Homers Heimat

Fragen zur Geschichte und Archäologie des griechisch-römischen Altertums

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Re: Homers Heimat

Beitragvon RM » Sa 15. Aug 2009, 14:19

ille ego qui hat geschrieben:öhm -
mir fehlt grad leider die zeit und mein griechisch ist, gelinde gesagt, eine katastrophe -

falls also wer die "lösung" weißt - wär ich dankbar drum, sie aus deutschsprachigem munde zu vernehmen

Man braucht mit der richtigen Software fast überhaupt kein Griechisch zu können, um zu sehen, ob die Namen immer mit denselben Adjektiven verknüpft werden. :wink:

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Re: Homers Heimat

Beitragvon ille ego qui » Sa 15. Aug 2009, 14:24

dass es stereotyp immer dieselben sind, habe ich doch nie angezweifelt! ich hätte nur gerne erfahren, ob es eine regel dafür gibt, wann das epitheton genannt und wann weggelassen wird!

*g*
Zuletzt geändert von ille ego qui am Sa 15. Aug 2009, 14:36, insgesamt 2-mal geändert.
Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena
carmen et egressus silvis vicina coegi,
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Re: Homers Heimat

Beitragvon Laodamas » Sa 15. Aug 2009, 14:27

Jämmerliche Stümperei! Ich ziehe mich aus der Diskussion zurück, ist zu dem Thema doch nahezu alles schon gesagt worden. Um noch auf die Fragen des ursprünglichen Themenstellers bezügl. "Homers Heimat" zu antworten:

(1) Die Diskussion hat reiche Berichterstattung in vielen Zeitungen, darunter v.a. in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erfahren. Sie können auf http://www.faz.net nach "Raoul Schrott" suchen, um die einschlägigen Artikel zu finden.

Ein paar (weiterführende) Artikel seien hier genannt:
Rezensionen auf perlentaucher.de
FAZ, 22.Dezember 2007, "Homers Geheimnis ist gelüftet" von Raoul Schrott
Süddeutsche Zeitung, 03.Januar 2008, "Wir bleiben Troy" von Joachim Latacz
NZZ, 15.März 2008, "Ein ehrgeiziges Migrantenkind, leider kastriert" von Stefan Rebenich
Die Zeit, 11.12.2008, "Trojas strenger Wächter" von Kai Michel


(2) Die Frage nach der Datierung der Ilias ist schwer zu beantworten: Sie setzt sich aus teils sehr altem Material zusammen: Es gibt Formeln, die es so wahrscheinlich schon im Indogermanischen gegeben hat. In der Form aber, wie wir sie heute annehmen, muss sie wohl in der Mitte des 8.Jh.v.d.Z. entstanden sein. Die Odyssee wird als etwas jünger angesehen (Ende 8.Jh.).
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Re: Homers Heimat

Beitragvon ille ego qui » Sa 15. Aug 2009, 14:37

rm, magst du's mir verraten?
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Re: Homers Heimat

Beitragvon RM » Sa 15. Aug 2009, 14:38

Ein Beispiel:
Den Namen Odysseus findet man bei Homer an ca. 367 Stellen, davon ca. 62 mal in der Ilias.
Es fällt einem ziemlich bald auf, daß der Name oft mit Adjektiven verbunden wird, nämlich πολύμητις Ὀδυσσεύς und πολυμήχαν' Ὀδυσσεῦ, aber auch πτολίπορθος Ὀδυσσεὺς, gelegentlich auch nicht unmittelbar aufeinanderfolgend, z.B. πολύμητις ἀναΐξειεν Ὀδυσσεὺς. Oft steht der Name aber auch ohne Attribut allein da.
So, jetzt bist du dran. Wann und wo wird deine Veröffentlichung zu diesem Thema erscheinen?

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Re: Homers Heimat

Beitragvon RM » Sa 15. Aug 2009, 14:41

Laodamas hat geschrieben:[url=http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/literatur_und_kunst/ein_ehrgeiziges_migrantenkind_leider_kastriert_1.689362.html]

Lieber Laodamas,
lieber ein bißchen Stümperei als solche menschenverachtenden Titel lesen zu müssen!

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Re: Homers Heimat

Beitragvon Laodamas » Sa 15. Aug 2009, 14:43

Tja, das sind die Thesen des ehrenwerthen Schrott.
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Re: Homers Heimat

Beitragvon ille ego qui » Sa 15. Aug 2009, 15:05

und meinen die vertreter der communis opinio dann, dass es beliebig ist, ob (mit epitheton) attribuiert wird oder nicht? (ich frage mich, was daran stümperei, solche fragen zu stellen?)
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Re: Homers Heimat

Beitragvon RM » Sa 15. Aug 2009, 15:27

ille ego qui hat geschrieben:und meinen die vertreter der communis opinio dann, dass es beliebig ist, ob (mit epitheton) attribuiert wird oder nicht? (ich frage mich, was daran stümperei, solche fragen zu stellen?)

Natürlich ist es nicht beliebig und natürlich kann man manche besser als andere verwenden, um einen Hexameter zu füllen. Da es aber ja nicht immer dieselben stereotypen Formulierungen sind, sollte man sie sicher nicht übergehen. Ich empfehle, dazu die entsprechenden Worthäufigkeits-Statistiken zu Rate zu ziehen bzw. zu erstellen. Aber ich vertrete natürlich nie die "communis opinio" sondern habe eine eigene :wink:

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Re: Homers Heimat

Beitragvon Didymos » Sa 15. Aug 2009, 15:54

Ich empfinde nicht Drägers Rezension als arrogant ( anmaßend), sondern Schrott, weil er sich einen Fachbereich anmaßt für den er nicht qualifiziert ist.

Irgend ein Nicht-Anglist könnte auch eine neue These zu Shakespeare aufstellen, weil man weiß, daß es da auch größere Streitigkeiten in der anglistischen Forschung gibt ( wahre Identität, Urheberschaft der Werke...) und darauf spekuliert daß die eigene These eben aufgrund dieser Unsicherheiten nicht so klar widerlegt werden kann...
Das wäre aber meiner Meinung nach eine Beleidigung gegen die etablierte Shakespeare-Forschung, gegen qualifizierte Fachleute die eine anglistische Ausbildung abgeschlossen und sich ihr Leben lang seriös mit Shakespeare beschäftigt haben...

Mich stört daß seine Thesen so stark verbreitet und öffentlich rezipiert werden weil er sich geschickt genug vermarktet...Seriöse AltphilologInnen, die weniger spektakuläre Thesen zu bieten haben ( der " Eunuch aus der Türkei" verkauft sich eben besser als z.B. linguistische oder metrische Detailprobleme ) bleiben meistens unbekannt...

Grüße,
Didymos
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Re: Homers Heimat

Beitragvon RM » Sa 15. Aug 2009, 16:11

Schliemann war im Hauptberuf auch Kaufmann und hat etwas erreicht, was den Leuten vom Fach eben nicht gelungen ist - wie peinlich, aber die interdisziplinäre Herangehensweise hat sehr positive Seiten - und so weit weg liegt Schrotts wissenschaftliches Betätigungsfeld nun auch wieder nicht.

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Re: Homers Heimat

Beitragvon Merkur » Sa 15. Aug 2009, 19:06

Laodamas hat geschrieben:Tja, das sind die Thesen des ehrenwerthen Schrott.


Wobei natürlich, lieber Laodamas, doch beachtet werden sollte, dass an der These an sich es ja nichts "Menschenverachtendes" gibt, sondern lediglich in der Formulierung der Überschrift; und die stammt ja wohl vom Autor des Artikels.


Auch mich erstaunt, wie RM, die heftige Reaktion vonseiten der ehrenwerten Altphilologie.
In der an Schrotts Vortrag sich anschließenden Diskussion bezeichnete der Münchener Prof. em. Suerbaum vor versammeltem Publikum und vor Herrn Schrott den ersten Vers seiner Übersetzung weg. mangelnder Zitierfähigkeit (!), d.h. Suerbaum meint, Schrotts erster Vers komme einem "Den Zorn singe" oder einem "Arma virumque" nicht gleich, als "lächerlich". Ich meine, so etwas gehört sich ganz und gar nicht.
Schrott konterte aber ganz nett, indem er sagte, es sei ihm "wurst" gewesen, ob der erste Vers diese epische Zitierbarkeit habe oder nicht.

Zudem denke ich nicht, dass Schrott besonders viel kaputt gemacht hat.
Die Forschung weiß es ja ohnehin besser (od. sie weiß - ganz in ihrem Element - besser, dass sie weniger weiß), der Rest der Welt hat sich noch nie darum geschert, woher Homer denn nun kommt. Schrott hat es also geschafft, Homer wieder in die Feuilletons zu bringen, und die Leute dazu, selbigen zu lesen.
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Re: Homers Heimat

Beitragvon RM » Sa 15. Aug 2009, 19:39

Muß der erste Vers einer Übersetzung "zitierfähig" sein? Daß jemand - auch noch dazu ein verhältnismäßig junger, durchaus gebildeter und in Tunis aufgewachsener Österreicher, ein Nicht-Altphilologe - sich erdreistet, Homer öffentlich vom klassischen Abendland ins Morgenland Kleinasiens zu verlegen, ihn dadurch praktisch der Deutungshoheit der hiesigen Gelehrten zu entziehen und erst durch den EU-Beitritt der Türkei zu einem echten Europäer werden zu lassen, das muß in so mancher Hinsicht den zornigen Trotz der homerischen Gralshüter provozieren, auf der einen Seite wegen der Kühnheit der Aussage, auf der anderen wohl, weil sich so mancher darüber ärgen wird, daß die eigenen Thesen nicht ebenso feurig diskutiert werden.

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Re: Homers Heimat

Beitragvon Platon » So 16. Aug 2009, 13:08

Ich empfehle, dazu die entsprechenden Worthäufigkeits-Statistiken zu Rate zu ziehen bzw. zu erstellen.


Man sieht deutlich, dass man mit viel BlaBla und wenig Ahnung doch sehr interessante Dinge anstellen kann. Deine Worthäufigkeitsstatistik zum Namen "Odysseus" ist z.B. völlig daneben. Vielleicht mal dran denken, dass Odysseus in den homerischen Epen auch nur mit einem Sigma vorkommen kann.

Daß jemand - auch noch dazu ein verhältnismäßig junger, durchaus gebildeter und in Tunis aufgewachsener Österreicher, ein Nicht-Altphilologe - sich erdreistet, Homer öffentlich vom klassischen Abendland ins Morgenland Kleinasiens zu verlegen, ihn dadurch praktisch der Deutungshoheit der hiesigen Gelehrten zu entziehen und erst durch den EU-Beitritt der Türkei zu einem echten Europäer werden zu lassen


Das ist - mit Verlaub - einfach gequirlter Quark. Wer, wenn nicht die Altertumswissenschaft, weist seit Jahren darauf hin, dass der eigentliche Ursprung der europäischen Geistesgeschichte in der Türkei liegt? Wenn man mit diesen Hintergrundabsichten Homer, Troja usw. nach "Osten" verlegt, ist man doch gerade im trennenden Ost-West-Denken verhaftet. Die Deutungshoheit ist ebenso überhaupt nicht in Gefahr, die ernstzunehmende Homer-Forschung (z.B. Latacz, West u.v.a.) arbeitet seit ca. 20 Jahren verstärkt mit Assyriologen zusammen, zum Glück kommen die bei einem griechischsprachigen Epos auch nicht ohne Gräzisten aus. Ebenso interessieren Schrott die von Assyriologen geäußerten Bedenken - wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann - nicht die Bohne.
Schrotts Karatepe"theorie" fußt auf linguistischen Fehlbehauptungen, methodischen Fehlern und der Entdeckerhysterie, vor der man v.a. Archäologen gemeinhin warnt. Das große Problem ist, wie man Schrott denn nun eigentlich einzuordnen hat, m.E. versteckt sich der Wissenschaftler Schrott hinter dem Mantel des Dichters, was natürlich auch bei abstrusesten "Argumenten" und Methoden Narrenfreiheit garantiert - zumal er ja auch kein unsympathischer Zeitgenosse und ein geschickter Manipulator ist. Schrotts "Leistung" ist es eigentlich, zu behaupten, sich mit etwas intensiv auseinandergesetzt zu haben und das dann konsequent auszublenden. Mit Wissenschaft hat das nun überhaupt nichts zu tun. Die Übersetzung ist Mist, wenn sie überhaupt eine ist. Dafür, dass Schrott Homer in die Gegenwart und in die Feuilletons holen will, muss man ihm nun wirklich nicht dankbar sein. Dilettantismus und Beliebigkeit sind mir persönlich schon "in" genug.
Platon
 

Re: Homers Heimat

Beitragvon RM » So 16. Aug 2009, 15:03

Platon hat geschrieben:
Ich empfehle, dazu die entsprechenden Worthäufigkeits-Statistiken zu Rate zu ziehen bzw. zu erstellen.

Deine Worthäufigkeitsstatistik zum Namen "Odysseus" ist z.B. völlig daneben. Vielleicht mal dran denken, dass Odysseus in den homerischen Epen auch nur mit einem Sigma vorkommen kann.
...
Die Deutungshoheit ist ebenso überhaupt nicht in Gefahr, die ernstzunehmende Homer-Forschung (z.B. Latacz, West u.v.a.) arbeitet seit ca. 20 Jahren verstärkt mit Assyriologen zusammen, zum Glück kommen die bei einem griechischsprachigen Epos auch nicht ohne Gräzisten aus.
...
Dilettantismus und Beliebigkeit sind mir persönlich schon "in" genug.

Natürlich kommt auch "Odyseus" mit einem Sigma vor, ca. 110 mal, davon ca. 31 mal in der Ilias - aber das wußtest du ja schon. Interessant ist daran hauptsächlich die relative Häufigkeit. Damit können sich dann z.B. die Computerlinguisten herumschlagen. Übrigens ist es - ich hatte ja schon mal ein bißchen was über die SABRE-Konferenz in Leipzig erzählt - sehr interessant, wie wenig man eigentlich über einen Text wissen muß, um Tendenzen erkennen zu können. Inzwischen verdienen eine Menge Computerlinguisten mit so etwas ihr Geld, aber ich weiß: die Altphilologie ist davon weitgehend unbeeindruckt. :wink:
Mich wundert trotzdem, daß sich die Gemüter bei Schrotts Thesen derart erhitzen, als würden die Experten fürchten, ihr Weltbild könnte zusammenbrechen. Schrott ist ja schließlich weder Kopernikus noch Einstein.
Was übrigens den Dilettantismus betrifft, halte ich es für gefährlicher, sich in Elfenbeintürmen zu verschanzen. Und Homer gelegentlich in die Gegenwart und in die Feuilletons zu holen, ist eine so schlechte Idee nicht.

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