Alternativen zum Lehramt

Fragen zur Ausbildung rund um die alten Sprachen, ihrer Geschichte und ihrer Archäologie

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Alternativen zum Lehramt

Beitragvon Sinistra » Mi 27. Jun 2007, 18:35

Salvete!

Habe beim groben Durchschauen des Forums noch kein entsprechendes Thema gefunden, falls es das doch bereits gibt, bitte einfach die entsprechende URL dazu.

Nun aber zu meiner Frage: Da ich großen Spaß an Latein habe (das aber leider in der Jahrgangsstufe 13 nicht mehr haben werde), würde ich das, wie viele sonst auch hier, gern studieren. Nun ist es aber so, dass ich nicht unbedingt auf Lehramt studieren möchte (eine gewisse Abneigung gegen Kinder ist ausschlaggebend dafür). Daraus ergibt sich die Frage: was kann man heutzutage noch mit einem Lateinstudium anfangen, welche Kombinationsmöglichkeiten gibt es und wo gibt es halbwegs gute Arbeitsmöglichkeiten? Bisheriges Googeln hatte da nicht viele Ergebnisse geliefert.

Wäre dankbar für Anregungen.
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Beitragvon Latein-Fan » Mi 27. Jun 2007, 22:24

Mit einem Lateinstudium kann man so ziemlich alles machen:

du könntest in eine Bibliothek gehen, vl. an der Uni arbeiten (als freier Wissenschafter), als Publizist, in kirchlichen Gefielden, aber auch locker ein anderes Studium nebenher machen - wer Latein schafft, schafft andere Studien auch. Latein alleine würde ich dir nicht empfehlen.
Am besten kombinierst du das Studium mit alter Geschichte oder Griechisch oder Kunstgeschichte oder Musik, oder auch mit anderen, eher unkonventionelleren Fachgebieten. Und wenn du einen fachfremden Beruf ergreifen musst, ist das doch auch halb so schlimm, da du dir nach einem Lateinstudium selbst bewiesen hast, dass du es einfach draufhast! :)

Soweit von meiner Warte, andere Meinungen gerne erbeten!

es grüßt,
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Beitragvon Stentor » Mi 27. Jun 2007, 23:13

Laß' Dir von einem, der im Moment ausschließlich die Lateinische Philologie auf Diplom studiert, sagen: Ohne die Fähigkeit zu (mehr oder weniger mutwilliger) Realitätsverkennung sollte man sich nicht darauf einlassen. ;) "Locker" andere Studien neben der Philologie betreiben zu können, wie Latein-Fan das vorschlägt, halte ich für sehr optimistisch gedacht.
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Beitragvon Apollimagine » Fr 29. Jun 2007, 16:47

@Sinistra:
Du sprichst mir aus der Seele!
Ich würde auch unheimlich gerne Latein (und Altgriechisch) studieren, habe aber absolut keinen Bock auf diese Bratzen. Ich interessiere mich daneben sehr für Englisch und Japanisch und wollte eigentlich auch gern Dolmetscherin für diese Sprachen werden, aber eben auch die klassischen Sprachen studieren, weil ich sie einfach liebe. Meine Berufsberaterin meint, es sei utopisch, beides gleichzeitig studieren zu wollen. Meine Mutter redet immer von einer Dozentenstelle für klass. Sprachen an der Uni, als ob so etwas so leicht zu bekommen sei. Ich würde schon gerne unterrichten, aber eben eher in Richtung Erwachsenenbildung als Schulkinder, aber gibt es überhaupt einen Markt für Latein und Altgriechisch für Erwachsene? Gibt es Kurse für klass. Sprachen an der Volkshochschule, so dass ich dort vielleicht eine Stelle bekommen könnte? Hat jemand einen Rat, wie ich meine Wünsche irgendwie vereinbaren könnte?

~Apollimagine

(Tut mir leid, dass ich jetzt deinen Thread dafür genommen habe, Sinistra, aber ich wollte keinen neuen erstellen, da es zum Thema passt.)
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Beitragvon CP » Fr 29. Jun 2007, 17:10

Hallo Apollimagine,




Apollimagine hat geschrieben:Gibt es Kurse für klass. Sprachen an der Volkshochschule, so dass ich dort vielleicht eine Stelle bekommen könnte?


Ja, gibt es. Allerdings mir nur für Latein bekannt. Aber leben wirst Du davon nicht können. Ich weiß wovon ich rede. Ich machte ein paar Semester lang Vorträge an der VHS - im Fach Baugeschichte. Mehr als ein Taschengeld springt dabei nicht heraus.

Grüße Claus Peter
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Beitragvon Eteokles76 » Fr 29. Jun 2007, 20:13

Was spricht dagegen sich als Sprachenlehrer selbständig zu machen? Jedes Semester gibt es tausende von Studenten, die das Latinum nachmachen MÜSSEN und sogar bereit sind dafür tausende von Euro für so einen crashkurs hinzublättern.
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Beitragvon Medus » Fr 29. Jun 2007, 22:52

Man kann ja nach solch einem Studium nicht nur einen direkt philologischen Beruf ergreifen, man kann ja auch z. B. im Bereich des Kulturjournalismus, in Museen mit antiken Ausstelungsstücken, anderen Institutionen im Bereich Kultur oder Verlagen, Medien, etc. tätig werden ...
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Beitragvon Latein-Fan » Fr 29. Jun 2007, 23:15

Dazu sollte man vl. schon während des Studium Praktika absolvieren.

Hm, interessant wäre, wie sich das gestalten liese - am besten einfach mal im Museum anrufen...

Bei den Verlagen ist halt extrem viel Selbständigkeit nötig, und da auch nur auf Zeit. Ohne Doktorat würde ich nicht so ohne weiteres für eine wiss. Publikation schreiben. Die Naturwissenschafter haben doch ihr "Science" - gibts sowas auch für "uns" ?

Was meint ihr?
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Beitragvon Eteokles76 » Sa 30. Jun 2007, 14:04

man kann ja auch z. B. im Bereich des Kulturjournalismus, in Museen mit antiken Ausstelungsstücken, anderen Institutionen im Bereich Kultur oder Verlagen, Medien, etc. tätig werden ...


Mann kann, bzw. man KÖNNTE, wenn man denn eingestellt WÜRDE. Die Konkurrenz in dem Bereich ist allerdings überwältigend und als Berufsanfänger hat man erstmal kaum eine Chance. Man muss viele Praktika/Volontariate und am Liebsten 3-4 Jahre Berufserfahrung mitbringen (wenn man von der Uni kommt) um überhaupt erstmal für voll genommen zu werden auf dem Arbeitsmarkt. In der Realität schaut es nun so aus, dass man selbst mit moderner Philologie plus diverser Zusatzqualifiaktionen in der Arbeitswelt nicht gerade mit offenen Armen empfangen wird. Einzig Latein zu studieren und dann darauf hoffen, dass man in einem Verlag oder Museum unterkommt, halte ich für sehr gewagt. Man sollte sich auf jedenfall noch irgendwie zusätzlich qualifizieren, am Besten was in Richtung kaufmännische Tätigkeit/BWL/IT und/oder moderne Sprachen... wo eben so die Interessen liegen, dann sehen die Chancen schon wesentlich besser aus. Natürlich nur sofern man sich mit einer Tätigkeit als Lateinlehrer nicht anfreunden kann. In jedem Fall sollte man aber das studieren, was einem Spaß macht.
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Beitragvon Sinistra » Sa 30. Jun 2007, 14:43

Also ... angenommen, ich würde nun Latein und dann noch Archivwesen oder ähnliches (ich meine, einen solchen Studiengang mal gesehen zu haben) studieren, würde ich vielleicht relativ gut in einer Bibliothek oder einem Archiv unterkommen? Wenn ja, kann man davon überhaupt leben oder sollte man als Zweites etwas anderes studieren bzw. eine Zweittätigkeit suchen?
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Beitragvon Apollimagine » Sa 30. Jun 2007, 14:49

Vielen Dank für eure Antworten!

Also, was ich unheimlich gerne machen würde, ist Lehrbücher für Latein und Altgriechisch zu schreiben, die nicht diesen "Ihr lernt Latein, um antike Autoren zu übersetzen"-Ansatz verfolgen, sondern die Latein wie eine moderne Fremdsprache vermitteln, also eine Art "Ihr lernt Latein, um zu kommunizieren und antike Autoren zu verstehen"-Ansatz.
Ich interessiere mich auch für Politik und Wirtschaft, was gibt es da für Anlaufstellen, bei denen ich dolmetschen könnte? Gibt es Unternehmen, die ihre eigenen Dometscher angestellt haben oder sind Dolmetscher immer freiberuflich tätig? Ich hätte schon lieber einen sicheren Arbeitsplatz... :sad:

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Beitragvon christianus » Sa 30. Jun 2007, 15:30

Ich verstehe nicht ganz, wie du Lehrbücher schreiben willst, wenn du nicht Lehrer werden willst. Du musst doch eine Ahnung haben, wie das von Schülern aufgenommen verstanden und verarbeitet wird, oder seh ich das jetzt komplett falsch? Auf jeden Fall ist es immer schwer, irgendwas mit dem Thema Latein als Sprache zu publizieren und davon leben zu können.
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Beitragvon Eteokles76 » Sa 30. Jun 2007, 15:44

christianus hat Recht, wenn Du Lehrbücher für Latein erstellen willst, musst Du auf Lehramt studieren und den ganzen Didaktik-Krams über Dich ergehen lassen. Zumindest hab ich von den renommierten Verlagen (CC Buchner, Langescheidt) für solche Positionen bisher immer nur die Suche nach Lehramts-Kandidaten gesehen.

Dann schreibst Du, dass Du gerne Dolmetscher werden möchtest. Das ist ja wieder eine völlig andere Baustelle. Um Dolmetscher zu werden, musst Du erstmal einen BA in Übersetzen machen und anschließend einen Master in Dolmetschen (z.B. in Germersheim oder Heidelberg). Angeblich gibts irgendwo auch einen BA für Dolmetschen, mit ein bißchen gugulando wirst Du schnell zum Ziel kommen. Das SDI in München ist auch sehr renommiert. Mit Latein hat das dann allerdings garnix mehr zu tun :? Als Dolmetscher kannst Du (bzw. könntest Du) bei der EU arbeiten (wenn Du den superharten concours durchstehst), beim Bundessprachenamt, beim BND oder z.B. bei einem Gericht. Wenn Du gut bist, sind die Verdienstmöglichkeiten EXTREM gut (300-600 €pro Einsatz sind üblich), allerdings muss man bei dieser Arbeit sehr konzentriert und extrem stressresistent sein. Auch Übersetzeragenturen vermitteln oft Dolmetscher, meist arbeitest Du also freiberuflich und kriegst dann Deinen Auftrag von einer Agentur.
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Beitragvon Apollimagine » Sa 30. Jun 2007, 16:08

christianus hat geschrieben:Du musst doch eine Ahnung haben, wie das von Schülern aufgenommen verstanden und verarbeitet wird, oder seh ich das jetzt komplett falsch?

Du hast Recht, eigentlich habe ich auch keine Ahnung von Didaktik. Dennoch denke ich, dass ich gut einschätzen kann, wie jemand lernt und Verbindungen innerhalb eines Sprachsystems erkennt und herstellt (ich hab mir Latein im Selbststudium beigebracht und konnte diesen Prozess an mir selbst mitverfolgen). Ich würde auch eher aufs Selbststudium ausgelegte Werke schreiben wollen als Schulbücher. Oder meint ihr, dass ich mir zu viel zutraue und das Ganze lieber studierten Lehrkräften überlassen sollte? :sad:


Eteokles76 hat geschrieben:Das SDI in München ist auch sehr renommiert.

Ja, ich kenne das SDI, aber da kann ich doch, soweit ich weiß, nur Chinesisch machen und nicht Japanisch, oder?


Eteokles76 hat geschrieben:Mit Latein hat das dann allerdings garnix mehr zu tun :?

Was ist daran so verwunderlich? :?


Eteokles76 hat geschrieben:Als Dolmetscher kannst Du (bzw. könntest Du) bei der EU arbeiten (wenn Du den superharten concours durchstehst), beim Bundessprachenamt, beim BND [...]

Bei der EU zu arbeiten klingt nicht schlecht, aber was ist der BND?

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Beitragvon CP » Sa 30. Jun 2007, 17:15

Hallo Apollimagine,

Apollimagine hat geschrieben:Ich würde auch eher aufs Selbststudium ausgelegte Werke schreiben wollen als Schulbücher.


So sehr ich solche Werke begrüßen würde, so wenig glaube ich, daß ein Markt dafür da ist.

Ich bin aber auch der Meinung, Du solltest bei der Wahl Deines Studiums Deinen Neigungen folgen.

Ein Freund finanzierte fast sein gesamtes Studium der Altphilologie durch Hachhilfe in Latein. Griechisch und Englich. Natürlich schadet solch ein Engagement dem eigenen Studium, aber im Falle meines Freundes funktionierte es.

Ich selbst biete u. a. die Transkription in Deutscher Kurrent geschriebener Archivalien in unser modernes lateinisches Alphabet an und habe deshalb in vielen Archiven meine Handzettel ausliegen.

Ältere Kirchenbucheinträge aber auch kirchliche Bauakten sind lateinisch abgefasst. Da könntest Du Übersetzungen anbieten.

Über Hatz IV-Niveau wirst Du damit zwar nicht kommen, aber eine Kombination aus verschiedenen Tätigkeiten (Nachhilfe, Museen, Archive usw.) und regelmäßigen Vorstellungen bei Verlagen kann Deinen Lebensunterhalt schon sichern.

War es übrigens nicht Die Zeit, die vor Jahren mal damit kokettierte, daß viele ihrer Journalisten und Autoren von Haus aus Altphilologen seien? Ich bin mir nicht mehr sicher!

Ich denke, wenn Du entsprechend rührig bist, wirst Du schon Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Große irdische Reichtümer wirst Du allerdings wohl kaum erwerben. Aber wozu auch.

Die oben beschriebene patchworkartigeArbeitsweise wende ich übrigens, wenn auch in einem anderen Bereich, schon seit vielen Jahren an.

Viele Grüße
Claus Peter
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