nun hier sei noch - in den abklingenden verbalen Degengefechten - eine markant-sonore Stimme voll des Eifers zu hören:
Wer den Himmel auf Erden schaffen will, baut an der Hölle. Wir sollten das Übel der Welt nicht dadurch steigern, dass man die anderen mit den eigenen Überzeugungen des Guten beglücken will, ob diese das haben wollen oder nicht.
zurück zu Paul Barie:
Der Lateindidaktiker Paul Barie konstatiert bereits in den achtziger Jahren des vergangenen
Jahrhunderts, dass die Didaktik des Lateinischen bei der Legitimation ihres Faches auf verschiedene
Dilemmata stößt. Eines dieser Dilemmata beschreibt er wie folgt:
Die , Tugenden' von Latein sind- wie alle Tugenden- einseitig und dominierend Wo Sprach. und Textreflexion im Mittelpunkt stehen, ist , kognitiver Überhang' unvermeidbar; es fehlt also
an Handlungsbezogenheit und Spontaneität, an Leichtigkeit und Kreativität, an Abwechslung
und oft auch an Humor (des Gegenstandes und seiner Vermittlung), und mögen solche Vorwürfe
auch überzeichnen, so treffen sie doch eine fachtypische Eigenart, die nie ganz ausgeglichen
werden kann: Trotz altphilologischem Kreativitätstraining wird Latein schwer bleiben, wenn es
weiterhin eine gründliche sprachliche und literarische Elementarbildung vermitteln soll. Die
Frage stellt sich nun, ob dieses reflexionslastige Fach künftig noch gesellschaftlich erwünscht
ist: Wieweit wird man akzeptieren, daß man an einer toten Sprache Vokabeln, Grammatik und
Übersetzungstechnik lernt [ ... ] ?
Nehmen Sie in knapper, konzentrierter Form
Stellung zu dem oben beschriebenen Dilemma des Lateinunterrichts und erläutern Sie, mit welchen fachdidaktisch tragfähigen Argumenten sich der gymnasiale Lateinunterricht gegenüber einer Gesellschaft, in der die Akzeptanz von "reflexionslastigen" Fächern abzunehmen scheint, rechtfertigen lässt!
Ich halte eine solche Examensfrage für absolut legitim, sogar wenn sie "perfide" sein sollte.:
a)
Selbstverständlich hatte sich die Altphilologie spätestens seit dem Aufkommen des Realgymn
asiums im 19. Jhd. immer wieder mit Nützlichkeitsargumenten auseinanderzusetzen. Da dann von indiskutabler Zeitgeisthörigkeit zu sprechen ist eine schwache Abwehr mit starken Bumerangeffekten.
b)
Eine eingehendere Argumentation der These von der Reflexionssprache Latein, den Vorzügen einer dementsprechenden didaktischen Orientierung und den parallel möglichen kommunikativen "Lockerungen" allzu starrer Konzepte lässt sich gut
und überzeugend in einer essaynahen Antwort formulieren.