Verfasst: Sa 17. Mai 2008, 15:02
Ähnlich sehe ich es mit Latein, (...), es hat bis zu einem gewissen Grad seine Berechtigung in der schulischen Ausbildung, aber es gibt viele andere Dinge, die objektiv gesehen relevanter sind.
du sagst es : wenn man die gymnasien als ausbildungsanstalten ansieht, die das zu vermitteln haben, was im späteren berufsleben einmal verwertbar sein soll, dann gibt es in der tat zahlreiche andere "relevantere dinge". nur sollte man dann diese schulen redlicherweise nicht , wie es in Österreich geschieht, als "allgemeinbildende höhere schulen" bezeichnen. unsere sogenannten "allgemeinbildenden höheren schulen" verdienen diesen namen nicht, wie ja überhaupt keine schule eine solche im eigentlichen sinne des wortes (σχολη = muße) ist, also ein bereich, in dem , procul negotiis, bildung ohne rücksicht auf deren allfällige verwertbarkeit stattfindet, mit dem einzigen ziel der freien entfaltung des individuums.
gäbe es solche schulen, dann wäre ein gediegener lateinunterricht naturgemäß unverzichtbar, da kaum ein anderer unterrichtsgegenstand den anspruch erheben kann, in ähnlicher weise allgemeinbildend zu wirken.
gäbe es solche schulen, dann müßten die an ihnen unterrichtenden lehrer und lehrerinnen folgerichtig umfassend gebildete und freie (!) persönlichkeiten sein, exempla humanitatis, nicht gehetzte und gestreßte exekutivorgane in einer gigantischen disziplinierungsmaschinerie, die nichts mit bildung gemein hat, vieles jedoch mit legebatterien und massentierhaltung.
" die meisten unserer lehrer sind armselige kreaturen, deren lebensaufgabe darin zu bestehen scheint, den jungen menschen das leben zu verrammeln und schließlich und endlich zu einer fürchterlichen deprimation zu machen. in den lehrberuf drängen ja auch nur die sentimentalen und perversen kleinköpfe aus dem unteren mittelstand. die lehrer sind die handlanger des staates, und wo es sich wie bei diesem österreichischen staat heute um einen geistig und moralisch total verkrüppelten handelt, um einen, der nichts als die verrohung und verrottung und das gemeingefährliche chaos lehrt, sind naturgemäß auch die lehrer geistig und moralisch verkrüppelt und verroht und verrottet und chaotisch. (...) " (Thomas Bernhard, Alte Meister. Frankfurt a.M. Suhrkamp 1988, S.52f)
natürlich gibt es auch unter den heutigen tristen rahmenbedingungen hin und wieder noch lehrer, die , unbeeindruckt von medialen diffamierungen, obrigkeitlichen restriktionen und juristischen fallstricken, den widrigkeiten des schulischen alltags trotzend freude an ihrem beruf haben und den schülern einiges an "wissen" vermitteln . aber diese spezies wird zunehmend seltener und ist zudem akut burnout- gefährdet. in der regel stehen heute input und output , also einsatz und erfolg, in keinem vernünftigen verhältnis mehr zueinander. die gründe hierfür sind vielfältig, und ich habe jetzt keine lust, näher darauf einzugehen. aber dass die schwierigkeiten , wissen ( von bildung will ich gar nicht erst reden) zu vermitteln, in den letzten 30 jahren erheblich größer geworden sind, wird niemand, der in diesem zeitraum unterrichtet hat, ernsthaft in frage stellen.