coepit Aussprache und Metrum

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coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon MusaClaudicans » So 24. Feb 2019, 13:42

Salvete,

es geht um die Aussprache des oe in coepit.

Ich hätte gesagt bzw. habe gelernt: "koipit" oder "köpit". Eine Freundin (9.Klasse) sagte mir jetzt, alle Lehrer, die sie bisher hatte, würden es "ko-e-pit" (3-silbig, mir als "falsch" beigebracht) aussprechen. Entsprechend hat sie auch Fehler in der Metrik.

1. Ist diese 3. Aussprachevariante tatsächlich (mittlerweile) möglich (eine falsche Interpretation des "koipit" schließe ich aus, da sie mich bis auf "ko- éh- pit" überaus irritiert angeguckt hat)?

2. Wie sieht bei Mart. Ep. 1,30 die metrische Analyse des Pentameters aus?

Schülervariante: - v v | - v v| - || - v v | - v v | -
(def. falsch) co e pit quo pot e rat cli ni cus es se mo do

meine Variante: - - | - v v| -|| - v v | - v v | -
coe pit quo pot e rat cli ni cus es se mo do

Schon mal im Voraus ein gratias für eure Antworten :)
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon marcus03 » So 24. Feb 2019, 14:53

Das oe bei coepit ist ein Diphtong.

Cœ̄́pīt quṓ pŏtĕrā́t clī́nĭcŭs ḗssĕ mŏdó.

http://www.pedecerto.eu/scansioni/query

Weitere Stellen:
https://latin.packhum.org/concordance?q ... %5BMart%5D
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon Zythophilus » So 24. Feb 2019, 15:00

Ich mutmaße, dass irgendwo coepit mit coёgit, das wirklich dreisilbig ist, verwechselt worden ist.
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon Honigdachs » So 24. Feb 2019, 17:37

MusaClaudicans hat geschrieben:Salvete,

es geht um die Aussprache des oe in coepit.

Ich hätte gesagt bzw. habe gelernt: "koipit" oder "köpit". Eine Freundin (9.Klasse) sagte mir jetzt, alle Lehrer, die sie bisher hatte, würden es "ko-e-pit" (3-silbig, mir als "falsch" beigebracht) aussprechen. Entsprechend hat sie auch Fehler in der Metrik.


Hat sie die Fehler in der Metrik bei denselben Lehrern, die ihr die dreisilbige Aussprache beigebracht haben? :? Oder macht sie die jetzt erst später im Studium oder im heimischen Lesezirkel?
Coepi liest man doch auch oft genug bei Vergil oder Ovid (also in der typischen Schullektüre), das muss ein Lehrer doch merken.
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon Christophorus » So 24. Feb 2019, 23:11

Mich wundert in der Hinsicht mittlerweile gar nichts mehr.
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon MusaClaudicans » Mo 25. Feb 2019, 17:01

Gratias vobis ago. Ähnliches hatte ich mir schon gedacht, wollte aber sichergehen, bevor ich ihr irgendeinen Mist erzähle.

@Honigdachs: Sie ist noch Schüler, den Text hatte allerdings ich ihr in Vorbereitung auf ihre Schulaufgabe zum Üben gegeben.

@Christophorus: Mich auch nicht, aber die Hoffnung war doch da...
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon Christophorus » Mo 25. Feb 2019, 18:16

MusaClaudicans hat geschrieben:@Christophorus: Mich auch nicht, aber die Hoffnung war doch da...



Um meinen etwas launigen Einwurf noch mal ins rechte Licht zu rücken, ich meinte jetzt nicht die Schüler, sondern die, die es eigentlich können und wissen müssten.
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon MusaClaudicans » Di 26. Feb 2019, 11:20

Ich weiß :) Das hatte ich schon so aufgefasst und meinte dasselbe...

Meine Hoffnung war, dass ich mit abgebrochenem Lateinstudium falsch liege und nicht vier examinierte, erfahrene Lehrer ;)
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon Tiberis » Di 26. Feb 2019, 12:08

Das Thema ist zwar schon abgehakt, dennoch noch eine Bemerkung dazu:

MusaClaudicans hat geschrieben:2. Wie sieht bei Mart. Ep. 1,30 die metrische Analyse des Pentameters aus? Schülervariante: - v v | - v v| - || - v v | - v v | - (def. falsch) co e pit quo pot e rat cli ni cus es se mo do


Gerade dieser Vers ist der Beweis, dass coepit keinesfalls dreisilbig gesprochen werden kann, denn die Silbe -pit ist ja zwangsläufig positionslang, woraus folgt, dass (bei angenommener Dreisilbigkeit) alle 3 Silben lang sein müssten. Dann wiederum stünde quo in der Senkung vor zwei kurzen Silben (pot -e -), was natürlich überhaupt nicht geht.
Das "Problem" erklärt sich also schon aufgrund der Metrik hier ganz von selbst.
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon Honigdachs » Di 26. Feb 2019, 20:43

MusaClaudicans hat geschrieben:Meine Hoffnung war, dass ich mit abgebrochenem Lateinstudium falsch liege und nicht vier examinierte, erfahrene Lehrer ;)


Das ist sehr schade :( Du stellst ja die richtigen Fragen, die sich eigentlich auch die Lateinlehrer stellen müssten. Du wärst sicher kein indignus, wenn du das alte Studium wieder aufnehmen würdest!
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon Zythophilus » Di 26. Feb 2019, 20:46

Es kann schon sein, dass sich ein Lehrer irrt und behauptet, coepit würde dreisilbig ausgesprochen. Bei metrischen Texten würde man damit sogar durchkommen, wenn die Silbe oe in einem daktylischen Vers nicht an einer betonten Silbe steht. Sobald sie aber an einer betonten Stelle steht, muss es auffallen.
Wahrscheinlicher ist es für mich, dass es ursprünglich um coegit ging.
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon MusaClaudicans » Mi 27. Feb 2019, 11:20

@Tiberis: Gratias tibi ago. Diese Erklärung hat ihr dann auch eingeleuchtet :)

@Honigdachs: Ich hab dir dazu eine PN geschrieben.

@Zythophilus: Ich steh auf dem Schlauch :-? ... wie meinst du das?
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon Honigdachs » Mi 27. Feb 2019, 12:25

MusaClaudicans hat geschrieben:@Zythophilus: Ich steh auf dem Schlauch :-? ... wie meinst du das?


Ich verstehe Zythophilus so:

Es gibt Stellen, an denen coepi von der Metrik her als dreisilbig (d.h. als v v -) durchgehen könnte, z.B. Ov. tris. 4,10,32:

iamque decem vitae frater geminaverat annos,
cúm perit, ét coepí párte carére meí.

Richtig skandiert wäre der Pentameter - v v / - - / - // - v v / - v v / -
aber man könnte ihn mit coepi als v v - auch falsch skandieren ohne dass es auffiele:
- v v / - v v / - // - v v / - v v / -

Das liegt daran, dass das coe hier nicht auf einem Iktus liegt, also auf einer Stelle die lang sein muss. Anders ist das bei deinem eigenen Beispiel aus Martial, wo das coe lang sein muss, weil ... naja, da muss ich meine Vorredner ja nicht wiederholen :)

Falls es um Zythophili zweite Bemerkung ging: Es kann natürlich auch sein, dass der Fehler bei der Schülerin liegt, die von ihren Lehrern das Wort coegi (richtig) in der dreisilbigen Aussprache (v - -) beigebracht bekam und dann selbst (fälschlicherweise) den Analogieschluss zu coepi vollzog --- bzw. dass die Lehrer alle auf dieser Grundlage den Fehler gemacht haben, coepi falsch zu messen.
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon Tiberis » Mi 27. Feb 2019, 13:11

Honigdachs hat geschrieben:aber man könnte ihn mit coepi als v v - auch falsch skandieren ohne dass es auffiele:

vielleicht; nur müsste man dann - nach der Paenultimaregel - có -e - pi betonen, was ja nicht einmal diese sog. Lehrer getan haben. :roll:
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Re: coepit Aussprache und Metrum

Beitragvon Prudentius » Mi 27. Feb 2019, 20:12

Ist eigentlich dieses coepi eine eigenständige Wurzel, oder ist es ein ablautendes cepi ("o-Stufe")? Oder ist es doch, wenn auch auf holprigem Wege, zusammengewachsen aus einem *co-ip-, von der Wurzel von ap-tus, ad-ip-isci? Wenn ja, dann könnten wir viele Lateinlehrer rehabilitieren :-D .

Übrigens, eine Erklärung für diese Fehlaussprache von oe könnte sein, dass sie aus einer hyperkorrekten historischen Richtigkeit hervorgegangen ist; man spricht nicht mehr Cäsar, mit dem typisch d. Umlaut, sondern eben Ca-e-sar, ohne das Wort allerdings dreisilbig zu machen. Und hier auch: das ö ist typisch d. Umlaut.
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