Verfasst: Mo 19. Mai 2008, 21:39
Seid gegrüßt, geplagte Geister und Plagegeister der Bildungssysteme!
Weiß noch jemand, wie der Titel / Anstoß lautete, bevor die Diskussion ihre Eigendynamik entwickelte?
Gratuliere, lieber Didymos, zu dem gegebenen Anstoß: Lehrer in spe mit Grundsatzproblem - LU damals. Ein Lehrer, der noch keiner ist und nicht weiß, ob er einer wird / werden soll, fragt von seinen Zweifeln geplagt, welche Meinung die älteren Semester zum Lateinunterricht bzw. zum Kenntnisstand der Lehrer / Schüler vor 100 Jahren haben, und erhebt dies zum Grundsatzproblem oder findet, man müsse sich um den Unterricht heute Gedanken machen. Da jeder in seinem Leben in irgendeiner Form mit Bildung zu tun hat, die meisten in diesem Forum eher mehr als minder aktiver Teil des Bildungssystems sind, bleiben die Stellungnahmen nicht aus. Am Anfang geht es tatsächlich noch um Latein - bald um die Universtiäten, um Bildung / Allgemeinbildung / Faktenwissen unter utilitaristischen Gesichtspunkten, um Studiengebühren etc. - kurz fast die ganze Palette der Bildungsmisere in all ihren Erscheinungsformen kommt zur Sprache.
Wenn dies deinen Zweifeln keine Abhilfe schafft, lieber Didymos, dann kann dir niemand mehr helfen. Nach aufmerksamer Lektüre der Klagen kann es für einen Zweifler nur eine Entscheidung geben: Wenn du kein hirnverbrannter, kompletter Vollidiot bist, kehrst du dem System ganz schnell den Rücken, bevor es dich vereinnahmt und auffrisst. Du machst dir tatsächlich noch Gedanken um Unterricht, was du vermitteln kannst. Es fällt schon auf bei der Vielzahl der Beiträge, welche Ursachen die Lehrenden demotivieren und desillusionieren und in den burnout treiben. Wenn ich aufmerksam gelesen habe, kommt das Problem der Disziplinlosigkeit hier höchst selten und nur am Rande zur Sprache. Ein Kind, dessen 3 Geschwister von verschiedenen Vätern stammen, das morgens allein aufsteht und ohne Frühstück zur Schule kommt - vielleicht noch die Marschverpflegung (Chips, Eistee, Cola etc.) an der nächstgelegenen Tanke in sich hineinschaufelt - hat schon gegen 8.30 Uhr nachgewiesenermaßen Probleme, deinem noch so guten Unterricht zu folgen. Und mit einer Übung zur Konjugation oder Deklination stehst du voll im Leben und im Interessensbereich des Kindes. Aber mit Latein gehörst zu den wenigen Auserwählten, die sich weniger mit Diszplinproblemen plagen, weil ihnen aufgrund der Sozialauslese (vgl. OECD-Studien) diese Kinder weitgehend erspart bleiben. Das sind übrigens die, von denen auch im aktuellen Armutsbericht die Rede ist. Habe ich es überlesen oder nur verdrängt, dass in fast jeder Klasse der eine oder andere Fall von Kindesmißbrauch vor dir sitzt oder ein Kind alle 2 Wochen von Mutter zum Psychologen geschleppt wird, um es neu einstellen (volle Dröhnung Medikamente) zu lassen, die Ergotherapien und Fettleibigkeitskurse und sonstigen Trainingskurse zur Linderung von AD(H)S nicht berücksichtigt. In dieser Umgebung werden pro Schule 50 Sozialpädagogen und 10 Lehrer gebraucht und nicht 100 Lehrer mit theoretischer Uni-Ausbildung und 1 Sozialpädagoge.
Ich selbst habe allen Lehrern - auch denen, die ich persönlich nicht mochte - etwas abgewinnen können. Jeder sollte sich zunächst fragen, wie derjenige, der vor einem steht, dahin gekommen ist. Er wird meistens finden, dass er auch Prüfungen abgelegt hat, in einer Zeit, als es ja noch härter zuging. Der Anfang ist Arbeit an sich selbst, der Lehrer weist den Weg, korrigiert, kritisiert, 'promoviert'. Wenn du es als Lehrer schaffst, den einen oder anderen ein Jahr weiter zu bringen, wenn Eltern dir sagen, dass ein Kommentar unter einer Arbeit den Sohn aufgerüttelt hat - auch nur in einem Fach -, wenn man dir dankt, dass das Kind einen noch so einfachen Schulabschluss geschafft hat, dann hast du jenseits aller lateinischen Fakten, Liebhabereien, Bildungsbeflissenheit usw. etwas im Leben bewirkt. Bei allem sollten wir nicht vergessen, wie wenig die in früheren Zeiten mit Latein geplagten Kinder - heute die gestandene Generation von 50-60 Jahren - noch von Latein weiß. Viele sagen: nach der Schule habe ich mit Latein nie mehr etwas zu tun gehabt. Na und?!
Kein Grund den Sinn des Faches in Frage zu stellen!
Die Frage, was du willst, dir zutraust, musst du entscheiden. Da hilft dir kein Forum. Zweifel sollte man vorher ablegen - solange man noch glaubt, gehen zu können. Diejenigen, die zu spät gegangen sind, konnten meist keine Entscheidung mehr treffen. Psychische oder körperliche Krankheiten erledigen das von selbst (vgl. Tiberis' Ausführungen).
Weiß noch jemand, wie der Titel / Anstoß lautete, bevor die Diskussion ihre Eigendynamik entwickelte?
Gratuliere, lieber Didymos, zu dem gegebenen Anstoß: Lehrer in spe mit Grundsatzproblem - LU damals. Ein Lehrer, der noch keiner ist und nicht weiß, ob er einer wird / werden soll, fragt von seinen Zweifeln geplagt, welche Meinung die älteren Semester zum Lateinunterricht bzw. zum Kenntnisstand der Lehrer / Schüler vor 100 Jahren haben, und erhebt dies zum Grundsatzproblem oder findet, man müsse sich um den Unterricht heute Gedanken machen. Da jeder in seinem Leben in irgendeiner Form mit Bildung zu tun hat, die meisten in diesem Forum eher mehr als minder aktiver Teil des Bildungssystems sind, bleiben die Stellungnahmen nicht aus. Am Anfang geht es tatsächlich noch um Latein - bald um die Universtiäten, um Bildung / Allgemeinbildung / Faktenwissen unter utilitaristischen Gesichtspunkten, um Studiengebühren etc. - kurz fast die ganze Palette der Bildungsmisere in all ihren Erscheinungsformen kommt zur Sprache.
Wenn dies deinen Zweifeln keine Abhilfe schafft, lieber Didymos, dann kann dir niemand mehr helfen. Nach aufmerksamer Lektüre der Klagen kann es für einen Zweifler nur eine Entscheidung geben: Wenn du kein hirnverbrannter, kompletter Vollidiot bist, kehrst du dem System ganz schnell den Rücken, bevor es dich vereinnahmt und auffrisst. Du machst dir tatsächlich noch Gedanken um Unterricht, was du vermitteln kannst. Es fällt schon auf bei der Vielzahl der Beiträge, welche Ursachen die Lehrenden demotivieren und desillusionieren und in den burnout treiben. Wenn ich aufmerksam gelesen habe, kommt das Problem der Disziplinlosigkeit hier höchst selten und nur am Rande zur Sprache. Ein Kind, dessen 3 Geschwister von verschiedenen Vätern stammen, das morgens allein aufsteht und ohne Frühstück zur Schule kommt - vielleicht noch die Marschverpflegung (Chips, Eistee, Cola etc.) an der nächstgelegenen Tanke in sich hineinschaufelt - hat schon gegen 8.30 Uhr nachgewiesenermaßen Probleme, deinem noch so guten Unterricht zu folgen. Und mit einer Übung zur Konjugation oder Deklination stehst du voll im Leben und im Interessensbereich des Kindes. Aber mit Latein gehörst zu den wenigen Auserwählten, die sich weniger mit Diszplinproblemen plagen, weil ihnen aufgrund der Sozialauslese (vgl. OECD-Studien) diese Kinder weitgehend erspart bleiben. Das sind übrigens die, von denen auch im aktuellen Armutsbericht die Rede ist. Habe ich es überlesen oder nur verdrängt, dass in fast jeder Klasse der eine oder andere Fall von Kindesmißbrauch vor dir sitzt oder ein Kind alle 2 Wochen von Mutter zum Psychologen geschleppt wird, um es neu einstellen (volle Dröhnung Medikamente) zu lassen, die Ergotherapien und Fettleibigkeitskurse und sonstigen Trainingskurse zur Linderung von AD(H)S nicht berücksichtigt. In dieser Umgebung werden pro Schule 50 Sozialpädagogen und 10 Lehrer gebraucht und nicht 100 Lehrer mit theoretischer Uni-Ausbildung und 1 Sozialpädagoge.
Ich selbst habe allen Lehrern - auch denen, die ich persönlich nicht mochte - etwas abgewinnen können. Jeder sollte sich zunächst fragen, wie derjenige, der vor einem steht, dahin gekommen ist. Er wird meistens finden, dass er auch Prüfungen abgelegt hat, in einer Zeit, als es ja noch härter zuging. Der Anfang ist Arbeit an sich selbst, der Lehrer weist den Weg, korrigiert, kritisiert, 'promoviert'. Wenn du es als Lehrer schaffst, den einen oder anderen ein Jahr weiter zu bringen, wenn Eltern dir sagen, dass ein Kommentar unter einer Arbeit den Sohn aufgerüttelt hat - auch nur in einem Fach -, wenn man dir dankt, dass das Kind einen noch so einfachen Schulabschluss geschafft hat, dann hast du jenseits aller lateinischen Fakten, Liebhabereien, Bildungsbeflissenheit usw. etwas im Leben bewirkt. Bei allem sollten wir nicht vergessen, wie wenig die in früheren Zeiten mit Latein geplagten Kinder - heute die gestandene Generation von 50-60 Jahren - noch von Latein weiß. Viele sagen: nach der Schule habe ich mit Latein nie mehr etwas zu tun gehabt. Na und?!
Kein Grund den Sinn des Faches in Frage zu stellen!
Die Frage, was du willst, dir zutraust, musst du entscheiden. Da hilft dir kein Forum. Zweifel sollte man vorher ablegen - solange man noch glaubt, gehen zu können. Diejenigen, die zu spät gegangen sind, konnten meist keine Entscheidung mehr treffen. Psychische oder körperliche Krankheiten erledigen das von selbst (vgl. Tiberis' Ausführungen).