Zur Situation des Lateinunterrichts

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Zur Situation des Lateinunterrichts

Beitragvon ille ego qui » Sa 24. Nov 2018, 11:35

Salvete!

Ich knüpfe an die hier geführte (off-topic-) Diskussion an: viewtopic.php?f=25&p=344737#p344737

Ein Lateinschüler muß auch andererseits nicht zu einem sprechenden Lateiner werden, da er die Sprache im Alltag kaum nützen kann.


Niemand will, denke ich, ernsthaft deswegen einen Lateinunterricht mit möglichst viel gesprochenem Latein, damit die Schüler es am Ende sprechen können (auch wenn das natürlich für alle wunderbar wäre), sondern um es auf diese Weise effektiver und angenehmer lernbar zu machen - immer mit Blick auf die angestrebte Lektürefähigkeit.
Auch ich benutze recht viel Latine loqui. Nach Ørberg und gleichzeitig im Modus der sog. "aufgeklärten Einsprachigkeit" (Butzkamm) (alles andere wäre weltfremd und kommt wohl auch in der Fachdidaktik der modernen Fremdsprachen aus der Mode) zu unterrichten - dieses Experiment würde mich reizen, aber - mit Verlaub! - nicht ohne rechtlich gegen die Obrigkeit und gegen die Hyänen namens Eltern abgesichert zu sein. ;-)
Jedoch: Wie schwach ausgeprägt mitunter auf Schülerseite Konzentrationsfähigkeit und Anstrengungsbereitschaft sind (man bedenke hier vielleicht auch den enormen täglichen Konsum der neuen Medien sowie die gesunkenen Anforderungen auch schon beim Übertritt ans Gymnasium!) und wie überfordert zum Beispiel manche (!) Sechstklass-Schüler mit den simpelsten Latine-loqui- oder Lese-Übungen sind - davon macht man sich außerhalb des Schulsystems wohl schwer einen Begriff. Wunder sind da nach meiner bisherigen Erfahrung und Einschätzung schwerlich zu erwarten - gleichviel, ob der Lehrer nun traditionell oder "lebendig" (mein persönlicher Favorit natürlich!) unterricht, ja, wie gut er als Student mit den höchsten philologischen Sphären zurande gekommen ist.

Bei der Gelegenheit sei aber doch auf eine Neuerscheinung hingewiesen (die ich selbst freilich bisher nur in der Druckfahne gelesen bzw. überflogen habe): "Lateinisch sprechen im Unterricht" von Eltje Böttcher.
https://www.amazon.de/Lateinisch-sprech ... tische-Ansätze/dp/3525702612
;-)

Valeatis!

:-D
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Re: Zur Situation des Lateinunterrichts

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 26. Nov 2018, 09:50

Du hast meinen Satz auch etwas aus dem Zusammenhang genommen. :wink:
Ich persönlich habe nichts dagegen, wenn einer Latine loqui in der Schule als Zusatz einbringt, wenn die Schüler damit klarkommen. Latine loqui ist auch nichts Neues im Unterricht; unser LK-Lateinlehrer (1986-88) hat dies in ein bis zwei Stunden pro Woche auch angewendet.
Jeder von uns weiß, der selbst Latein in der Schule gelernt hat und/oder Kinder im Lateinunterricht hat, dass es so mit Latein nicht mehr weitergehen kann. Wie in vielen Fächern weißt du genau (Precht sagt es auch in einer leicht ironischen Manier), dass vieles von der Person "Lehrer" abhängt. Seine Möglichkeit mit den Kindern arbeiten zu können, akzeptiert zu werden, reden und zuhören zu können ist das Wichtigste. Das Fach zu beherrschen wird angenommen. Nur nützt es natürlich auch als Lehrer nicht, das Fach zu beherrschen und als Lehrer eine Null zu sein (hast du und ich auch oft erlebt). Obwohl ich für die Reform des Lehrplans bin, kann ein Lehrer aus dem trockensten Stoff ein interessantes Fach machen (habe ich auch erlebt). Man muß auch wagen Neues einzuführen und anzustoßen. Dass der Lehrplan für Latein von heute auf morgen umgestellt wird, ist nicht zu erwarten. Mit Örberg haben meine Kids auch Erfahrung, ich habe selbst damit mit Ihnen experimentiert. Es gibt auch mit der lateinbasierten Methode Vor- und Nachteile. Interessant für viele ist die Antike, Geschichte, Bauwerke, der Hintergrund. Es nützt nichts etwas zu lernen, wenn man den Hintergrund nicht kennt und nicht mal weiß, warum Caesar dies und das geschrieben hat. Dafür muß sich aber auch der Lehrplan ändern und nicht nur Wert auf Grammatik und Sprache gelegt werden. Wir müssen die Schüler nicht mehr zu Lateinfreaks erziehen, sondern ihnen die Antike Kultur beibringen. Latein/Antike Kultur ausbauen können sie dann an der Uni, wo sie es aber heutzutage auch nicht mehr lernen.
Der Link ist übringens so nicht aufrufbar.
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