Homers Heimat

Fragen zur Geschichte und Archäologie des griechisch-römischen Altertums

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Homers Heimat

Beitragvon Euklidion » Mi 7. Jan 2009, 18:13

Ich wuerde gerne wissen, was ihr von dem Buch Homers Heimat von Raoul Schrott haltet. Ich selber bin eher skeptisch, weil es aus der griechischen Antike scheinbar keinerlei Hinweise gibt, die seine Behauptungen hinsichtlich Homers Herkunft oder des beschriebenen Konfliktes zu geben scheint. Tatsaechlich habe ich manchmal den Eindruck, dass Schrotts Argumentation regelrecht falsch ist. Andererseits bin ich kein Experte, schon gar nicht fuer kilikische Geschichte, sodass ich gerne hoeren wuerde, was andere darueber denken, denn die Parallelen, die Schrott zieht, sind dennoch interessant genug, sich ein wenig mehr mit dem Thema auseinanderzusetzten.
Wie datiert man eigentlich die Ilias?
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Re: Homers Heimat

Beitragvon Apollonios » Mi 7. Jan 2009, 20:35

Guck in diesem Forum:
viewtopic.php?f=18&t=25345

Der arme Mensch ist hier nicht so besonders anerkannt, aber man kann nicht alles haben. :D
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Re: Homers Heimat

Beitragvon Platon » Do 13. Aug 2009, 17:17

Ein herrlicher, fundierter Verriss der Schrott'schen Ilias"übersetzung": Draeger zu Schrott :D
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Re: Homers Heimat

Beitragvon chefren » Do 13. Aug 2009, 17:27

Apollonios hat geschrieben:Guck in diesem Forum:
viewtopic.php?f=18&t=25345

Der arme Mensch ist hier nicht so besonders anerkannt, aber man kann nicht alles haben. :D

fuer threads im "antiken griechenland" muss man nicht unbedingt des lateinischen maechitig sein.

eventuell kann man das ganze entsprechend ja auch noch mal fuer 0815 user auf deutsch zusammentragen, anstatt einfach nur auf einen thread, in dem nicht ein deutscher satz vorkommt zu verweisen :)

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Re: Homers Heimat

Beitragvon Merkur » Do 13. Aug 2009, 21:07

Platon hat geschrieben:Ein herrlicher, fundierter Verriss der Schrott'schen Ilias"übersetzung": Draeger zu Schrott :D


Die Arroganz des Draegerschen "Verrisses" ist aber m.E. auch nur schwer genießbar.
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Re: Homers Heimat

Beitragvon Platon » Do 13. Aug 2009, 22:28

Die Arroganz des Draegerschen "Verrisses" ist aber m.E. auch nur schwer genießbar.


Ist sicherlich teilweise etwas zu hart, aber in der Langfassung eine wirklich umfassende und auch angebrachte Kritik, wer "νηυσὶν ἔπι γλαφυρῇσιν ἐγείρομεν ὀξὺν Ἄρηα" mit "Wollt ihr den totalen Krieg?" überträgt, der hat's m.E. auch nicht anders verdient.
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Re: Homers Heimat

Beitragvon Merkur » Do 13. Aug 2009, 23:16

Wie auch immer R. Schrott einzuschätzen ist: Ich habe einen Vortrag von ihm hören dürfen, in dem er seine Übertragung vorstellte. Er schien sich (beurteilen kann ich das weg. mangelnder Kompetenz nicht) durchaus Gedanken gemacht zu haben.
Was mir besonders gefiel, war seine eher dichterische denn philologische Herangehensweise. Ganz auszuschließen ist es ja doch nicht, dass die Philologie auch von Dichtern noch etwas lernen kann.

In der Epitheta-Frage z.B. (ohne über den Forschungsstand informiert zu sein) gefällt mir Schrotts Sicht, die in den Epitheta auch noch Bedeutung erkennt, besser als die opinio communis, Epitheta seien nur Füllsel.
Wenn also Schrott beim Nachdichten und Nachfühlen der Ilias einen gewissen Aussagewert in den Epitheta erkannte, dann sollten wir das u.U. nicht gleich als Unsinn abtun.
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Re: Homers Heimat

Beitragvon Laodamas » Fr 14. Aug 2009, 02:29

Dass die Epitheta bei Homer an vielen Stellen nur feste Formelbestandteile sind, erkennt jeder an, der sich auch nur ein wenig mit Homer beschäftigt hat. Achilles ist eben auch dann schnellfüßig, wenn er im Zelt sitzt usf. Natürlich ist das so, weil es sich bei den Epitheta um feststehende Wesenseigenschaften handelt. Aber genau das ist die opinio communis: Die Epitheta sind feste Formelbestandteile. Wer spricht denn von Füllseln?

"Homer, gefilzt" von Friederike Reents, FAZ 03.08.09
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Re: Homers Heimat

Beitragvon ille ego qui » Fr 14. Aug 2009, 21:14

ohne hier inhaltlich etwas beitragen zu wollen geschweige denn zu können, hier ein essay von der werten gyburg uhlmann (geb. radke), über den ich die tage gestolpert bin

http://www.die-tagespost.de/Archiv/tite ... p?ID=38132

@ Wer spricht denn von Füllseln?
Offensichtlich meinte Merkur mit seiner etwas flapsigeren communis-opinio-Paraphrase "Füllsel" genau die von Laodamas referierte communis opinio (und findet gerade das Abweichen Schrotts von dieser erwägenswert). Es ist wohl Geschmackssache und eine Frage von Wohl- oder Bösewollen dem Dichter gegenüber, ob man den Begriff "Füllsel" oder "Formelement" wählt (da es ja, wenn ich recht informiert bin, ein Formelement ist, das - zumindest in den Augen der Vertreter der communis opinio - beliebig auftreten oder nicht auftreten kann)
Die Mahnung von Merkur - als Mahnung - leuchtet mir ein!
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Re: Homers Heimat

Beitragvon Laodamas » Sa 15. Aug 2009, 00:41

Da bist du offensichtlich falsch informiert: Die Epitheta treten eben nicht beliebig (als Füllsel) auf. So wäre denn der Sprachgebrauch nicht zu kritisieren gewesen. Sie sind feste Bestandteile von Formeln: Dies ist ein terminus technicus. Und über dieses Phänomen (Milman Parry: Oral Formulaic Hypothesis) sollte sich derjenige erst eingehend informieren, der Mahnungen welcher Art auch immer dazu ausspricht.
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Re: Homers Heimat

Beitragvon Laptop » Sa 15. Aug 2009, 01:28

Ich fand die Kritik teilweise auch schwer erträglich. Aus dem Tenor entnahm ich etwa der ist nicht einmal von unserer Zunft, wie kann er sich entblöden den glorreichen Homer so vulgär auszulegen. Schrott interpretiert neuartig, auch teils vielleicht stilbrüchig, schief, und grotesk, aber er hat den Mut etwas Altes neu aufzubereiten, neu zu beleuchten, wenn auch nur als Versuch. Und schon allein deshalb sollte man das ganze cum grano salis und milde nehmen. Ich glaube nicht, daß er seine Sichtweise als die einzig richtige darstellt, vielmehr setzt er es als ein Kontrapunkt, um die Diskussion zu entfachen.
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Re: Homers Heimat

Beitragvon RM » Sa 15. Aug 2009, 12:13

Ich finde diese ganze Diskussion urköstlich. Da widerlegt ein Herr Draeger einen Herrn Schrott mit den Worten: "Diese Spekulation lässt sich mit einem einzigen Satz erledigen: Nach uralter Vermutung erhielten die Kyprien ihren Titel (der lediglich 'Kyprisches' bedeutet) von jemandem, der die Dominanz der auf Zypern geborenen Kypris = Aphrodite im Kausalgefüge dieses nachhomerischen Epos erkannt hat;" Also was jetzt? Doch eine Vermutung? Ist sie besser, nur weil sie "uralt" ist? Entschuldigung, aber wenn es nach der "communis opinio" und den Philologen gegangen wäre, hätte Schliemann Troia damals gar nicht zu suchen brauchen, weil sie - damals - die ganze Geschichte für erfunden hielten. Wenn man sich weiterhin anschaut, wie die Fachleute am Anfang mit Champollion umgingen, wundert man sich, daß er die Entzifferung der Hieroglyphen nicht einfach in den Müll geworfen hat. Tja, und jetzt kommt ein Herr Schrott daher, ein Fachfremder, ein Schriftsteller, der sich anmaßt, Homer in modernes Deutsch zu übersetzen und dabei glatt vergißt, wie anmutig, flüssig und wohlgefällig doch Schadewaldts Übersetzung für die Handy-surfende U20-Generation immer noch klingt. Auch seine - mangels anderer echter Fakten sicherlich schwer zu widerlegenden - Thesen zum Leben Homers erwecken Bitternis, manchmal sogar Zorn bei den alleinvertretungsberechtigten Vertretern der philologischen Zunft. Nein wirklich, mir sieht das Ganze ein wenig nach Futterneid aus. Da fischt doch einer in fremden Gewässern, hat tatsächlich Erfolg mit etwas, mit dem er gar keinen haben dürfte. :shock:

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Re: Homers Heimat

Beitragvon ille ego qui » Sa 15. Aug 2009, 13:18

wann treten die epitheta auf und wann nicht? wann ist achill leichtfüßig und wann ist er einfach nur achill? gibt es dafür eine verteilungsregel?

zu deiner, laodamas', ansage: dass man der meinung und den eindrücken von dichtern, die im "literarischen nachfühlen" philologen unter Umständen überlegen sein könnten, doch ein wenig beachtung schenken sollte, versteht sich m.E. von selbst. und um eine mahnung solch grundlegender art ausprechen zu dürfen, ist man wohl kaum verpflichtet, irgendeine fachdiskussion verfolgt zu haben.
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Re: Homers Heimat

Beitragvon RM » Sa 15. Aug 2009, 13:40

ille ego qui hat geschrieben:wann treten die epitheta auf und wann nicht? wann ist achill leichtfüßig und wann ist er einfach nur achill? gibt es dafür eine verteilungsregel?

Such's doch einfach mal! Der listenreiche Odysseus empfiehlt dafür den TLG. :wink:

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Re: Homers Heimat

Beitragvon ille ego qui » Sa 15. Aug 2009, 13:58

öhm -
mir fehlt grad leider die zeit und mein griechisch ist, gelinde gesagt, eine katastrophe -

falls also wer die "lösung" weißt - wär ich dankbar drum, sie aus deutschsprachigem munde zu vernehmen
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