Kalefeld Harzhorn

Fragen zur Geschichte und Archäologie des griechisch-römischen Altertums

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Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Brakbekl » Sa 7. Jan 2012, 10:59

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Re: Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 7. Jan 2012, 14:08

Hierzu im Netz noch eine Informationsseite:
http://www.roemerschlachtamharzhorn.de/
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Re: Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Zythophilus » So 8. Jan 2012, 12:43

Es scheint sich ja um einen militärischen Erfolg der Römer gehandelt zu haben. Wurde er deshalb nicht weiter erwähnt, weil Maximinus, der ja nicht lange danach umgebracht wurde, beim Senat in Ungnade fiel und daher einen schlechten Ruf hatte?
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Re: Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Brakbekl » So 8. Jan 2012, 14:43

Longipes hat geschrieben:Sed profecto fortuna in omni re dominatur; ea res cunctas ex lubidine magis quam ex vero celebrat obscuratque. Atheniensium res gestae, sicuti ego aestumo, satis amplae magnificaeque fuere, verum aliquanto minores tamen, quam fama feruntur. Sed quia provenere ibi scriptorum magna ingenia, per terrarum orbem Atheniensium facta pro maxumis celebrantur.


Und in der Tat wurde er er (der Kaiser) in jeder Angelegenheit von Fortuna günstig begleitet. Alle diese Angelegenheiten (celebrat et obscurat?) besorgte/erledigte er mehr aus Willkür als aus (ex vero?) Gerechtigkeit/Wahrhaftigkeit. Die Taten der Athener, wie ich einschätze, sind, obwohl sie zu genüge berichtet und breit dargestellt worden sind, bei weitem nicht so Gewaltige gewesen, wie die Fama sie darstellt ... (gegenüber denen des Kaisers) Aber weil die wundergroßen Taten der Schreiber ebendort gedeien, werden dieselben (facta atheniensium) per orbis terrarum als die Größten gefeiert. ... So ungerecht ist die Welt, und die Schlacht in Kalefeld wäre vergessen, wenn nicht die ruhmreichen Germanen mit dem Spaten bewaffnet, die Geheimnisse der Vergangenheit an Licht gebracht und der Wahrheit zur Ehre verholfen hätte.

hab ich das richtig verstanden?
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Re: Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Zythophilus » So 8. Jan 2012, 22:33

Man hätte also durchaus mehr von Maximinus gewusst, wenn man den vorhandenen Quellen geglaubt hätte, aber gerade die Historia Augusta gilt ja als unzuverlässig. Wird man bei anderen Informationen auch die Auffassung revidieren?
Immerhin scheint ein Titel wie Germanicus Maximus anders als der inflationär vergebene Germanicus so etwas wie "echter Sieger über die Germanen" zu bedeuten. Dass die Grenze nach der Varus-Schlacht ganz friedlich gewesen wäre, behauptet ohnedies niemand; größere Eroberungen gab es jedenfalls nicht, und die Römer dürften sich darauf beschränkt haben, die Germanen abzuhalten, in römisches Territorium einzudringen. Da kam ein solcher Sieg sicher gelegen.
Dennoch werden Beutezeuge von Germanen - wie sie der sog. Barbarenschatz belegt - häufiger. Wenn die Datierung auf 260 stimmt, dann waren die Erfolge nicht sehr nachhaltig.
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Re: Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Brakbekl » Mo 9. Jan 2012, 14:55

Longipes hat geschrieben: Der nationalistische Traum von der Befreiung Germaniens anno IX p.C.n. lässt sich nun endgültig nicht mehr aufrechterhalten....


Wann begann der eigentlich? Wirklich erst mit dem Aufstieg Preußens? Gibt es eigentlich eine Monografie über die Reception des Herrmann? Tacitus ist doch auch schon vorher gelesen worden.

Noch eine Frage: Es geisterte die Etymologie von Germane = Speermann durch Kreuzworträtsel, z. b.: http://www.cosmiq.de/qa/show/1900823/Ur ... ng-Germane

Gibt es dazu eigentlich Quellen, oder ist das nicht eine römische Fremdbezeichnung für die Ingwäonen gewesen?
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Re: Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Zythophilus » Mo 9. Jan 2012, 17:30

Auch wenn der Begriff Germani eine Fremdbezeichnung durch die Römer ist, erweist er sich als recht brauchbar, da es ja Elemente gibt, die über die einzelnen Stämme hinausgehen, ich nenne die Sprache, die natürlich nicht völlig gleich aber doch sehr ähnlich gewesen sein muss. Wie soll man die germanischen Sprachen denn sonst benennen?
Darüber hinaus machte es wohl einige stolz, sich als Nachfahren der alten Germanen sehen zu können, vor denen sogar die Römer als Herren der damaligen Welt Angst hatten. Andere freuten und freuen sich ja ganz ähnlich darüber, ihren Ursprung von den Römern herleiten zu können. Besonders originell sind da die Rumänen, die stolz darauf sind, sowohl von den Siegern, den Römern, als auch den besiegten Dakern abzustammen.
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Re: Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Brakbekl » Di 10. Jan 2012, 11:58

Longipes hat geschrieben:Die Germanenbegeisterung, insbesondere die Rückführung der Deutschen auf selbige und somit das Interesse an Hermanns Kampf gegen die Römer begann schon weit vor Preußens Aufstieg, und ist etwa so alt wie die Versuche, eine «deutsche» Identität zu definieren, und entstand im Umfeld des Humanismus - man denke nur an die Begeisterungsstürme, welche die Wiederentdeckung der (erst damals so genannten) «Germania» des Tacitus anno 1455 auslöste. Sehr programmatisch drückte Beatus Rhenanus (1485- 1547) das allgemeine Empfinden aus:


Was heißt hier Wiederentdeckung? Hat das Werk ungelesen 1200 Jahre irgendwo in einem römischen Keller gelegen? Oder handelt es sich lediglich um eine großartige Edition, welche das Werk weiten kreisen des deutschsprachigen Raumes bekannt machte? Amerika ist ja auch nur von den Europäern "entdeckt" worden.
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Re: Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Medicus domesticus » Di 10. Jan 2012, 12:11

brakbekl hat geschrieben:Was heißt hier Wiederentdeckung? Hat das Werk ungelesen 1200 Jahre irgendwo in einem römischen Keller gelegen?


Hast du schon mal etwas von den Bücherverlusten in der Spätantike gehört? Wir kennen nur einen geringen Anteil von antiken Werken, die uns häufig nur durch mittelalterliche Abschriften bekannt sind.
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Re: Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Brakbekl » Di 10. Jan 2012, 12:25

Medicus domesticus hat geschrieben:
Hast du schon mal etwas von den Bücherverlusten in der Spätantike gehört? Wir kennen nur einen geringen Anteil von antiken Werken, die uns häufig nur durch mittelalterliche Abschriften bekannt sind.


Ja, aber verloren ist verloren, und wenn es noch da ist, muß es ja irgendwo gewesen sein. Ich kann mir vorstellen, daß es in einer Bibliothek verstellt war, ... aber verloren ist es jedenfalls nicht. Außerdem kann die Eigenschaft verloren nur ein Buch erhalten, von dem man um die Existenz weiß, durch Zitate oder so. Es gibt aber auch viele Bücher und Manuskripte aus den jüngeren Jahrhunderten, von deren Existenz nur noch wenige Experten wissen. Die sind aber nicht verloren, sondern nur ungelesen. Außerdem möchte ich daran erinnern, daß in der Europäischen Kultur, und nicht nur dort - der Topos "altes Buch" sogar von den Dümmsten mit Wert identifiziert wird, ein Bedarf von dem die Antiquare leben. Das heißt, daß die gesamte Kultur immer einen besondern Spot auf "alte Bücher" legte. Insofern wollte ich nur mal genauer nach dem Schicksal des Buches fragen, denn es heißt ja: habent sua fata libelli. Verloren heißt in diesem Sinne. Man weiß allgemein um die Existenz, nur die Adresse, unter der der Text zu finden ist, ist im socialen Cache verloren gegangen.
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Re: Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Medicus domesticus » Di 10. Jan 2012, 12:41

Viele Abschriften und Codices befanden sich in Klosterbibliotheken. Sie wurden oft auch nicht mehr erkannt als Abschriften von antiken Autoren und gerieten in Vergessenheit. Es kam auch zu "Überschreibungen": Man entdeckt eine antike Abschrift unter einem anderen Text. Deswegen kam es auch später erst zu Wiederentdeckungen. Ciceros Briefe z.B. wurden im 14. Jhd. erst von Petrarca wiedergefunden.
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Re: Kalefeld Harzhorn

Beitragvon Zythophilus » Di 10. Jan 2012, 21:49

Natürlich gibt es verlorene Schriften. Manches ist nur unentdeckt, sodass man es wiederfinden kann, aber vieles aus der Antike wie auch anderen Epochen leider für immer verloren.
Nehmen wir Livius: Man war sich des Wertes seiner Schriften immer bewusst, las aber nicht das lange Original, sondern Auszüge, sodass er kaum mehr abgeschrieben wurde. Irgendwann gingen dann die Originale etlicher Bücher verloren.
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