Vokallänge in der Vorsilbe re-.

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Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon Laptop » Do 24. Mär 2022, 10:55

Salvete! Ich verstehe immer noch nicht wann die Vorsilbe re- ein langes e hat und wann nicht. Beispielsweise spuckt mir der 'Macronizer' ( https://alatius.com/macronizer/ ) meinen Beispielsatz so aus quidquid agis prūdenter agās et rēspice fīnem. Dagegen gibt Georges das Verb respicio ohne Macron an! Was stimmt denn nun? Und gibt es ein Muster/Regel/Schema was mir in Zukunft hilft die richtige Entscheidung zu treffen?
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon iurisconsultus » Do 24. Mär 2022, 12:20

Hallo Laptop,

das Wörterbuch gibt nur Naturlängen an, während die erste (anders als die letzte) Silbe von rē-spiciō lediglich positione lang ist. Aber ich mag vieles sein, aber ich bin leider kein Spezialist in diesen Dingen. :)
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon marcus03 » Do 24. Mär 2022, 12:35

Wegen der beiden folgenden Konsanten ist re lang.

4.) Muta cum Liquida: Die Verbindung aus einem Plosiv (b, p; c, k, qu, g; d, t) und einer Liquida (l, r; m; n), in den Senkungen der Verse meist auch die Verbindungen sc, sq, st, sp, su (u hier als Halbvokal wie bei suadere) sowie bei griechischen Fremdwörtern sm, x, z, ps, führt in der lateinischen Metrik nicht zur Bildung einer Positionslänge. Auch von dieser Ausnahmeregel gibt es jedoch Ausnahmen. Entscheidend ist neben der genauen Konsonantenkombination auch die Stellung der Muta cum Liquida. Wenn die Liquida ein -l- oder ein -r- ist (in der Griechischen Metrik auch eine der anderen Liquida, -m- oder -n-), kann je nach Bedarf die betroffene Silbe lang oder kurz gemessen werden.
hier mit Extrembeispiel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lateinisc ... rze_Silben
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon iurisconsultus » Do 24. Mär 2022, 12:51

Ich nutze Laptops Quantitäten-Frage, um selbst eine zu stellen, noch dazu eine grundlegende :D :

Bspw sind vivāmus und amēmus naturlang. Ich verstehe leider nicht, wie ich das wissen kann, denn im Wörterbuch sind nur die Stammformen verzeichnet. Mit der Pänultima-Regel komme ich ja nicht weiter, denn die Betonung fußt auf der Quantität und nicht umgekehrt, oder :?
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon Laptop » Do 24. Mär 2022, 12:57

Ja, das mag ja sein, aber ich lese als Beschreibung des Macronizers 'This automatic macronizer lets you quickly mark all the long vowels in a Latin text.' Da steht deutlich dass es lange Vokale sind? Also ist die Beschreibung falsch? Positionslänge mag ja sein, hat aber mit Vokalen nichts zu tun, denn positionslang ist immer nur die Silbe nie der Vokal. Ich sehe dieses Prinzip immer wieder mißverstanden. Naturlänge ist das Gegenteil von Positionslänge, aber beide Termini beziehen sich nur auf Silben, der Macronizer spricht von Vokallänge, worum es mir auch geht.
Zuletzt geändert von Laptop am Do 24. Mär 2022, 13:17, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon marcus03 » Do 24. Mär 2022, 13:02

iurisconsultus hat geschrieben: denn die Betonung fußt auf der Quantität und nicht umgekehrt, oder :?

Betonte Silben sind lang.
Wer den "Sound" drauf hat, ist hier im Vorteil.
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon iurisconsultus » Do 24. Mär 2022, 14:18

Mir ist klar, dass für die Quantitäten einige “Faustregeln“ existieren, die naturgemäß mehrfach durchlöchert sind, aber wo es selbst diese nicht gibt und mir aufgrund der Flexion obendrein das Wörterbuch keine Hilfe bietet, bleibt anscheinend nur das Auswendigwissen oder - bei Versen - das indirekte Erschließen, was aber das Wissen um das vorliegende Versmaß erfordert und mir selbst dann nicht bei jedem Vers gelingt.

Liege ich da richtig?
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon iurisconsultus » Do 24. Mär 2022, 14:23

Laptop hat geschrieben:Also ist die Beschreibung falsch?

Ja, das würde ich so sehen! Wenn du ein Programm findest, das tatsächlich die Naturlängen auswirft, sag‘s mir bitte. :wink:
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon Tiberis » Do 24. Mär 2022, 15:37

Laptop hat geschrieben:wann die Vorsilbe re- ein langes e hat und wann nicht

Die Vorsilbe re- (in der Bedeutung "zurück-") hat grundsätzlich ein kurzes e. Als Ausnahme fällt mir jetzt eigentlich nur re-ligio ein, wo das e, wohl aus metrischen Gründen, mitunter gelängt wird.
re-fert (langes e) gehört nicht hierher, da re- auf res zurückgeht.
iurisconsultus hat geschrieben:Bspw sind vivāmus und amēmus naturlang. Ich verstehe leider nicht, wie ich das wissen kann

Wenn bei mehrsilbigen Wörtern die Paenultima betont ist, ist sie auch lang (und umgekehrt ;-) ).
Wenn man allerdings nicht weiß, wie z.B. amemus betont wird, hilft nur noch Auswendiglernen. :D
Was die Endungen der Nomina und Verben betrifft, sind die Regeln durchaus überschaubar.
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon iurisconsultus » Do 24. Mär 2022, 16:38

Tiberis hat geschrieben:Wenn bei mehrsilbigen Wörtern die Paenultima betont ist, ist sie auch lang (und umgekehrt ;-) )

Ich danke dir für die marginale Erhellung zum Verhältnis Betonungsregel und Quantität, die spöttelnden Zwischentöne gnädig überlesend :wink:. Kurze Apologie meinerseits: Die genannten Wörter waren nur Platzhalter, die sogar ich intuitiv richtig betone, aber ich war auf der Suche nach einer Handreichung. :wink:
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon Laptop » Do 24. Mär 2022, 17:22

Freue mich über Tiberis' Antwort, damit ist es für mich klar. So hatte ich es auch im Bauchgefühl, aber bisher mit Unsicherheit.
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon Tiberis » Do 24. Mär 2022, 21:19

iurisconsultus hat geschrieben:die spöttelnden Zwischentöne gnädig überlesend

naja, mit der "marginalen Erhellung" hast du das ja elegant pariert :D .
Aber Spaß beiseite: Wie sollte so eine "Handreichung" aussehen? Sicher lassen sich alle diese Naturlängen sprachwissenschaftlich begründen und erklären. Aber es ist wohl einfacher, sich jene Endungen bzw. Ableitungssuffixe zu merken, in denen die Paenultima einen naturlangen Vokal hat.
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon iurisconsultus » Do 24. Mär 2022, 22:39

Tiberis hat geschrieben:Aber es ist wohl einfacher, sich jene Endungen bzw. Ableitungssuffixe zu merken, in denen die Paenultima einen naturlangen Vokal hat.


gratias tibi ago maximas!

So werde ich das machen.

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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon ille ego qui » Fr 25. Mär 2022, 10:21

Tiberis hat geschrieben:
Laptop hat geschrieben:wann die Vorsilbe re- ein langes e hat und wann nicht

Die Vorsilbe re- (in der Bedeutung "zurück-") hat grundsätzlich ein kurzes e. Als Ausnahme fällt mir jetzt eigentlich nur re-ligio ein, wo das e, wohl aus metrischen Gründen, mitunter gelängt wird.


Darf ich das korrigieren?
Nicht das e wird gelängt, sondern die Silbe (Positionslänge).

https://latin.packhum.org/search?q=rellig

Servius semper audiendus! :D
(Die metrischen Gründe macht auch er geltend.)

Gerade frage ich mich, ob zu metrischen Zwecken - statt der Längung des l - auch die Möglichkeit bestünde, das i konsonantisch zu lesen. Ich meine, das bei Wörtern auf -io vereinzelt schon gesehen zu haben ...?
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
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ut quamvis avido parerent arva colono,
gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis
arma virumque cano ...
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Re: Vokallänge in der Vorsilbe re-.

Beitragvon ille ego qui » Fr 25. Mär 2022, 11:07

Noch ein Hinweis (wahrscheinlich ist Laptop das aber ohnehin klar, aber es gehört zum Thema) :

Im Macronizer kann - je nach Einstellung - auch in einem Wort wie reicere das e lang markiert sein. Dies entspricht einer alten Wörterbuchtradition, die aber (wohl im Sinne einer pia fraus) nicht die Wirklichkeit abbildet - vielmehr wirkt das i hier doppelt (sozusagen rejicere) und es entsteht Positionslänge.
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