Der inschriftliche Nachruf auf eine römische Matrone, der als "Laudatio Turiae" bekannt ist, ist ein interessantes, aber (wie mir scheint) um so schwierigeres Sprachdenkmal aus augusteischer Zeit. Der fragmentarische Zustand des Textes erlaubt uns nicht, die ganze dort erzählte Geschichte nachzuvollziehen, was sich dann bei der Interpretation einzelner Passagen negativ auswirkt.
Der Ehemann spricht in der Inschrift zu der verstorbenen Gattin und erzählt u.a., wie sie ihm als in Ungnade Gefallenenem geholfen hat. Er musste auswandern oder sich zumindest versteckt halten (nichts Genaueres weiß man nicht) und konnte erst dank ihren Bemühungen bei den damaligen Machthaber rehabilitiert werden.
Dann erzählt er, dass irgendwann wegen des Verdachtes der Unfruchtbarkeit eine Schiedung ins Auge gefasst wurde: und da heißt es:
(40)Fatear necessest adeó (*) me exarsisse ut excesserim mente ... (41) agitari divertia inter nos [ante quam] fató dicta lex esset, posse [te] aliquid concipere mente, qua[re viva desineres] (43) esse mihi uxor, cum paene exule me vitá fidissuma perman[sisses].
Zum allerletzten Satz (cum...permansisses) gibt es zwei mögliche Übersetzungen
1. vitá geht mit exule me, das wäre dann ein (poetischer) Ausdruck für "sterben".
2. es bezieht sich auf fidissuma. Dann stellt sich aber die Frage, was ein solcher Zusatz dem Sinn der Aussage hinzufügen würde.
Kennt jemand von Euch Beispiele, wo vitâ in prägnantem Sinne in der Bed. "im/mit dem ganzen Leben" o.ä. benutzt wird?
Valete
Domingo
(*) Der Akzent ´ zeigt einen Langvokal an.