[Das Hobby als Beruf] SOS -Lateinlehrer/innen gesucht

Fragen zur Ausbildung rund um die alten Sprachen, ihrer Geschichte und ihrer Archäologie

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[Das Hobby als Beruf] SOS -Lateinlehrer/innen gesucht

Beitragvon consus » Fr 14. Nov 2008, 10:53

Achtung, Werbung!
Es ist bekannt, welcher Mangel an Lateinlehrer/inne/n in Schulen, zumindest in Nordrhein-Westfalen, besteht. Sie werden gleichsam händeringend gesucht. Deshalb wäre es schön, wenn Schüler/innen der Sekundarstufe II auch einmal die Möglichkeit eines Studiums der lateinischen Philologie ins Auge fassten.
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Beitragvon Merkur » Fr 14. Nov 2008, 13:02

In München sind es heuer an die 160 ... normalweise seien es zw. 25 und 50, wurde mir gesagt.
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Beitragvon Platon » Fr 14. Nov 2008, 13:17

Kann ich aus eigener Erfahrung auch sagen, Studenten gibt's in Baden-Württemberg und Bayern mittlerweile genug, die Anfängerzahlen haben sich stellenweise über die Jahre hinweg verdreifacht, so dass es eigentlich nur eine Frage der Zeit ist, bis wieder alles besetzt ist. Hoffen wir, dass die, die jetzt anfangen, dann nicht vor den besetzten Stellen stehen, weil man ihnen jahrelang weisgemacht hat, sie bekämen auf jeden Fall eine Stelle.

Wie sieht's denn in NRW mit Griechisch aus?
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Beitragvon consus » Fr 14. Nov 2008, 14:03

Servus.
Angesichts der Stundenzahlen in den Schulen, auch angesichts der Tatsache, dass in der Sekundarstufe II an manchen Schulen aus sog. organisatorischen Gründen (u. a. zu geringe Anzahl von Anmeldungen, aber auch latente Abneigung der Schulleitung) Leistungskurse in Latein nicht mehr zustande kommen, ist es nicht verwunderlich, wenn es um die sprachlichen Vorkenntnisse von Studienanfängern in der lateinischen Philologie nicht immer zum Besten steht und so Probleme beim Studium auftreten können. Die Zahl der Studienanfänger ist daher selbstverständlich nicht mit der Zahl der Absolventen gleichzusetzen. Wer aber schon am Anfang des Studiums durch intensive Arbeit seine Grundkenntnisse erweitert und sichert, wird erfolgreich seinen Weg weitergehen, sich aber immer wieder ehrlich fragen müssen, ob er sich für die künftige Arbeit in der Schule geeignet hält; denn da spielen ja bekanntermaßen auch noch andere Gesichtspunkte eine Rolle.
Was den Griechisch-Unterricht in Nordrhein-Westfalen angeht, verweise ich auf eine Untersuchung der Univ. Regensburg:
http://www.uni-regensburg.de/Fakultaeten/phil_Fak_IV/Klass_Phil/Gruber-Dateien/Statistik2005.htm
An sehr vielen Gymnasien ist Griechisch quasi ausgestorben. An manchen Schulen wird es in der Sekundarstufe I im Differenzierungsbereich angeboten, ist aber auch da abhängig vom Ausgang der Fächerwahl, welche – wie ich vermute – an der einen oder anderen Schule durch die entsprechende Beratung der Schüler/innen nicht unerheblich beeinflusst wird.
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Beitragvon chefren » Fr 14. Nov 2008, 14:03

Dann waeren wir aber wieder beim leidigen Thema was bringt es wenn hunderte pro Semester neu anfangen in den jeweiligen Bundeslaendern aber letztendlich die Stellen soweit abgebaut werden als das kaum noch neue eingestellt werden?

Ich weiss von vielen Schulen wo Latein als 2 und 3 Fremdsprache in Kooperation mit anderen Schulen unterrichtet wird weil die Kurse einfach nicht voll kriegen oder eben weil die entsprechende Stelle nach Pensionierung nicht neu besetzt wird. Da kenn ich persoenlich auch einige Lehrer die in NRW nichts bekommen haben und deshalb nach Rheinland Pfalz gegangen sind.

Desweiteren wird doch allg. gerad bei Fremdsprachen (insb. eben Latein) wohl in Zukunft massive Einsparungen geben aufgrund der verkuerzten Schulzeit., insbesondere wo doch Spracherwerb jetzt bei vielerlei Bacheolor Studiengaengen mit im Stundenplan fest verankert ist.
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Beitragvon RM » Fr 14. Nov 2008, 19:08

Na, dann werden die zukünftigen Bachelor-Absolventen außer einigen fragwürden Sprachenkenntnissen ja nicht viel vorweisen können - tolle Aussichten :sad:

Es hat auf der anderen Seite kaum Sinn, mit dem Studium von etwas zu beginnen, das JETZT gebraucht wird und nicht in 5 Jahren. Bis man nämlich fertig ist, hat sich die Situation meist erheblich gewandelt. Der Staat (Länder und Bund) werden in den nächsten 2-3 Jahren auch zu massiven Einsparungen gezwungen sein, da das Geld ja auf unerfindliche Weise verschwunden ist.

Im universitären Umfeld erlebt Altgriechisch im Moment jedenfalls ein unglaubliches Comeback, wenn man davon absieht, daß es schwierig ist, Leute zu finden, die das überhaupt lesen können.

Aber wie sagte mir vor Kurzem ein Professor aus Bologna: "Im 18. Jahrhundert gab es in ganz Bologna 4 Leute, die gut Altgriechisch konnten." Diese Situation hat sich inzwischen merklich gebessert. ;-)

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Re: SOS -Lateinlehrer/innen gesucht

Beitragvon Princeps » Sa 15. Nov 2008, 01:02

consus hat geschrieben:Achtung, Werbung!
Es ist bekannt, welcher Mangel an Lateinlehrer/inne/n in Schulen, zumindest in Nordrhein-Westfalen, besteht. Sie werden gleichsam händeringend gesucht. Deshalb wäre es schön, wenn Schüler/innen der Sekundarstufe II auch einmal die Möglichkeit eines Studiums der lateinischen Philologie ins Auge fassten.
:idea:


Schon erstaunlich, dass es in NRW eine stattliche Zahl von Gesamtschulen gibt, die zwar über Lateinlehrer verfügen, diese aber nicht in diesem Fach einsetzen, weil die Schulleitung nach hehren Anfängen doch erkennen musste, dass die überwiegende Schülerklientel mit Hauptschul- und Realschulempfehlung vielleicht doch nicht die geistigen Voraussetzungen (und die Arbeitshaltung) mitbringt, um in diesem Fach einem halbwegs lehrplangemäßen Unterricht zu folgen und mit einer Note (im Wahlpflichtbereich oft als Hauptfach ab Kl. 7, jetzt 6) 'Ausreichend' oder schlechter abzuschließen, womit sie sich die Qualifikation für die Oberstufe verbauen. Plötzlich finden sich dann Schüler/-innen in der Klasse 10 - nachdem sie sich (und andere) jahrelang im Latein-Unterricht gequält haben - im Koch- oder Babywickelkurs wieder, wo sie dann auch ohne Ahnung noch eine passable Note ergattern und ihren Abschluss retten.
Dann gibt es die Gesamtschulen mit fünf dreistündigen Lateinkursen und drei Lehrern: somit gibt doch fast jede Lehrperson dann immerhin 6 Std. Latein pro Woche.
Für die Versetzung gilt allerdings, dass die Lehrerversorgung der einzelnen Schule Vorrang hat - welche Lehrer das sind, interessiert nur am Rande.
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Beitragvon Christophorus » Sa 15. Nov 2008, 20:47

also doch ein ausreichendes Angebot bzw. Überschuss, Abwanderung in andere Bundesländer wegen Mangel an Lateinstellen in NRW????

das ist mir völlig neu!!!
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Beitragvon chefren » Sa 15. Nov 2008, 21:08

aufgrund von mangelndem angebot / wegfall an schulen / keiner neuen einstellung weil z.b. 1 lehrer reicht ==> abwanderung.

und wenn pro stufe nur noch ein kurs zusammen kommt braucht man keine x-fache besetzung der stelle und ich weiss es noch von meiner schulzeit her. das wir in der stufe mit 150 leuten waren und davon nicht mal 1/5 hat latein belegt ... egal ob als 1,2 oder 3, fremdsprache
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Beitragvon Michael » Di 11. Aug 2009, 23:31

Platon hat geschrieben:Kann ich aus eigener Erfahrung auch sagen, Studenten gibt's in Baden-Württemberg und Bayern mittlerweile genug, die Anfängerzahlen haben sich stellenweise über die Jahre hinweg verdreifacht, so dass es eigentlich nur eine Frage der Zeit ist, bis wieder alles besetzt ist. Hoffen wir, dass die, die jetzt anfangen, dann nicht vor den besetzten Stellen stehen, weil man ihnen jahrelang weisgemacht hat, sie bekämen auf jeden Fall eine Stelle.


Ist das in Baden-Württemberg tatsächlich abzusehen, dass man als Anfänger dann in 7 Jahren keine Stelle bekommt?
Ich meine, dass ich aufgrund meines voraussichtlichen zweiten Faches, Englisch, nicht explizit eine Stelle finden werde, damit habe ich mich ja abgefunden, aber ich dachte, Latein wäre doch recht sicher.
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Re: [Das Hobby als Beruf] SOS -Lateinlehrer/innen gesucht

Beitragvon RM » Mi 12. Aug 2009, 18:27

Das ist immer so - nennt man Schweinezyklus: Wenn man mit dem Studium fertig ist, werden Leute gebraucht, die alles anders gemacht haben als man selbst ... :shock:
Aber keine Angst! Zum Schluß finden die allermeisten doch einen Job.

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Re: [Das Hobby als Beruf] SOS -Lateinlehrer/innen gesucht

Beitragvon Latein-Fan » Mi 12. Aug 2009, 19:49

@ RM

recte dixisti! Wer sagt, dass man nach einem Studium genau das werden muss, was man studiert hat?

Es gibt Berufe, von denen man nicht mal weiß, dass diese überhaupt existieren. Man nehme die vielen Absolventen in den angepriesenen naturwissenschaftlichen Studiengängen her - denen geht es auch nicht besser als Philologen oder sonst jemandem!
Man gehe mal zu seiner Hausbank und jammere dort über sein Leid, vl. bekommt man ja über drei Ecken was, wenn du ihnen sympathisch bist ;-)

Networking ist alles....

es grüßt,
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Re: [Das Hobby als Beruf] SOS -Lateinlehrer/innen gesucht

Beitragvon Michael » Mi 12. Aug 2009, 20:56

Ja, das Prinzip ist schon klar. Aber das trifft ja heute nicht mehr in solchem Ausmaß zu, wie es vielleicht früher einmal der Fall gewesen sein mag. Obgleich heute ständig der "Ingenieurmangel" beklagt wird, beginnen doch z.B. nicht mehr Leute ein ingenieurwissenschaftliches Studium ...

Aber ach, es ist schon hart. Laut Kultusministerium sind in BW nur Kunst-, Musik- und weibliche Sportlehrer besonders gesucht. Toll.
Ich meine, bei einem geisteswissenschaftlichen Studium ist es im Endeffekt doch dann auch egal, ob ich Lehramt oder Bachelor studiert habe - einen Job bekomme ich so oder so nicht? Na ja, immerhin kann ich dann unter der Brücke Shakespeare und Cicero rezitieren ...
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Re: [Das Hobby als Beruf] SOS -Lateinlehrer/innen gesucht

Beitragvon RM » Mi 12. Aug 2009, 21:36

Grundsätzlich wird gerne das studiert, was bei entsprechender Kosten-Nutzen-Rechnung das meiste abwirft, also BWL, Jura, Medizin, ... Da man zwar Ingenieure braucht, das Studium jedoch vergleichsweise schwer ist und die Durchschnittsgehälter dafür zu niedrig sind, wird die Industrie noch eine ganze Weile jammern dürfen bzw. die Entwicklung nach China, Indien und Vietnam auslagern (viel Spaß!). Geisteswissenschaftler meint man - außer an Schulen und Unis - kaum "zu brauchen", wobei das so natürlich nicht stimmt. Wir brauchen auch Musiker, Buchautoren und Filmemacher, und zwar viele und gute. Warum? Wenn wir die nicht haben, kauft niemand iPods, Fernseher etc., weil man damit dann nichts anfangen kann.

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Re: [Das Hobby als Beruf] SOS -Lateinlehrer/innen gesucht

Beitragvon Michael » Mi 12. Aug 2009, 22:21

Nur dass man kein Wissenschaftler sein oder studiert haben muss, um Bücher zu schreiben oder Lieder zu singen. Von dem Entwickler des entsprechenden Wiedergabegerätes wird man das schon eher erwarten dürfen.
Sei mal ehrlich: Welcher Beruf außerhalb des (Hoch-)Schulwesens setzt tatsächlich ein (bestimmtes oder unbestimmtes) geisteswissenschaftliches Studium voraus?
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