Wie viel war ein Gulden wert?

Fragen zur Geschichte und Archäologie des griechisch-römischen Altertums

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Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon Regina » So 12. Apr 2009, 20:42

Hi, wir lesen gerade einen Text über Studenten im alten Rom, was ihnen erlaubt und verboten ist. Wenn sie zum Beispiel die Universität nachts oder unerlaubt verliessen, mussten sie zwei Gulden Strafe zahlen. Das klingt nach wenig, aber augenscheinlich war es eine harte Strafe (vielleicht auch weil die Studenten nichts verdienten).
Jedenfalls interresiert mich jetzt nat., wieviel so ein Gulden wert war- wie ein Ei, ein Teppich...
Ich weiss bis jetzt nur, dass im 18 Jh 8 Gulden 20 Franken entsprachen und
1252 in Florenz eine Münze zu 3,5 Gramm Feingold geprägt wurde, die man auch Gulden nannte. Aber wie war das im alten Rom? :nixweiss:
Regina
 

Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon RM » Mo 13. Apr 2009, 01:02

Tja, das war dann wohl im Mittelalter - nicht im "alten" Rom. Die erste Universität war die sogenannte "Alma Mater Studiorum" in Bologna, gegründet im Jahre 1088 (http://www.unibo.it/). Wer aber im Mittelalter als Student an einer Universität eingeschrieben war, dessen Eltern litten meist nicht unter Geldmangel. Auch der Gulden ist an sich kein antikes Zahlungsmittel, könnte aber als Übersetzung von aureus (http://de.wikipedia.org/wiki/Aureus) durchgehen.

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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon Regina » Mo 13. Apr 2009, 11:15

Danke! Du hast recht, unser Text kommt von 1477... ups.
Trotzdem weiss ich nicht, wieviel der Wert war. Wir haben "florenus" mit Gulden überstzt (wie es auch als Anmerkung im Buch steht)
Regina
 

Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon RM » Mo 13. Apr 2009, 12:51

Hier gibt's einen Artikel darüber: http://www.muenzen-lexikon.de/lexikon/f/pf088.html.
Das Goldgewicht ist ein guter Anhaltspunkt für den Wert. 1g Gold entspricht viele Jahrhunderte lang ungefähr dem Preis einer Mahlzeit in einem nicht zu teuren Restaurant (z.Zt. ca. 20-25 Euro) - so als grober Richtwert. Damit betrüge die Strafe für die Studenten ungefähr 150 Euro. Dadurch liegt der Abschreckungseffekt sicher weniger im Betrag als vielmehr darin, dem Papa erzählen zu müssen, wofür man das Geld braucht ... :wink:

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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon Laptop » Mo 13. Apr 2009, 18:13

Zu jeder Währung kann man einen Graphen zeichnen der den realen Wert (Kaufwert) im Laufe der Zeit abbildet. Man wird überall das gleiche feststellen: eine über die Jahrhunderte stark abfallende Kurve. Somit hat jede Währung immer nur einen konkreten Wert in einer konkreten Zeit:

Bspw. der Denar: Bild

Mit "Gulden" meint man heute i.d.R. nicht den antiken aureus, sondern den Florentiner Gulden (florenus aureus), d.h. der in Florenz im 13. Jhd. geprägte aureus (= Gulden, von aureus=gülden). Man nannte ihn kurz entweder Florentiner oder Gulden. Beides wird "fl" abgekürzt. 1 Gulden (fl) = 20 Groschen = 60 Kreuzer (x). Der reale Wert kommt wie gesagt auf die konkrete Zeit an.

Wenn, wie in deinem Kontext, der antike aureus gemeint ist, dann ... ich zitiere "Das höchste und wertbeständigste Zahlungsmittel war der aureus, eine 8,19g wiegende Goldmünze. Ein aureus entsprach 25 Denaren (denarii), Silbermünzen mit einem Gewicht von 3,98g. Der Denar ..."
Zuletzt geändert von Laptop am Mo 13. Apr 2009, 18:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon RM » Mo 13. Apr 2009, 18:37

@Laptop: Tja, leider ist in der Graphik das Jahr 1477 nicht abgebildet ... Aber wie ich schon sagte: Die Kaufkraft von 1g Gold hat sich über die Jahrhunderte nicht so stark verändert. Man behalf sich, indem man den Anteil dieses Edelmetalls verringerte (und damit von derselben Menge Gold mehr Münzen prägte, also den Geldumlauf erhöhte, was fast automatisch zu einer Inflation führt. Ähnlichkeiten zur aktuellen Wirtschaftskrise sind rein zufällig). Man buk also sozusagen immer kleinere Brötchen :wink:

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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon Laptop » Mo 13. Apr 2009, 18:42

Ich weiß. Die Frage ist jetzt was der Ursrungsposter wissen möchte. Die Kaufkraft des Guldens, in Ordnung, aber zu welcher Zeit?
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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon RM » Mo 13. Apr 2009, 19:21

Das hat sie doch geschrieben: 1477 ist der terminus ante quem ...
Um herauszufinden, wie viel das ungefähr wert war, müssen wir eigentlich nur den Goldgehalt kennen. Der Goldgehalt müßte ungefähr 3,5g gewesen sein, was einem aktuellen Wert von ca. 70-85 Euro entsprechen dürfte. Man kann eine Kaufkraft von 1470 auch nicht unbedingt mit einer Kaufkraft von 2009 vergleichen, da ja der Warenkorb und auch die Lohnstruktur ganz anders aussieht. Gewiß ist jedoch, daß die Eltern eines Studenten von 1470 auch durch mehrere Strafen in der Höhe von 2 Florentiner Gulden i.d.R. nicht arm wurden ...

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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon Laptop » Mo 13. Apr 2009, 22:25

Sehe ich anders. 1477 hat man für einen Gulden etwa 65 Kilo Rindfleisch oder eine Kuh erhalten. Das dürfte geschätzt so 150€ entsprechen.
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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon RM » Mo 13. Apr 2009, 23:14

Laptop hat geschrieben:Sehe ich anders. 1477 hat man für einen Gulden etwa 65 Kilo Rindfleisch oder eine Kuh erhalten. Das dürfte geschätzt so 150€ entsprechen.

1. Was siehst du anders?
2. Für welche Gegend der Welt galt das? Es gibt nämlich auch heute Gegenden in der Welt, wo man für 80 Euro mehr bekommt als im Zentrum von München ... :wink:

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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon Marcus Hamburgensis » Mo 27. Apr 2009, 22:14

Ich muss das ganze leider etwas komplizierter machen: Es gab mehrere Arten von Gulden. Spontan fallen mir Kammergulden, der Rheinische Gulden und der Lübecker Gulden ein. Die ersten beiden waren Gold- der letztere eine Silberprägung.
Aus welcher Region kommt der Text, bzw. von welcher Universität ist die Rede? ... in Italien oder Deutschland?
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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon RM » Mo 27. Apr 2009, 22:16

Florentiner Gulden ("florenus") um 1477.

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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon Laptop » Fr 1. Mai 2009, 07:56

@RM ich lasse meine Umrechnung in Euro besser beiseite, und belasse es bei der Kuh, was ja schon ziemlich konkret ist. Die wird in München auch einen anderen Preis haben als in Rosenheim, dennoch ist ihr Wert ungefähr abschätzbar. Ein Gulden wäre jedenfalls für einen Hartz-IV-Empfänger eine fatale Summe. Für einen Juristen eher nur Klingelgeld.

@Markus wenn du mehrere Gulden angibst, dann sollte man auch den Hintergrund angeben. daß der Florentiner als "der Gulden" schlechthin gilt, und dessen Verbreitung Vorlage war zu weiteren Gulden die erst weitaus später geprägt wurden. Insofern wären Jahreszahlen, wann geprägt und wielange in Gebrauch zu jeder einzelnen Währung sehr nützlich
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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon Medicus domesticus » Fr 1. Mai 2009, 11:52

Hier ein Bild zum Florentiner Gulden:
Bild

Dann kann man sich das besser vorstellen :)
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Re: Wie viel war ein Gulden wert?

Beitragvon RM » Fr 1. Mai 2009, 11:57

Laptop hat geschrieben:..., dennoch ist ihr Wert ungefähr abschätzbar.

Nein. Er ist nicht vergleichbar mit dem, was eine Kuh bzw. ein "Hochleistungsrind" heute kostet. Auch wenn man den Preis für Fleisch angibt, hängt es von der Art des Fleisches ab, wobei man berücksichtigen muß, daß Fleisch für den menschlichen Verzehr ungleich besser kontrolliert wird als noch vor 500 Jahren. Rindfleisch kann zwischen ca. 2-3 Euro (Großhandel, Quelle: Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie, http://www.bvdf.de/in_zahlen/tab_04/) und 600 Euro (japanisches Kobe-Rind, http://www.kobe-rindfleisch.de/preis-fur-kobe-rind/) pro Kilo kosten, normal sind ca. 10-20 Euro pro Kilo. Aber woher stammen deine Preise?
Es gab aber auch um 1477 nicht nur Hartz-IV-Empfänger. :wink: Und diejenigen, deren Kinder eine Universität besuchten, gehörten sicher nicht dazu.

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