Juden - Rom

Fragen zur Geschichte und Archäologie des griechisch-römischen Altertums

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Juden - Rom

Beitragvon Thetis » Do 9. Jun 2005, 18:56

Hi,
ich hab da eine Frage, und ich habe nirgendwo etwas dazu gefunden, und zwar: Warum haben die Römer die jüdische Religion in ihrem Reich geduldet und die christliche nicht? Zumindest hab ich gehört, dass die Juden nicht gezwungen wurden, den Kaiser anzubeten, aber die Christen schon, oder? Kann aber auch sein, dass ich nur schlecht informiert bin...
Thetis
 

Beitragvon Marcus » Do 9. Jun 2005, 19:46

Biographie Alexanders c. 22: Iudaeis privilegia reservavit, Christianos esse passus est. Deutlich tritt hier die bevorzugte Stellung der Juden vor den Christen zu Tage, welche allerdings wieder darauf beruht, daß jene eine Nation darstellen, diese nicht.
[Theodor Mommsen: Römische Geschichte: Achtes Buch. Länder und Leute von Caesar bis Diocletian, S. 1197. Digitale Bibliothek Band 55: Geschichte des Altertums, S. 8294 (vgl. Mommsen-RG Bd. 5, S. 0)]


aber ich denke mal, damals sollte jeder den Kaiser anbeten? egal ob Christ oder Jude ?!

und so haben denn auch, wie die heiligen Bücher der Juden der lateinischen Welt erst in lateinischer Sprache durch die Christen bekannt geworden sind, die großen Judenbewegungen der Kaiserzeit sich durchaus auf den griechischen Osten beschränkt. Hier wurde kein Versuch gemacht mit der rechtlichen Sonderstellung des Juden die Quelle des Judenhasses allmählich zu verstopfen, aber ebenso wenig, von Laune und Verkehrtheiten einzelner Regenten abgesehen, dem Judenhaß und den Judenhetzen von Seiten der Regierung Vorschub gethan. In der That ist die Katastrophe des Judenthums nicht aus der Behandlung der jüdischen Diaspora im Orient hervorgegangen. Lediglich die in verhängnißvoller Weise sich entwickelnden Beziehungen des Reichsregiments zu dem jüdischen Rabbistaat haben nicht bloß die Zerstörung des Gemeinwesens von Jerusalem herbeigeführt, sondern weiter die Stellung der Juden im Reiche überhaupt erschüttert und verschoben.
[Theodor Mommsen: Römische Geschichte: Achtes Buch. Länder und Leute von Caesar bis Diocletian, S. 732. Digitale Bibliothek Band 55: Geschichte des Altertums, S. 7829 (vgl. Mommsen-RG Bd. 5, S. 499)]


hmm..hab aber auch grad keine Zeit weiter zu suchen :>
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Beitragvon Thetis » Do 9. Jun 2005, 20:07

Hab ich das richtig verstanden, dass die Juden bevorzugt wurden, weil sie eine "Nation" waren, und die Christen wurden verfolgt? Ich hab hier nämlich stehen: "Der römische Staat insbesondere hielt mit großer Strenge die Verehrung der vaterländischen Götter aufrecht. Den besiegten Völkern wurde die Beibehaltung ihres Kultus zwar in der Regel gestattet, ihren Gottheiten sogar Aufnahme in den Kreis der römischen Götter gewährt. Den Anhängern der monotheistischen Religionen ward freilich letzteres Zugeständnis nicht zuteil, da sie nicht gleich den heidnischen Untertanen die Götter Roms neben ihrem Gotte verehren konnten. Doch bewies der römische Staat den Juden gegenüber im allgemeinen Toleranz, da ihre Religion eben doch überwiegend auf nationaler Grundlage beruhte."
hmmm... hab ich gerade ein Brett vor dem Kopf?!
Auf jeden Fall Danke für deine Bemühungen!
Thetis
 

Beitragvon Wale » Fr 10. Jun 2005, 10:15

Ein wichtiger Unterschied zwischen Christentum und Judentum bestand außerdem darin, dass die Christen möglichst viele Menschen zu ihrem Glauben bekehren wollten und die Juden nicht. Die Juden beschränkten sich auf ihre Gemeinden und waren eine einigermaßen abgeschlossene religiöse Gruppe innerhalb des römischen Reiches. Die Christen dagegen drohten mit ihrem Missionseifer das religiöse Gefüge des Gesamtreiches zu untergraben, weil sie große Massen von Menschen, insb. auch Unterprivilegierte wie Sklaven oder Frauen, ansprachen.
Wale
 

Beitragvon Thetis » Fr 10. Jun 2005, 16:23

Ach so... Ja, das leuchtet mir irgendwie ein... Vielen Dank!
Thetis
 

gegen Wale

Beitragvon Marcus Hamburgensis » Fr 8. Jul 2005, 17:50

Da muß ich mich jetzt aber gegen Wales Argumentation wenden. Die Juden waren in den ersten beiden Jahrhunderten durchaus eifrig und erfolgreich beim Missionieren. Unter Antoninus Pius erließ man das Gesetz, daß Juden lediglich ihre Söhne beschneiden dürften, womit die Missionierung zumindest von Männern verboten war. Ansonsten war dieser Eingriff nur auf besonderen Antrag hin zulässig!

Römische Schriftsteller haben eine ganze Reihe ziemlich gehässiger Kommentare zu den Juden und ganz besonders zu ihren Missionaktivitäten abgelassen (Tacitus, Iuvenal, Martial etc.).

Der Grund warum man die Juden respektierte war möglicherweise ein steuerpolitischer. Seit dem Ende des ersten Jüdischen Krieges mußten die Juden eine Sondersteuer bezahlen, den sog. fiscus judaicus.
Ansonsten würde ich 'mal prüfen, ob die Juden nicht vielleicht doch hinhaltend den Kaiserkult praktizierten um nicht verfolgt zu werden.

Weiterhin wäre ich auch nicht so sicher, daß die Juden im Römischen Reich nicht verfolgt wurden. Immerhin gab's in Palästina einen Jüdischen Krieg und den Bar-Kochba Aufstand (132-134). In der Diaspora brachen um 120 n. Chr. Aufstände aus. Auf Zypern und in der Kyrenaika sollen die Juden Zehntausende von Griechen ermordet haben ...zumdest berichten das griechische und römische Geschichtsschreiber, daher etwas Vorsicht!

Ich hab' zu dem Thema 'mal eine Hauptseminararbeit geschrieben, kann sie aber im Augenblick nicht finden. Anderenfalls könnte ich wenigstens Quellen und Literatur nennen!
Marcus Hamburgensis
 


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