Wecker bei den Römern

Fragen zur Geschichte und Archäologie des griechisch-römischen Altertums

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Beitragvon CP » Di 12. Jun 2007, 11:15

Hallo,

Apollonius hat geschrieben:Leider weiß ich die Quellen nicht, aber es gab eine Zeitlang eine Art Wasseruhr, die in Abständen ein Geräusch verursachte.


Vitruv beschreibt diese Wasseruhr in seinen De architectura libri decem

http://www.fh-augsburg.de/~harsch/Chron ... _ar01.html

In der zweisprachigen Vitruvausgabe von Curt Fensterbusch, Darmstadt 1976, befindet sich, wenn mich die Erinnerung nicht trügt, eine Abbildung einer solchen Wasseruhr.

Man sollte bei dieser Diskussion Folgendes nicht vergessen. Der strenge Zeitbegriff wie wir ihn heute kennen ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Mit der Einführung der Fabrikarbeit und der daraus resultierenden Entwicklung des Eisenbahnwesens und den damit notwendig werdenden Fahrplänen wurde ein minutengenaues Timing erforderlich.

Der Bauer stand mit dem Vieh auf, das sich schon bemerkbar macht, wenn es gemolken oder gefüttert werden will. Noch in den 1980er Jahren lernte ich in der Türkei Bauer und Hirten kennen, die eine Uhr besaßen - als Statussymbol und wohl auch Geldanlage bei damals galoppierender Inflation der Landeswährung, die diese Uhr auch lesen konnten - für die aber der reine numerische Begriff, wie zum Beispiel Viertel vor Zwölf eigentlich nichts bedeutete als eine abstrakte Zahl.

Wer heute in orientalischen Städten eine Weile lebt wird auch automatisch wach, an gewissen Geräuschen, die zeitabhängig sind: der Brotverkäufer läuft, seine Ware laut anpreisend, zu einer gewissen Zeit durch die Stadt, irgendwann der Zeitungsbote. Freilich kommt in solchen Städten auch noch der Muezzin als Zeitansage, jedenfalls fünf Mal am Tag, in Frage. Im osmanischen Konstantinopel pfiffen Feuerwachen die ganze Nacht - wenn sie mit dem Pfeifen aufhörten bedeutete dies, daß es brannte und die Leute wurden wach. Wecken also nicht durch ein Geräusch, sondern durch dessen ausbleibe.

Wenn solche Sachen interessieren, kann ich empfehlen, daß Ihr Euch auch mal mit der Sonnenuhr des Augustus auseinandersetzt. Sollte ich mich nicht täuschen habe ich zu ihr noch Veröffentlichungen, die ich gerne zur Verfügung stellen kann.

Viele Grüße Claus Peter
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Beitragvon consus » Di 12. Jun 2007, 13:08

Salvete, amici!
Ergänzend zu Vitr. 9, 8 der Hinweis auf Plin. nat. 7, 212 ff. Text und Übersetzung der Stelle stehen im Netz: http://www2.tu-berlin.de/fb1/AGiW/Auditorium/LaVoSprA/SO5/Plinius4.htm
Plinius schreibt am Ende seiner Ausführungen (l.c. 215): „Tunc Scipio Nasica collega Laenati primus aqua divisit horas aeque noctium ac dierum idque horologium sub tecto dicavit anno urbis DXCV [id est anno a. Chr. n. 159, C.]. Tam diu populo Romano indiscreta lux fuit.“
Vielleicht ist auch eine Stelle aus Vegetius (um 400 n. Chr.) interessant, die etwas über die Verwendung der clepsydra und damit verbundener akustischer Signale im militärischen Wachdienst aussagt (3, 8 ; Hervorhebungen von mir): „Et quia inpossibile videbatur in speculis vigilantes singulos permanere, ideo in quattuor partes ad clepsydram sunt divisae vigiliae, ut non amplius quam tribus horis nocturnis necesse sit vigilare. A tubicine omnes vigiliae committuntur et finitis horis a cornicine revocantur.“ Durch das letzte Signal des Hornisten (cornicen) wusste man also im militärischen Bereich, wann die Nacht zu Ende war.
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Beitragvon CP » Di 12. Jun 2007, 14:07

Hallo,

ist zwar nicht ganz römisch - aber immerhin Antike:

im 4. Jahrhundert v. Chr. ist es Platon angeblich gelungen, mit Hilfe einer Wasseruhr einen Wecker zu bauen


Zitat aus:

http://de.wikipedia.org/wiki/Wasseruhr

Viele Grüße Claus Peter
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Beitragvon consus » Di 12. Jun 2007, 15:22

Salve, Nicolae Petre!
Platon wird mit einer Uhrenkonstruktion im "Gelehrtenmahl" (Deipnosophistai) des Athenaios von Naukratis erwähnt (174a-e):
"Während wir noch so sprachen, erklang im Nachbarhaus der Ton einer Wasserorgel... "; die Erfindung gehe auf Ktesibios zurück. Weiter lesen wir dann: "Das erklärt Aristokles in seinem Buch 'Über die Chormusik' so: Es ist noch strittig, ob die Orgel zu den Wind- oder zu den Saiteninstrumenten gehört. Aristoxenos weiß nichts davon. Er soll Platon eine gewisse Vorstellung von ihrer Konstruktion gegeben haben, als er eine Nachtuhr baute, die Ähnlichkeit mit einer Wasserorgel hatte, also eine sehr große Wasseruhr" (Übers. Ursula und Kurt Treu, Lpz 1985).
Übrigens ein interessantes Thema: Antike Technik...
Servus.
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Beitragvon CP » Di 12. Jun 2007, 16:09

Hallo Consus,


Consus hat geschrieben:Übrigens ein interessantes Thema: Antike Technik...


Was meinst Du, was meine Berufswahl mit Ausrichtung auf Baugeschichte damals beeinflusst hat? Daß ich dann mehr im MA und in der Frühneuzeit rumwerkelte, war so zunächst nicht geplant.

Ich war aber während des Studiums auf verschiedenen Ausgrabungen. Unter anderem in Pergamon. Wenn man bedenkt, daß die Pergamener bereits in hellenistischer Zeit zwei bis drei Wasserqualitäten hatten und wir immer noch mit Trinkwasser die Spülung betätigen ...

Gerade Wasserbauten, seien es Kanäle, Tunnels (den Tunnel des Eupalinos auf der schönen Insel Samos, die mir leider nicht untertänig, aber man weiß ja, daß das auch nicht gut ausgeht, besuchte ich mal), ein ausgeklügeltes Zisternensystem und letztendlich die imposanten Aquaeducte beeindrucken schon ungemein. Was nicht heißen soll, daß ich mich für Tempelbauten u. andere Bereiche der höheren Baukunst nicht interessieren würde.

Meine erste Ausgrabung, eigentlich war es eher eine Vermessung, war die eines Stadions aus dem 2. Jh. n. Chr. und alleine schon die Vorstellung, bei einem solchen Projekt den Baubetrieb zu organisieren, setzt einen heute noch in Erstaunen - eine wahre Leistung der Bauleitplanung.

Wir konnten die einstige Fassadeninkrustation übrigens gut untersuchen - ein spätantikes Erdbeben hatte schon volle Arbeit geleistet.

Aber, ich sehe schon, eigentlich schweife ich ziemlich vom Thema ab.


Daher Tschüss!

Claus Peter

Ach so! Wäre da nicht Nikolaios Petros günstiger? Ich krieg das mit dem Griechischfont noch nicht auf die Reihe. Werde mich heute abend mal ausgiebig damit auseinandersetzen.
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Beitragvon Neni » Do 14. Jun 2007, 16:45

Tiberis hat geschrieben:wie ist das eigentlich, kräht ein hahn auch bei schlechtwetter, z.b. bei schneefall?
:?


gute frage - da lebt man NAHEZU seite an seite mit einem gockel :-D und weiß das nicht einmal zu beantworten. weshalb kräht der hahn, wohl aufgrund der einbrechenden helligkeit oder? demnach müsste er auch krähen, wenn die welt land unter ist, solang es hell genug ist.... reviermarkierung ist ja nicht wetterabhängig :)
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Beitragvon CP » Do 14. Jun 2007, 17:10

Hallo Neni,

Um es kurz zu machen: Ich wohnte auch mal neben einem Gockel, der krähte des Tags, der krähte der Nacht. Ohne Punkt und ohne Komma sozusagen!

Eines Tages wanderte er dann in den Kochtopf! :band: Was ihm recht geschah!:cry:

Servus Claus Peter
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Beitragvon Neni » Do 14. Jun 2007, 17:44

CP hat geschrieben:der krähte des Tags, der krähte der Nacht


okay, entweder war "dein" gockel chronisch erkrankt oder sie krähen einfach immer, tiberis :smile:
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Beitragvon CP » Fr 22. Jun 2007, 12:25

Salve,


dieser Tage fiel mir in der Wühlkiste eines Antiquariats ein Taschenbuch in die Hand: Robert Payne, Die Griechen. Das unsterbliche Volk. München 1978.

Darin beschreibt der Autor, freilich ohne eine Quelle zu nennen, aber was kann man von einem im Heyne Verlag erschienenen Buch schon erwarten, in der griechischen Kolonialstadt Sybaris, an der Bucht von Tarent gelegen, seien, da die dekadenten Einwohner gerne lange schliefen, Schreiner, Schmiede und auch Gockelhähne vor die Tore der Stadt verbannt worden.

Zur angeblichen Dekadenz der Stadt möchte ich nur anmerken, dass ich recht gerne dort gelebt hätte: nicht nur wegen des langen Schlafens.

Zu Sybaris auch:

http://de.wikipedia.org/wiki/Sybaris

Immerhin aber scheint der Hahn der Antike als Wecker nicht ganz unbekannt gewesen zu sein. – Und auch die Capitolinischen Gänse spielten ja dereinst ihre Rolle ganz gut.


Servus


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Beitragvon consus » Mo 25. Jun 2007, 08:22

Bevor wir nun endlich, amici, den Kanon „Der Hahn ist tot“ anstimmen, doch noch als Abgesang eine Stelle aus der Naturalis Historia des Plinius (10, 46):

"Proxime gloriam sentiunt et hi nostri vigiles nocturni, quos excitandis in opera mortalibus rumpendoque somno natura genuit. norunt sidera et ternas distinguunt horas interdiu cantu. cum sole eunt cubitum quartaque castrensi vigilia ad curas laboremque revocant nec solis ortum incautis patiuntur obrepere diemque venientem nuntiant cantu, ipsum vero cantum plausu laterum."

Le coq est mort - - -
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