Wecker bei den Römern

Fragen zur Geschichte und Archäologie des griechisch-römischen Altertums

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Wecker bei den Römern

Beitragvon Iulus » So 10. Sep 2006, 11:07

Salvete!

Ich habe jetzt schon mehrmals gelesen,die Römer wären Frühaufsteher gewesen...Wie soll das denn ohne Wecker funktioniert haben?
Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen...
Hab ihr da vielleicht eine Idee? :?
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Beitragvon RM » So 10. Sep 2006, 12:26

Schon mal was vom Hahn (dem männlichen Huhn) gehört?? Der kräht bei Tagesanbruch, d.h. wenn es beginnt, hell zu werden, im Sommer also ungefähr um 4:00 Uhr.
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Re: Wecker bei den Römern

Beitragvon juergen » So 10. Sep 2006, 12:48

Iulus hat geschrieben:Wie soll das denn ohne Wecker funktioniert haben?

Vielleicht hatten die abends nicht so lange den Fernseher an und sind früher ins Bett gegangen.
Gruß Jürgen

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Beitragvon consus » So 10. Sep 2006, 13:24

Nicht schlecht, juergen optime! :lol:

Vielleicht ist auch, amici carissimi, daran zu denken, dass die morgendliche Helle ins Zimmer dringt und die Lebensgeister weckt. Zumindest für die Leute, die es sich leisten konnten, galt: „Evigilo, cum libuit“ -> Plinius d.J. epist. 9, 36 (vgl. dazu http://www.vox-latina-gottingensis.de/curricula/pliniusc/pli0936.htm).

Valete.
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Beitragvon RM » So 10. Sep 2006, 14:55

consus hat geschrieben:... morgendliche Helle ins Zimmer dringt ...

Falls Du Dir schon mal ein Zimmer in einem römischen Haus (z.B. in Pompei) angeschaut hast, kannst Du mir bitte erklären, wie da die "morgendliche Helle" ins fensterlose Zimmer dringen soll :shock:

Nee Leute ... also hier steht's:
verum prius quam galli cantent quae me e somno suscitet (Plautus, Miles Gloriosus, 690 - gefunden mit LECTOR 2003 1.7)

8) RM
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Beitragvon juergen » So 10. Sep 2006, 15:02

RM hat geschrieben:
consus hat geschrieben:... morgendliche Helle ins Zimmer dringt ...

Falls Du Dir schon mal ein Zimmer in einem römischen Haus (z.B. in Pompei) angeschaut hast, kannst Du mir bitte erklären, wie da die "morgendliche Helle" ins fensterlose Zimmer dringen soll :shock:

Vielleicht durch die Tür... :roll: oder hatten die Zimmer auch keine Türen :shock:

:lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol:
Gruß Jürgen

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Beitragvon consus » So 10. Sep 2006, 15:11

Salvete iterum, amici!

Dann sind die von Plinius a.a.O erwähnten fenestrae („clausae fenestrae manent“) wohl die seines Arbeitszimmers??? :?

Lasse mich gerne überzeugen. Übrigens spricht für den Wecker Hahn vl. auch das schöne Substantiv „gallicinium“ (Stellen im Georges).

Möglicherweise ließ man sich auch vom Personal wecken, das seinerseits durch Hähne aus dem Schlummer erwachte.


Die Plautusstelle, RM optime, ist zwar schön, aber zumindet grammatisch hat der quae-Satz „quae me e somno suscitet“ nichts mit dem vorangehenden „galli“ (nom.pl.m.) zu tun. Bezieht er sich nicht auf die hier angesprochene "uxor"?

Mehr Licht! :lol:
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Beitragvon RM » So 10. Sep 2006, 15:36

... oder manchmal von der Ehefrau, wie in der Plautus-Stelle ... 8) RM

P.S.: Ich kenne die Villa von Plinius nicht, aber die meisten Zimmer in "normalen" römischen Häusern scheinen relativ fensterlos gewesen zu sein - und durch die Türen ... Dringt durch eure Holztüren Licht ins Zimmer? :shock:
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Beitragvon consus » So 10. Sep 2006, 15:58

Salve, RM!

Aha: „relativ“ fensterlos...! :-o Und die Türen, wenn es denn es welche an den cubicula gab (ich denke da eher an Vorhänge), waren nicht so dicht wie die in Bunkern... :lol: Vgl. auch http://www.tcnj.edu/~anchouse/bedroom.html

Servus!
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Beitragvon Iulus » So 10. Sep 2006, 19:31

@RM: WOW! Also hat jeder Römer,egal wo er jetzt gewohnt haben mag einen Hahn besessen!Also allein in Rom zu Zeiten des Augustus über eine Millionen Hähne!Angesichts dieser Weisheit bleiben einem die Worte weg... 8) :smile:
Und dennoch ist bei keinem antiken Dichter oder Schriftsteller die Rede von dem ohrenbetäubenden allmorgendlichen Lärm von über einer Millionen krächtzenden Hähnen!Erstaunlich...Wo wohl Augustus seinen Hahn aufbewahrt haben mag... :-D
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Beitragvon consus » So 10. Sep 2006, 20:21

Heus tu, Iule amice noster!

Facetissime dictum! Sehr witzig gesagt! Bene, bene! :lol:

Sed iterum ad rem ipsam, aber wieder zur Sache selbst!

(1) In den Saturnalien des Macrobius (lebte um 400 n.Chr.) liest man Folgendes (1. Buch, 3. Kapitel, § 12):

Zuerst redet der Schriftsteller von der abnehmenden Nacht: dann, so schreibt er, kommt das „gallicinium, inde conticuum, cum et galli conticescunt et homines etiam tum quiescunt: deinde diluculum...“,
d.h. dann kommt das sog. Gallicinium = Hahnengeschrei (gallus/Hahn + canere/kikeriki „singen“), darauf das sog. Conticuum (hängt mit tacere zusammen), wenn sowohl die Hähne still werden und als auch die Menschen immer noch ruhen: danach das Diluculum“, d. h. die Morgendämmerung....

Es war also keineswegs selbstverständlich, sich durch Hähnekrähen die Nachtruhe rauben zu lassen und dann sofort aus dem Bett zu hüpfen (selbst wenn man mit den Hühnern schlafen ging). Vermutlich werden sich viele erst zur Zeit des Diluculums, d.h. als sie die Helligkeit wirklich wahrnahmen, den Schlaf aus den Augen gerieben haben...


(2) Dann noch ein Textbeleg für die Art des Weckens. Im Moretum, den sog. Kräuterkloßgedicht, das vom einem anonymen Verfasser stammt (vielleicht 1. H. des 1. Jh. n. Chr.) heißt es am Anfang (V. 1ff.):

„Iam nox hibernas bis quinque peregerat horas
excubitorque diem cantu praedixerat ales,
Simylus exigui cultor cum rusticus agri,
...
membra levat vili sensim demissa grabato“

d.h.

„Schon hatte die Nacht zweimal fünf winterliche Stunden durchlaufen
und der geflügelte Wächter den Tag durch sein Krähen angekündigt,
als der Landmann Simylos, Bebauer eines kleinen Ackers,
bedächtig seine Glieder von dem minderwertigen Bett erhob, worauf er sie zur Ruhe gesenkt hatte“.

Was also? Nun, der „geflügelte Wächter“, der Hahn, scheint unzweifelhaft auch als Wecker, aber wohl eher auf dem Lande, tätig gewesen zu sein.

Jetzt aber genug!

Fac valeas.

:book:
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Beitragvon RM » So 10. Sep 2006, 23:41

Salvete vos ambo!

Also, rein statistisch reicht ein Hahn zum Wecken von 23,45 Personen. Da die Römer viel Geflügel gegessen haben - sagen wir ca. 1 Hähnchen pro Monat - gab es in Rom mindestens 33333,33 noch lebendige Hähne, d.h. ca. 21,8% der Bevölkerung waren Langschläfer oder ließen sich von anderen - also ihren Ehefrauen oder Sklaven - wecken. Alles klar? Wenn nicht, auch egal.

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Beitragvon Tiberis » Mo 11. Sep 2006, 13:51

frage eines des landlebens unkundigen:
wie ist das eigentlich, kräht ein hahn auch bei schlechtwetter, z.b. bei schneefall?
oder bei sonnenfinsternis?
:?
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Beitragvon romane » Mo 11. Sep 2006, 15:55

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Beitragvon Maxima Minima » Mo 30. Okt 2006, 15:53

Die Frage ist ja wohl nicht das "wie", sondern vielmehr nach dem "wer" und "warum". Ich denke mal, bei Sklaven war es eh Gang und Gäbe, dass sie sehr früh aufstanden, also im Sommer so gegen 4.00 Uhr. Aber wie war es bei den höhergestellten Römern? Ich vermute vielmehr, dass der Begriff "früh" auch bei ihnen relativ gesehen werden muss. Jeder Schüler empfindet 6.00 Uhr aufstehen, wenn er um 8.00 Uhr in der Schule sein muss als früh. Ich vermute, es hing sehr eng mit Beruf und Stellung zusammen. Im übrigen gehe ich davon aus, dass die Häuser aufgrund des Lichteinfalles von oben schon sehr lichtdurchflutet waren auch die fensterlosen Zimmer. Wenn ich mich nicht irre, gingen die Zimmer von einem Innenhof ab, dieser war meist verschlossen, deswegen hatten die Bewohner sich auch keinen Grund, immer ihre Türen zu schließen, es sei denn im Winter und da wurde es eh erst später hell.
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