antike Kochkunst

Fragen zur Geschichte und Archäologie des griechisch-römischen Altertums

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » Do 3. Sep 2009, 18:50

Und, habt ihr schon mal probiert, Lauch in Holzkohlen zu braten/grillen/backen? Meiner Meinung nach wird das nichts Tolles ...

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon Platon » Do 3. Sep 2009, 18:59

Und, habt ihr schon mal probiert, Lauch in Holzkohlen zu braten/grillen/backen?


Nicht in, sondern auf Kohlen, siehe: http://www.cojito.de/kochrezept_27193_gegrillter-lauch.htm
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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » Do 3. Sep 2009, 19:17

Bedeckt mit Kohlblättern? Dagegen spricht auch, daß "pruna"=Glut bei Apicius sonst nirgends auftaucht - "pruna" heißt sonst immer Pflaumen - und er sehr spärlich mit Angaben darüber umgeht, womit das Feuer gemacht wird (er erwähnt 1x ein Feuer aus trockenem Holz). "carbones" benutzt er, aber wie Aktivkohle, nicht für's Feuer.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon Platon » Fr 4. Sep 2009, 08:26

Bedeckt mit Kohlblättern?


Ups, ich hab die ganze Zeit "apertos" gelesen, könnte man gut konjizieren... :D

Nee, ernsthaft: Warum nicht? So 'ne Art Lauch-Kohlrouladen, wenn die Kohlblätter blanchiert sind, dürft's ihnen auf dem Grill nicht zu heiß werden (s. Patrik Faas, Around the Roman Table, S. 224 [bei Google Books]), ansonsten könnte man vielleicht noch überlegen, ob der Kohl hier vielleicht als Alufolienersatz dient... :)
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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » Fr 4. Sep 2009, 18:29

Als Alufolienersatz haben sie normalerweise "omentum" verwendet ... Aber davon mal abgesehen, wenn man sich andere Rezepte aus Buch 3 so anschaut, stellt man fest, daß wenn etwas schon nicht gekocht wurde, es in der Pfanne zubereitet wurde, z.B. Kürbisse (cucurbitae) oder Kohl (coliculi). Aus den Rezepten für Kohl fallen einem interessanterweise welche mit Lauch, Oliven und Pinienkernen und Rosinen auf (3, 9, 5+6) - aber beides gekocht, nicht gegrillt. Kürbisse werden auch mal mit Nektarinen bzw. Datteln zubereitet. Das alles spricht nicht dafür, "pruna" mit "Glut" zu übersetzen.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » So 13. Sep 2009, 11:23

Um noch kurz meine Meinung zu dieser Frage kundzutun: Ich bin nach wie vor der Meinung, daß in diesem Rezept gemeint ist, daß der Lauch mit Pflaumen gekocht werden soll, und zwar aus den vorher schon genannten Gründen:
- "pruna" kommt bei Apicius sonst nicht in der Bedeutung "Glut" vor. Außerdem erwähnt Apicius nur ein einziges Mal, womit ein Feuer gemacht werden soll.
- in den zwei folgenden Rezepten wird der Lauch einmal "in baca" (nach den zwei ältesten Codices) und dann mit vielen Bohnen (fabae plurimum) gekocht, wozu "in prunis" = in/mit Pflaumen passen würde.
- Lauch wird in antiken und mittelalterlichen Rezepten sonst nicht gegrillt, sondern nur in Wasser gekocht oder höchstens mit Fett in der Pfanne geschmort.
- Wollte man Lauch grillen, müßte man sehr aufpassen, daß er nicht verbrennt und zu sehr austrocknet. Das geht zwar bei ein paar Lauchstangen, wird jedoch bei den bei Apicius üblichen größeren Mengen (im ersten Rezept steht "pugnum salis", was für etwa 3-4l Wasser reicht) schwierig.
- In Apic. 3, 10, 2+3 steht jeweils "ut supra", was darauf hindeutet, daß die Zubereitungsart ähnlich der des ersten Rezeptes ist - dort wird der Lauch mit Salz in Wasser und Öl gekocht.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon Medicus domesticus » So 13. Sep 2009, 12:57

@RM:
Schau mal hier, die sind sich auch nicht ganz einig. Entweder Lesart auf "Glut" oder "in primis":
Wrap the leeks well in cabbage leaves, having first cooked them as directed above (1) and then finish them in the above way.

(1) Tor. in primis — first; List., G.‑V. in prunis — hot embers.


Quelle:
http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/R ... tml#80ref1
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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » So 13. Sep 2009, 13:26

Ja, die Lister-Ausgabe ist 300 Jahre alt, aber recht gut gemacht - leider schreibt er nicht, woher er die Lesarten hat. Allerdings - das kann ich gar nicht oft genug betonen - haben die Römer ihr Gemüse wohl nie direkt in Holzkohlenglut gebacken oder gegrillt. Apicius hat außerdem "pruna" sonst nicht als "Holzkohlenglut" benutzt. Wenn er so etwas brauchte, nahm er "cinis calidus", nämlich dreimal im 4. Buch und einmal in den Exzerpten.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon Zythophilus » Mo 21. Sep 2009, 17:25

Mit der entsprechenden Menge garum sind die Zutaten ohnedies eher zweitrangig.
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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » Mo 21. Sep 2009, 18:26

Ja, dann wird's zu salzig und man kann es wegwerfen.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » Mi 23. Dez 2009, 01:34

So, und jetzt mal wieder ein weihnachtliches Rezept, und zwar für Crêpes (aus dem Liber de Coquina, um 1300):
Crispellas sic fac: habeas farinam albam distemperatam cum ouis, addito safrano. Et pone ad coquendum in lardo tantum; et quando decocte fuerint, pone desuper zucaram uel mel. Et comede.
Man soll also weißes Mehl mit Eiern verrühren (ich würde sagen so ca. 4 Eier auf 100g Mehl, Milch wird in diesem Rezept nicht verwendet), und ein wenig Safran hinzufügen. Dann zerläßt man in der Pfanne Speck (man kann auch reines Schweineschmalz nehmen), brät die Crêpes darin, bis sie leicht angebräunt sind und streut, wenn sie fertig sind, Zucker darüber oder bestreicht sie mit Honig.
Man muss etwas üben, da sie dazu neigen, erst einmal am Pfannenboden hängenzubleiben.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » So 6. Jun 2010, 13:20

Nach langer Zeit wieder mal etwas Neues:
Kennt ihr alle das "Registrum Coquine"? Dabei handelt es sich um ein Kochbuch aus der ersten Hälfte des 15. Jhdts. von Johannes Bockenheim bzw. Buckenheym, der zu den Bediensteten von Papst Martinus V gehörte, ebenfalls (wie Apicius und Liber de Coquina) auf Latein, in zwei Handschriften überliefert und mit ca. 80 verschiedenen Rezepten. Die Rezepte sind größtenteils sehr einfach gestaltet, nicht so phantasievoll wie die apicianischen oder die aus dem Liber de Coquina, aber ein interessantes kulinarisches Zeugnis des ausgehenden Mittelalters.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon philistion » So 6. Jun 2010, 14:14

Findet man das irgendwo im Netz?

Ich hab bis jetzt nur einen kurzen Auszug von einer französischen Seite gefunden.

5 - Sic prepara carnes bovinas.
Recipe et lava bene ut prius; et fac illas bene bulire. Et mitte superius anetum viridum, aut cepas, cum sale, et zapharano, cum modico aceto. Et erit bonum pro Almanis.

http://www.oldcook.com/jean_bockenheim.htm
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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » So 6. Jun 2010, 16:37

Die Zeitschrift, in der die Transskription von Bruno Laurioux veröffentlicht wurde, ist komplett im Netz, siehe: http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/issue/mefr_0223-5110_1988_num_100_2 (3. Artikel von oben). Ich finde die Transskription nicht besonders toll, besonders da Laurioux anscheinend fast nur die Handschrift aus der Segal Collection benutzt und die Lesarten und einige zusätzliche Rezepte des Exemplars aus der Bibliothèque Nationale nur unvollständig erwähnt bzw. bearbeitet hat. Außerdem sind ein paar Fehler drin, aber der Kommentar ist ganz brauchbar - und immerhin ist es überhaupt vorhanden.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon Laptop » So 6. Jun 2010, 21:05

RM hat geschrieben:Außerdem sind ein paar Fehler drin, aber der Kommentar ist ganz brauchbar - und immerhin ist es überhaupt vorhanden.


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