von Chrysostomus » So 11. Jan 2004, 11:54
Zitat Aedil: "Tiberius= Gaius Julius Caesar Germanicus"
Zitat Suetonius: "ganz nebenbei der sohn des legendären Germanicus!"
Unsinn! - Ein Blick in die nicht ganz unkomplizierte Genealogie des Julisch-Claudischen Hauses offenbart ganz andere Verwandtschaftsverhältnisse:
Vollständiger Name des Tiberius (* 42 v. Chr.) war Tiberius Claudius Nero. Er war der Sohn des gleichnamigen Prätors d. J. 42 v. Chr. und der Livia Drusilla, die dann später Frau des Augustus wurde, also der Stiefsohn des Augustus.
Aedil meint offenbar den Kaiser "Caligula", der richtig C. Caesar Germanicus hieß (12 - 41 n. Chr.); dieser war der Sohn des Nero Claudius Drusus Germanicus, kurz als "Germanicus" bekannt (15 v. Chr. - 19 n. Chr. ). Germanicus wiederum war der Sohn des älteren Drusus, eines Bruders des Tiberius, somit ein Neffe des Tiberius. Damit war der Kaiser "Caligula" ein Großneffe des Tiberius, stand also zu ihm im gleichen Verwandtschaftsverhältnis wie vordem C. Octavius (Augustus) zu C. Iulius Caesar.
Zur GRausamkeit des Tiberius: Sie steht wohl - nach modernen Maßstäben - ganz außer Frage. Allerdings ist Tiberius auch nicht grausamer gewesen als viele (die meisten?) Machthaber der Weltgeschichte bis in die Gegenwart hinein. Die Zahl der Opfer seines Regimes ist sicherlich - und das wird selten erwähnt - erheblich geringer gewesen als die Zahl der Opfer, die Octavian-Augustus (incl. der Proskriptionen und der Opfer der Kriege der Jahre 43-30) zuzuschreiben sind und der gilt gemeinhin als der große "Friedensherrscher". Unser sehr negatives Tiberius-Bild ist v.a. das Ergebnis der sehr einseitigen Darstellung durch TAcitus in den Annalen. Bei Velleius Paterculus ergibt sich z. B. ein ganz anderes Bild des Herrschers. In den Germanenkriegen hat sich Tiberius z. B. - bis zu seiner Abberufung im Jahre 6 n. Chr. - als ungemein fähiger Feldherr erwiesen. Von kluger politischer Weitsicht - um nur ein Beispiel zu nennen - zeugt dann im eigenen Prinzipat sein Verzicht auf weitere Expansion im rechtsrheinischen Germanien (man denke an die Varus-Katastrophe im Jahre 9 n. Chr.!) nach Abberufung des Germanicus; Tacitus möchte dies freilich als bloßen Akt der Eifersucht auf die Erfolge des Germanicus (welche ERfolge? - fragt man da zu Recht, denn die in den Annalen ausführlich dargestellten rechtsrheinischen Rachefeldzüge des Germanicus sind in ihrer Bilanz alles andere als erfolgreich) darstellen, was wohl nicht haltbar ist.