsames Wesen - wenn man es gefangen hat, ist es verschwunden

www.mbradtke.de
Benutzeravatar
romane
Pater patriae
 
Beiträge: 11669
Registriert: Fr 31. Mai 2002, 10:33
Wohnort: Niedersachsen

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon ille ego qui » Di 20. Nov 2018, 15:50

Hunderprozentig eindeutig ist es für mich nicht, dass hier ein Finalsatz vorliegt. Doch scheint es mir schon sehr, sehr, sehr wahrscheinlich, dass das Ansammeln von Reichtum die dezidierte Absicht von Verres sein soll und nicht nur die Folge, die sich aus seinem Verlangen (petere) ergibt.
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
ille ego qui
Augustus
 
Beiträge: 6888
Registriert: Sa 3. Jan 2009, 23:01

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon marcus03 » Di 20. Nov 2018, 16:05

Es geht zunächst nur um die Forderung. Sie könnte auch nicht erfüllt werden. Da macht m.E. ein Folgesatz doch keinen Sinn.
Fordern kann man bekanntlich viel, ob was draus wird, ist eine andere Frage. :)
Was sollte also rein logisch gegen einen Finalsatz sprechen? :?
marcus03
Pater patriae
 
Beiträge: 11399
Registriert: Mi 30. Mai 2012, 06:57

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon Prudentius » Di 20. Nov 2018, 17:13

ille ego qui hat geschrieben:Generell: konsekutiv = nicht beabsichtigte Folge (nicht innerlich abhängig); final = angestrebte Folge (innerlich abh.).


Das würde ich nicht sagen: "konsekutiv" bezeichnet ein Kausalverhältnis, eine Ursache-Folge-Beziehung, "A, so dass B", d.i. soviel wie "Weil A, darum B", dabei ist keine Absicht im Spiel; es kommt darauf an, dass B wirklich eingetreten ist, oder wahr ist; mag das jemand beabsichtigt haben oder nicht.
Hier im Beispiel: Verres ist wirklich reich geworden, also Konsekutivsatz.

In einem zweiten Schritt kann man sich fragen, ob das eingetretene Ereignis beabsichtigt war oder nicht, wenn ja, dann ist der Satz final; natürlich war es beabsichtigt; und der Zusammenhang deutet daraufhin, dass der Satz die Handlungsweise des Verres beschreiben soll, nicht seine objektiven Vermögensverhältnisse.

Die Konsekutivsätze können also beabsichtigt sein oder nicht, und die Finalätze können wirklich eingetreten sein oder nicht.

Hier im Beispiel fällt beides zusammen, es gibt kein Entweder - Oder, sondern ein Sowohl als auch.
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon ille ego qui » Di 20. Nov 2018, 17:53

ad Marcum03:
Es spricht rein gar nichts gegen einen Finalsatz, das habe ich ja auch nicht gesagt. Im Gegeteil: Finalsatz ist wahrscheinlicher. Aber ganz absurd ist die folgende Interpretation (ohne jetzt den Kontext zu kennen) m.E. auch nicht:

"Er forderte (immer wieder) von den Bürgern Statuen*, sodass er seinen Reichtum (stetig) mehrte / mehren konnte"

(sc. und bekam zumindest hin und wieder auch eine)

Aber noch einmal: Finalsatz ist auch für mich die allererste Wahl :D
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
ille ego qui
Augustus
 
Beiträge: 6888
Registriert: Sa 3. Jan 2009, 23:01

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon Prudentius » Mi 21. Nov 2018, 09:50

Ihr blickt nicht durch; wie wir gesehen haben, ist so ein ut-Satz final/konsekutiv, der Lateiner unterscheidet das nicht.

Aber was dem Autor vorschwebt: es ist ja eine Anklagerede gegen Verres, er sucht Angriffspunkte; eine Absicht der Bereicherung ist ein schwacher Vorwurf, Cicero behauptet eine vollendete Bereicherung, also eher konsekutiv, ich habe mich nochmal umbesonnen.

Ich stelle nochmal gegenüber:

- Konsekutives Satzgefüge: "A => B",
- finales Satzgefüge: "Jemand beabsichtigt, dass "A => B",

also das finale ist komplizierter, der ut-Satz ist innerlich abhängig, wie schon gesagt wurde.
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon ille ego qui » Mi 21. Nov 2018, 14:51

Salvus sis, Prudenti!

Ihr blickt nicht durch; wie wir gesehen haben, ist so ein ut-Satz final/konsekutiv, der Lateiner unterscheidet das nicht.


Deine Antwort scheint mir irgendwie zu suggerieren, du blicktest durch ;-)

Apodiktik - von oben herab gesprochen - ist hier fehl am Platze. Dass der Lateiner da nicht unterscheidet, kann man so pauschal nicht formulieren, das ist wieder falsch! Dass zwischen den Sinnrichtungen sehr wohl ein unterschied gesehen werden kann(!) und empfunden wird (Graubereiche sind selbstverständlich denkbar, die semantische Gemeinsamkeit liegt auf der Hand), zeigt u.a. die unterschiedliche Verneinung. Selbst wenn man die Frage in den Bereich der Art der Abhängigkeit verschiebt, bleibt, dass der Lateiner eben zwischen innerlich und nicht innerlichen abhängigen "ut"-Sätzen unterscheidet/unterscheiden kann. Ob wir dies heute eben mit diesen Begriffen beschreiben oder die Wörter "final" und "konsekutiv" benutzen, ist m.E. nicht mehr gar so wichtig.

Valeas!


P.S.: Gibt es einen Kontext zu dem Satz? Ich finde auf die Schnelle kein originalsprachliches Vorbild.
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
ille ego qui
Augustus
 
Beiträge: 6888
Registriert: Sa 3. Jan 2009, 23:01

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon Prudentius » Mi 21. Nov 2018, 16:58

Salvete,
das Apodiktische ist durch die Gattungsmerkmale einer Podiumsdiskussion vorgegeben, man ist zu plakativer Kürze gezwungen, oder es ist durch angeborene Dickköpfigkeit bedingt, ihr dürft sie belächeln :-D .

Es ist ein Überschneidungsbereich bei diesen beiden Konstruktionen vorhanden, es gibt eine Unschärfe der sprachlichen Mittel, das ist eine Schwäche und zugleich eine Stärke, denn sie ermöglicht erst Kommunikation.

Man kann ja auch etwas freier übersetzen; "..., denn er wollte reich werden, und er wurde es auch".

:)
Prudentius
Senator
 
Beiträge: 3577
Registriert: Di 24. Mai 2011, 17:01

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon Sinatra » Mi 21. Nov 2018, 20:21

P.S.: Gibt es einen Kontext zu dem Satz? Ich finde auf die Schnelle kein originalsprachliches Vorbild.[/quote]

Der Satz stammt aus dem Lehrwerk Pontes 3, dem Arbeitsheft, es geht in der Aufgabe darum zu entscheiden, ob Final-oder Konsekutivsatz, da habe ich mit meiner Schülerin halt gerätselt, was denn nun richtig sei, wobei wir beide auch zu Finalsatz tendierten, aber auch Elemente vom Konsekutivsatz dabei sind.

Ich hätte freilich nicht gedacht, daß ich mit dieser Frage so viele Posts heraufbeschwören würde...

Aber das spricht ja eindeutig für dieses Forum.

Die Moral von der Geschichte ist also, daß manchmal Konsekutiv/ Finalsatz nicht klar unterschieden werden können, stellt sich dann nur die Frage wie das didaktisch einer Achtklässlerin zu vermitteln ist.
Sinatra
Praetor
 
Beiträge: 123
Registriert: Sa 9. Apr 2016, 09:55

Re: Konsekutiv- oder Finalsatz?

Beitragvon ille ego qui » Do 22. Nov 2018, 00:49

Also ich habe in der Schule noch Dinge gelernt wie „eo consilio, ut“ - ein vorbereiteter Finalsatz.
Ich persönlich würde es daher so erklären:

final = Zweck (Frage: wozu?*) = übersetzbar mit damit (dass)

konsekutiv = Folge = (so) dass (Hinweis natürlich auf ita - ut etc.)

Das versteht ein normaler Schüler schon ;)



* Den Finalsatz als Objekt (Begehrsatz) klammere ich hier aus
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
ille ego qui
Augustus
 
Beiträge: 6888
Registriert: Sa 3. Jan 2009, 23:01

Nächste

Zurück zu Lateinforum



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Google [Bot] und 11 Gäste