Lateinstudium in Leipzig, Mainz, Berlin oder Tübingen?

Fragen zur Ausbildung rund um die alten Sprachen, ihrer Geschichte und ihrer Archäologie

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Beitragvon Anachronist » Di 16. Dez 2003, 10:08

Gast hat geschrieben:Jetzt muss ich natürlich erstmal hierauf reagieren (So was werde ich mir wohl noch oft genug anhören müssen...Bin ja auch selbst Schuld... ;-) :

Latein und Allgemeine Sprachwissenschaft? Na hoffentlich findest Du damit später mal einen Job ...


Mir ist natürlich durchaus bewusst, dass meine Kombination recht exotisch und wenig "arbeitsmarktorientiert" ist, aber ich habe mir hierzu natürlich gründlich Gedanken gemacht:

Macht es Sinn, ein Massenfach wie BWL zu studieren, weil es zukunftsorientierter scheint, obwohl ich ich mich in keinster Weise dafür interessiere? Dieser Faktor würde sich dann sicher auf meine Examensleistungen auswirken und meine Berufsaussichten bestimmt nicht sonderlich verbessern...

Macht es Sinn, auf Lehramt (Latein+?) zu studieren, wenn ich mich dafür für wenig geeignet erachte? Ein guter Pädagoge würde ich mit dieser Einstellung doch sicher nicht...

Dann macht es doch eher Sinn, wenn ich die Fächer studiere, für die ich mich wirklich interessiere und begeistere und dadurch (hoffentlich) sehr gute Leistungen erbringe? Und wenn ich meine Lebenslauf dann noch durch Praktika und nette Zusatzqualifikationen verschönere, müsste ich doch ebensogute Chancen haben wie ein mittelmäßiger BWL-Student? ;-)

Außerdem bezweifle ich, dass Latein im Magisterstudiengang mit einem anderen Fach wesentlich besser kombiniert würde (im Hinblick auf spätere Berufschancen)- ist doch die theoretische Ausrichtung, die eben gerade nicht für einen bestimmten Beruf qualifiziert, das grundlegende "Problem" des Magisterstudiengangs... Warum also nicht die Kombi "Latein + allgemeine Sprachwiss." ? Es muss doch auch Leute geben, die so was studieren, oder nicht? ;-)



Ich kann leider nichts dazu sagen, wo du studieren kannst, was du studieren willst, aber: mit oben Zitiertem hast Du vollkommen recht! Ich könnte viel darüber schreiben aber ich denke du hast gesagt, was zu sagen war ;)


@RM: Sprachwissenschaften und Latein können einem mehr bedeuten und mehr bringen als ein hobby. Und man kommt in solchen Bereichen einfaach weiter, wen man sich ihnen wirklich widmen kann, als wenn man es nur nebenbei und ohne Führung betreibt. Unis sind doch keine Berufsakademien, oder sollten zumindest keine sein.

ein Student der Witschaftshochschule Mannheim ( ;) )

Ana

PS: Komm nach Mannheim, du klingst sympathisch :D
PPS: Zwei Dinge sind allerdings wirklich wichtig :
1. Die richtige Uni (NICHT Mannheim !!!)
2. Du wirst wirklich gut werden müssen. Leider ist es so, dass man eben irgendwie irgendwann Marktfähig sein muss, um auch mal auf eigenen Füßen zu stehen. Und das geht mit dieser Fächerkombination nicht anders. Du klingst aber nicht wie jemand, der studieren will, um eine ruhige Kugel schieben zu können und deshalb Fächer angekreuzt hat, die rigendwie interessant klingen.

NACHTRAG: Ein sehr guter Freund von mir studiert Philosiphie in Berlin. Wenn Du willst, frag ich ihn, ob ich dir seine E-Mail oder Telefonnummer geben kann. Er ist vor 2 Jahren hingezogen und hat mittlerweile sicherlich einen guten Eindruck von der Athmosphäre und den Studienbendigungen in Berlin. Außerdem würdest du gleich jemanden kennen, falls du nach Berlin gehen würdest ;)
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Beitragvon [shuttle-cock] » Di 16. Dez 2003, 11:36

Gast hat geschrieben:@ shuttle-cock: Verrätst du mir deine Fächerkombination?


ich studiere an der Hu Latein als erstes Magisterhauptfach und Geschichte als 2. Hauptfach an der Technischen Universität Berlin (TU).
in die semel bis ter quater
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Beitragvon psittacus » Di 16. Dez 2003, 16:24

@ peregrinus: In Münster muss man laut der Magisterprüfungsordnung ein Hauptfach mit zwei Nebenfächern kombinieren...

@ anachronist: Wäre nett, wenn du deinen Freund fragen würdest, allerdings wäre mir die Mailadresse lieber als die Telefonnummer, ich telefoniere nämlich nicht so gerne mit wildfremden Menschen... ;-)
psittacus
 

Beitragvon Anachronist » Di 16. Dez 2003, 20:16

Ich frag ihn mal ;) Kann aber eine Weile dauern. Er überprüft seine Mails immer im Wochentakt und seine Tel. ändert sich dauernd ;)

Ana
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Beitragvon Apollodorus » Di 16. Dez 2003, 21:21

@ Anachronist:
Darf man fragen, was du studierst? :)
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Beitragvon Anachronist » Di 16. Dez 2003, 23:48

Philosophie/Germanistik/Soziologie ;)...auf Magister

Ana
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Beitragvon Anachronist » Mi 17. Dez 2003, 03:03

Email-Adresse sollte in deinem posteingang sein ;)

ana
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Beitragvon Chrysostomus » Sa 20. Dez 2003, 23:54

Ich kann Münster wärmstens empfehlen: Schöne Stadt, schöne Uni und ein sehr ordentlicher Fachbereich Latein.

Zum Beitrag von RM: Man musste schon verschiedentlich von ihm lesen, dass man doch bitteschön Jurist werden solle, damit einen Haufen Geld verdienen könne und man dann Latein, Griechisch, Geschichte und wahrscheinlich noch zehn andere Fächer mal eben so nebenbei als Hobby machen könne (um sie dann wahrscheinlich genausogut und noch besser zu beherrschen als ein Profi...).

Dieser aus meiner Sicht denn doch verfehlten und auf mich ein wenig arrogant wirkenden Ansicht muss man denn doch ein wenig entgegentreten. Auch der engagierteste Hobbylatinist oder -gräzist wird in seiner denn doch irgendwie begrenzten Freizeit nicht in dem Umfang Einblicke in das Fach gewinnen können, wie es ein klassischer Philologe kann. (Für ein Forum wie dieses mag es freilich noch reichen...). Trotzdem möchte man hier diesen Eindruck erwecken, dass man diese Wissenschaften mal ebenso nebenbei betreiben könnte.

Außerdem - wenn ich ein wirklich engagierter Jurist oder sonstwie karriereorientiert, also mit hohem Zeitumfang, tätig bin - dann werde ich kaum das bisschen Freizeit, was mir bleibt, in das Studium lateinischer Literatur verwenden, sondern mir - wenn ich denn nicht ganz und gar intellektuell-durchgeistigt leben möchte, irgendeinen Ausgleich suchen, also Sport treiben, Skat (oder Golf) spielen, ins Theater gehen, aber nicht stundenlang über philologischen Problemen brüten. Woher sollte ich als vielbeschäftigter Mensch ((womöglich mit Familie) auch diese Zeit nehmen?

Ich merke bei mir selbst, dass es mir kaum möglich ist, bei dem für meinen Beruf notwendigen Aufwand mich mal eben abends hinzusetzen und so nebenbei mal eben ein paar Seiten Griechisch zu lesen - obwohl ich es studiert habe - , da fehlt dann nach einem harten Arbeitstag eben die Energie und die Motivation (geschweige denn, dass ich mir Jura als Hobby nähme, wie der Jurist es mit Latein machen sollte), ich gehe dann lieber Musik machen oder Skat spielen, oder schaue Fernsehe oder gehe ins Internet - auf jeden Fall abschalten und entspannen.

Warum sollte der Jurist oder Manager mit einem eben so erfüllten ARbeitsleben es da anders machen (wollen)?

Wenn ich mich also wirklich INTENSIV mit den Fächern beschäftigen möchte, dann muss ich sie schon studieren und später auch berufsmäßig in ihnen tätig sein. Allerdings hat RM Recht, wenn er auf die Berufsperspektivne verweist. Natürlich muss man schon ein wenig darauf schauen, dass man später mit dem Erlernten auch seine Brötchen verdienen kann. Ist bei den Geisteswissenschaftlern traditionell schwieriger und bei der Kombination von Psittacus wohl eher ungünstig. Daher noch einmal die Überlegung, ob man nicht doch das Lehramt in ERwägung ziehen möchte. Man hat hier attraktive Rahmenbedingungen (ordentliches Gehalt, relativ freie Zeiteinteilung, lange Ferien, keine Vorgesetzten im eigentlichen Sinne, interessante Aufgabe) und vor allem: Man kann kann sich auch tagtäglich mit Latein (bzw. den anderen Fächern, die man studiert hat) beschäftigen, was du in anderen Berufen, die irgendwie auf deinem Magister aufbauen wohl nicht nicht in dem Umfang wirst tun können.
Chrysostomus
 

Beitragvon RM » So 21. Dez 2003, 02:28

Heus Chrysostome!

Danke für die Antwort! Ich gebe zu, daß ich kein Jurist geworden bin - aber auch kein Berufsaltphilologe. Aber es gibt durchaus Juristen, die Latein als Hobby betreiben (da kenn ich 'n paar), ebenso Mediziner, Architekten, Werbefachleute usw.
Zu den zahlreichen Latein-"Events" (Lateinwochen etc.) kommen z.B. Leute aus allen möglichen Berufsgruppen - nur Lateinlehrer sind chronisch unterrepräsentiert. Da hätte ich schon mal gerne gewußt, woran das liegt. Wahrscheinlich daran, daß Lateinlehrer halt andere Hobbies als Latein haben, z.B. nach Südfrankreich in den Urlaub zu fahren (sorry, aber das mußte sein ;-) )
Aber sind wir mal ehrlich: Es ist ja normalerweise nicht so, daß Lehrer in der Schule Latein wirklich als "Wissenschaft" betreiben und an irgendetwas forschen, Bücher darüber schreiben etc. Nein. Es werden eher ziemlich bekannte Dinge durchgenommen und ein wenig Lektüre gelesen. Zeit für größere Vertiefungen bleibt da kaum. Natürlich gibt es immer wieder brillante Schüler, mit denen es Spaß macht zu arbeiten (die werden dann später z.B. Juristen ...), aber solche Ereignisse sind wohl eher selten. Insofern ist das Lateinlehrer-Dasein sicher auch nicht wesentlich aufregender als das Juristen-Dasein (korrigiert mich bitte, wenn ich was Falsches sage ... ;-) )
Was das Studium betrifft, so sollte man schon eine gewisse Meinung davon haben, was man nach dem Studium zu tun gedenkt, auch wenn dann doch alles ganz anders wird. Bei den philologischen Fakultäten wird in den nächsten 3-5 Jahren wahrscheinlich eher gespart werden, vor allem am Personal. Hier in Bayern soll z.B. das Gymnasium von 9 auf 8 Jahre gekürzt werden. Die Konsequenz daraus ist, daß rein rechnerisch ca. 10% weniger Lehrer benötigt werden. Die Ausweichjobs werden im Moment auch langsam knapp. Zusätzlich zu Latein und Sprachwissenschaften würde ich daher unbedingt noch ein paar moderne Fremdsprachen lernen (z.B. Chinesisch, Koreanisch oder Arabisch) und mich nicht auf eine ganz bestimmte Fächerkombination versteifen. Wichtig ist eher, daß das universitäre Umfeld stimmt.
:) RM
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Beitragvon Anachronist » So 21. Dez 2003, 17:00

Moin,

Es ist leider wahr, dass die Gesiteswissenschaften und die Förderung derer, die sich für solche interessieren, einen immer schlechteren Stand haben. Berufsorienteirte, praxisnahe Ausbildung wird groß geschrieben...auch an den Universitäten. Dies kann aber kein Grund sein vor den Geisteswissenschaften zurückzuschrecken. Im Gegenteil. Nur solche, die den immer steiniger werdenden Weg trotzdem noch einzuschlagen wagen und ihn meistern, können auch zukünftig daran erinnern, wie wichtig und wie unglaublich wertvoll es ist, dass wir Menschen in unserer Gesellschaft einen solchen Weg überhaupt ermöglichen. Es wäre unsagbar traurig, wenn es soweit kommt, dass die wenigen Menschen, deren Interesse in solchen Bereichen liegt und die die Fähigkeit mitbringen sich in ihnen zu bewähren auf Grund schlechter werdender Rahmenbedingungen in andere Bereiche gedrängt würden und ihre Leidenschaft als Hobby betreiben müssten. Lebendiges Latein, philosophische Erkenntnisse und Fragestellungen leben davon, dass sie von Generation an Generation weitergereicht und lebendig gelehrt werden. Nimmt man einer Generation diese Möglichkeit, nimmt man den folgenden die Lehrer. Das ausgerechnet hier die Stelle ist, an der man meint kürzen zu müssen, dass dies der Punkt ist, der im Angesicht schwindender finanzieller Mittel als am wenigsten wetvoll erachtet wird, finde ich traurig (Das Dieter Bohlen in einem halben Jahr vermitlich genug verdient, um meiner Uni zwei Lehrstühle für Philosophie zu finanzieren entsetzlich :/ ).

Ich halte das Lehramt übrigens wirklich nicht für die schlechteste Alternative. Es gibt einige Lehrer, die es schaffen neben dem Schulbetrieb aktiv genug zu sein, dass sie immer noch wissenschaftlich publizieren können (Fragt mich jetzt nicht wie sie heißen. Sind auf der ehemaligen Schule eines Freudnes von mir ;) ). Man sollte sich nur vorher bewusst machen, dass man als Lehrer auch einmal lehren wird und dies auch wollen.

Ana
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Beitragvon RM » So 21. Dez 2003, 20:32

Moin moin,

alles sehr richtig, keine Frage. Es ist nur leider so, daß gerade in den "kapitalistischen" Gesellschaftsformen die Rangordnung der Wichtigkeiten so angelegt ist, daß das Geld verdienen an erster und das Geld wieder ausgeben an zweiter Stelle steht.
Ich selbst wundere mich immer, wie gering das Interesse bei Nicht-Geisteswissenschaftlern an den Ergebnissen der Geisteswissenschaften ist und wie viele Leute es vorziehen, ihren Urlaub auf den Seychellen zu verbringen als römische und griechische Ruinen zu besichtigen. Bei diesen Leuten wird man auf wenig Gegenliebe stoßen, wenn man ihnen vorschlägt, einen Teil der ach so schwer verdienten Steuergelder für ein paar geisteswissenschaftliche Lehrstühle auszugeben.
Was in Europa nicht sehr ausgeprägt ist, ist ein entsprechendes Mäzenatentum wie in den USA oder im alten Rom. Es ist ungeheuer schwer, Spenden zur Finanzierung lateinischer oder griechischer Aktivitäten zu bekommen. Aber wie antwortete Diogenes auf die Frage, warum man Bettler beschenkt, aber keine Philosophen: "Weil sie damit rechnen, selbst lahm und blind zu werden. Aber ein Philosoph zu werden, damit rechnet niemand." (Diogenes Laertios 6, 56)
:) RM
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Beitragvon Anachronist » Di 23. Dez 2003, 01:12

RM hat geschrieben: Aber wie antwortete Diogenes auf die Frage, warum man Bettler beschenkt, aber keine Philosophen: "Weil sie damit rechnen, selbst lahm und blind zu werden. Aber ein Philosoph zu werden, damit rechnet niemand." (Diogenes Laertios 6, 56)
:) RM


Sehr schöner Satz - Und da wäre wir schon wieder beim Wert der Philosophie: Jahrtausende alt und immer noch wahr ;)

In diesem Sinne

Ana
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Beitragvon psittacus » Mi 24. Dez 2003, 15:11

Da habe ich ja nun wieder eine schöne Grundlagendiskussion ins Rollen gebracht... ;-)
Wie dem auch sei, ich sag´euch Bescheid, wenn ich mich für eine Uni entschieden habe, aber bis dahin wünsche ich euch allen erstmal frohe Weihnachten...
psittacus
 

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