Suche Onlinepublikationsorgan

Fragen zur Ausbildung rund um die alten Sprachen, ihrer Geschichte und ihrer Archäologie

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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon CIS » Sa 31. Mär 2012, 08:29

Wie gesagt: Über die Kostenfrage lässt sich seriös eigentlich nicht diskutieren, ohne echte Berechnungen anzustellen. Eine kleine Onlinezeitschrift hat jedenfalls wesentlich weniger Kosten als von dir beschrieben. Was haben die denn für einen Traffic? Da könnte man mal nachfragen. Tatsache ist: Eine simple Homepage, die von einigen Hundert Menschen pro Monat besucht wird, lässt sich mit 20 Euro im Jahr betreiben. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.

"Offline-Bibliotheken" sind auch nicht umsonst. Im Gegenteil.
Wikipedia, eines der größten Online-Angebote überhaupt, braucht im Jahr 10 Millionen Dollar. Die Bibliothek der FU Berlin gab 2010 insgesamt mehr als 7 Millionen Euro aus. Eine einzige große Uni-Bib.

Das Problem wird lediglich die Übergangszeit: Wenn noch gedruckte Bibliotheken bestehen und unterhalten werden müssen, aber das meiste schon online publiziert wird.

RM hat geschrieben:Ich habe nicht von alten zerfledderten Büchern gesprochen, sondern von alten herrenlosen Dateien, von denen keiner mehr weiß, wozu sie mal gut waren.


Das ist im Prinzip dasselbe. Bibliothekare lassen heute zerfledderte Bücher, von denen vielleicht keiner mehr weiß, warum sie mal angeschafft wurden, herrichten, besorgen von fehlenden Seiten Kopien aus anderen Bibliotheken etc. Dasselbe tun Systemadministratoren mit "verwaisten" Dateien. Es ist nicht wahr, dass Dateiformate extrem schnell veralten. Ich kann meine 15 Jahre alten Dateien auch heute noch problemlos öffnen.

RM hat geschrieben:Du merkst ja gar nichts davon, dass der Ersteller des Artikels diesen schon vor 2 Monaten fertig hatte, also kannst Du Dich darüber auch nicht aufregen.

Nein, aber ich bemerke, dass zu aktuellen Themen, die momentan heißt diskutiert werden, Beiträge nur sehr schleppend verfügbar werden, obschon ich mir sicher bin, dass Leute dazu etwas schreiben.

RM hat geschrieben:Die Autoren haben aber vielleicht gar keine Lust, mehr Zeit für die Produktion von Dingen aufzuwenden, die die anderen dann umso leichter nutzen können.


Dann haben diese Leute in der Wissenschaft nichts verloren. Ein Wissenschaftler muss sich immer in den Dienst der folgenden Generationen stelle, muss immer "serviceorientert" sein. Unter anderem dafür sind Fußnoten erfunden worden: damit die nächsten Forscher die Ergebnisse überprüfen können und darauf aufbauen können.
Wer nicht will, dass seine Erkenntnisse genutzt werden, darf nicht Wissenschaftler werden. Ich rede nicht von Plagiaten oder Ideenklau. Ich rede vom legitimen Zitieren und Nutzen. Genau das muss das Ziel eines jeden Forschers sein: anderen Forschern zu nutzen. Natürlich bedeutet das auch wissenschaftlichen Ruhm und Anerkennung. Das soll niemandem stretig gemacht werden. Aber den zu erreichen heißt: Etwas tun, was der Forschung nutzt. Und das tun reine statischen Texte weniger als getaggte, interaktive, filterbare, verlinkte, durchsuchbare.
Da ist die Sientific Community gefragt, diejenigen zu ächten, die das nicht machen. Das wird lange dauern, viele Zwischenlösungen erfordern (auch für die Veröffentlichung meiner Dissertation werde ich zu einer solchen greifen)
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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon RM » Sa 31. Mär 2012, 15:59

Und, schon eine Wahrnehmungsvertrag bei der VG Wort abgeschlossen, wie ich das vorgeschlagen habe?

Was die Kosten angeht, so glaube ich, dass in der Bibliothek der FU Berlin ein paar Bücher mehr stehen als eine Ausgabe der Encyclopaedia Britannica (was, sagen wir, in etwa der Wikipedia entspricht). Wir könnten uns mal die On- und Offline-Angebote der anderen großen Bibliotheken anschauen, z.B. der Deutschen Nationalbibliothek http://www.dnb.de/DE/Home/home_node.html, die auch Online-Publikationen hostet. Dort kann man auch eigene Online-Publikationen archivieren, also für die Ewigkeit aufbewahren lassen - schon gemacht? Man schickt die eigene Veröffentlichung als PDF dorthin und sie wird dann mit einer dauerhaft verfügbaren Adresse versehen usw. Die Deutsche Nationalbibliothek verfügte 2010 über ein Budget von knapp 49 Mio. Euro (s. Jahresbericht der DNB). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bücher von der DNB i.d.R. nicht gekauft werden müssen. Der größte Teil der Ausgaben sind mit 33 Mio Euro die Personalkosten. So, das wären ungefähr die Größenordnungen. Zu glauben, dass man die Personalkosten durch digitale Angebote beliebig reduzieren kann, ist meiner Meinung nach ein Irrtum, denn nach wie vor muss man Leute beschäftigen, die sich um das Sammeln, Ordnen und Verwalten kümmern. Ein Vorteil elektronischer Publikationen mag die Verfügbarkeit sein, ein Nachteil ist die geringe Redundanz, da man vielleicht noch 3-5 Kopien der Werke hat, aber nicht 100-10000 wie bei einem Buch. In normalen Zeiten ist das o.k., in echten Krisenzeiten (Krieg etc.) gehen die 3-5 zentral gelagerten Kopien schnell verloren - dann hat man gar nichts mehr. Wir können uns jedenfalls nicht darauf verlassen, ob das, was heute geschrieben wird, nach 1000 Jahren noch verfügbar ist. Es mag für unsere Ohren zwar seltsam klingen, aber auch darauf ist die Menschheit angewiesen, um sich weiterzuentwickeln.

Wie ein Wissenschaftler agieren sollte, ist ja schön formuliert. In der Praxis spielen jedoch die eigene Profilierung und der karrieregedanke eine sehr große Rolle, auch wenn das natürlich niemand zugibt. Da steht immer die Frage im Raum, ob das, was ich tue, mir auch etwas nützt. Für mich ist es manchmal besser, ich veröffentliche schnell etwas, bevor es ein anderer tut, und kümmere mich um die nutzerorientierte Aufbereitung nicht so sehr, weil die ja viel Zeit kostet und keinen Erkenntnisgewinn bringt.

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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon CIS » Sa 31. Mär 2012, 17:51

Ich habe heute morgen bei meinen Recherchen eine interessante Ressource entdeckt. Nämlich die deutsche Bibliotheksstatistik (http://www.hbz-nrw.de/angebote/dbs/) Da kann man sich ziemlich viel über deutsche Bibliotheken anzeigen lassen.

Ich habe mir anzeigen lassen, was sämtliche dort erfassten Bibliotheken 2010 für den Erwerb ausgaben: 283.038.753 Euro. 280 Millionen. Nochmal zur Erinnerung: Die ganze Wikimedia kostet pro Jahr 10 Millionen Dollar. Eine der am häufigsten aufgesuchten Internetseiten überhaupt. Wenn sämtliche deutsche Bibliotheken ab sofort keinen Cent mehr für den Erwerb von Medien ausgeben würden, sondern alles in den Aufbau und Unterhalt von stabilen, redundanten Datensystemen stecken würden, könnte das über 10 Mal so viel kosten wie die Wikipedia. Und kein Cent bei Personal-, Gebäudekosten etc. müsste gespart werden. Ich glaube, das würde reichen.

Was die Redundanz angeht, muss man auch Privatkopien einbeziehen. Es ist wesentlich aufwändiger ein ganzes Buch zu kopieren, als eine PDF abzuspeichern. Deshalb mache ich letzteres viel häufiger. Ich habe auf meinem Rechner einige gemeinfreie Google-Books-Scans liegen. Wenn das alle so machen, sehe ich das Überleben der Daten auch im Krisenfall als gesichert an. (Man könnte sogar gezielt dafür werben: "Sichere den Erhalt des Gedankengutes des 21. Jahrhunderts! Speichere die Daten lokal bei dir!")
Übrigens gibt es ja auch diese "Datenbunker". Auch das wäre von 280 Millionen im Jahr zu bezahlen.

Was das wissenschaftliche Verhalten angeht, gebe ich dir Recht. Trotzdem haben sich gewisse Spielregeln herausgebildet, an die sich jeder Wissenschaftler beim Publizieren halten muss. Es wird schwer sein, weitere und neue zu etablieren. Aber es brächte einen großen Nutzen. Und es ginge nur digital. Was mir da vorschwebt, ist mit gedruckten Werken einfach nicht zu machen.

Einen Wahrnehmungsvertrag bei der VG Wort werde ich nicht abschließen, aber das ist eine andere Diskussion.
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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 31. Mär 2012, 21:06

Das finde ich viel zu kompliziert.
Wissenschaft kenne ich auch aus eigener Erfahrung.
Ich habe doch lieber Zeitschriften und Bücher zur Hand. Es gibt aber auch gute Zeitschriftenportale.
Wissenschaftliche Veröffentlichung im I-net heißt nicht unbedingt Qualität.. :-o
Es ist doch oft auch unglaublicher Mist. Der muß gefiltert werden.
In meiner "Branche" Medizin gibt es da kein Problem, da es multiple Veröffentlichungsmöglichkeiten gibt.
Ich habe bei der MMW auch einen Artikel über Schlafapnoe gekoppelt mit Hypertonie veröffentlicht, ganz unkompliziert.
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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon CIS » Sa 31. Mär 2012, 21:55

Medicus domesticus hat geschrieben:Das finde ich viel zu kompliziert.

Was jetzt genau? Die Diskussion? Semantisches Tagging?

Medicus domesticus hat geschrieben:Ich habe doch lieber Zeitschriften und Bücher zur Hand.

Ich finde, persönlicher Geschmack sollte hier nicht Ausschlag gebend sein. Hier geht es um größere Zusammenhänge. Auch wenn ich zugeben, dass auch ich meinen persönlichen Geschmack habe und der in gewisser Weise meine Ansicht prägt.

Medicus domesticus hat geschrieben:Wissenschaftliche Veröffentlichung im I-net heißt nicht unbedingt Qualität.. :-o
Es ist doch oft auch unglaublicher Mist. Der muß gefiltert werden.

Es gibt auch auf Totholz unglaublichen Mist. Auch in Fachperiodika. Mist gibt es überall, das hat nichts mit dem Medium zu tun.

Medicus domesticus hat geschrieben:In meiner "Branche" Medizin gibt es da kein Problem, da es multiple Veröffentlichungsmöglichkeiten gibt.
Ich habe bei der MMW auch einen Artikel [...] veröffentlicht, ganz unkompliziert.

Ich verstehe den Punkt nicht. Was genau sind "multiple Veröffentlichungsmöglichkeiten"?
Und wer definiert, was "keine Probleme" sind? Aus dargelegten Gründe halte ich eine Veröffentlichungsform aus statischem Text für ein Problem.
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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 31. Mär 2012, 22:00

Deine Argumentation ist o.k.
Aber bei wissenschaftlichen Problemen in der Medizin schließen wir uns sowieso interdisziplinär zusammen, auch auf Konferenzen, jetzt auch wieder bei der DHL. Da sind Veröffentlichungen sowieso bekannt.
Ich glaube, du unterschätzt die interdisziplinäre Zusammenarbeit, auch über I-net.
Zuletzt geändert von Medicus domesticus am Sa 31. Mär 2012, 22:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon RM » Sa 31. Mär 2012, 22:00

CIS hat geschrieben:Einen Wahrnehmungsvertrag bei der VG Wort werde ich nicht abschließen, aber das ist eine andere Diskussion.

Umso besser! Dann bleibt ja mehr vom großen Kuchen für uns andere Autoren übrig. :)

Medicus domesticus hat geschrieben:Es ist doch oft auch unglaublicher Mist. Der muß gefiltert werden.

Das sehe ich als Hauptgefahr bei Veröffentlichungen im Internet. Abgesehen davon, dass auch heute noch ein veröffentlichtes Buch im Wissenschaftsbetrieb mehr Renommee bedeutet als 10 große PDFs, ist die Qualität und Filterung der Publikationen ganz wichtig, da wir andernfalls irgendwann in einem Tsunami von Nonsens ertrinken. Wir wissen schon jetzt kaum noch, welche Daten wir aufheben müssen und welche wir löschen können. Meiner Meinung nach ist das Internet hauptsächlich für kurzlebiges Wissen geeignet, nicht aber für die wirklich großen und wichtigen Erkenntnisse, die auch in 500 Jahren noch Bedeutung haben werden - als Beispiel nehme ich mal die Konzeption des heliozentrischen Weltsystems. Ein solches Jahrtausendergebnis kann man nicht einfach 5 Festplatten anvertrauen, die wer weiß wo drinstecken (wer weiß schon, wo alle diese netten Server stehen?). Natürlich kann man PDFs auf seinen eigenen Rechner kopieren, aber im richtigen Ernst- bzw. Katastrophenfall ist das alles weg oder kaputt. Bei 1000 Büchern hat man eine größere Chance, dass eines erhalten bleibt, einfach aus statistischen Gründen. Für Langzeitarchive muss man etwas entwickeln, das ohne Strom 100 Jahre hält, das keine Kenntnis des Formates benötigt und am besten mit bloßem Auge zu entschlüsseln ist. Gedruckte Bücher erfüllen diese Voraussetzungen.

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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 31. Mär 2012, 22:09

Da muß ich RM recht geben. Ich mache wissenschaftliche Recherche schon seit "Jahrzehnten"... und ich gehe immer noch gerne in eine UniBib....Die Quellen sind umfangreich. Das Schöne ist, dass man zur Suche seinen Geist anstrengen muß, aber man wird immer wieder fündig. Unkritische Internetveröffentlichungen finde ich nicht o.k.
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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon philistion » Sa 31. Mär 2012, 23:48

Medicus domesticus hat geschrieben:Da muß ich RM recht geben. Ich mache wissenschaftliche Recherche schon seit "Jahrzehnten"... und ich gehe immer noch gerne in eine UniBib....Die Quellen sind umfangreich. Das Schöne ist, dass man zur Suche seinen Geist anstrengen muß, aber man wird immer wieder fündig. Unkritische Internetveröffentlichungen finde ich nicht o.k.

Ich könnte mir vorstellen, dass die heutige Generation das großteils schon anders sieht, als RM und Medicus. :)
Man muss sich - glaube ich - von dem leicht kulturpessimistischen Gedanken lösen, dass ein Medium wie das Internet per se unkritischere Inhalte beherbergt als Bücher und Zeitschriften.
Auch ich gehe sehr gerne in eine Bibliothek, würde aber ungern auf die ausgesprochen großen Vorteile eines indizierten elektronischen Dokuments verzichten, gerade beim wissenschaftlichen Arbeiten kommt das doch am stärksten zum tragen. Man versuche einmal, in einem Buch / Artikel / Magazin, oder besser, in hunderten, einen Satz oder eine Stelle von einem bestimmten Autor zu finden, weiß aber nicht mehr, in welchem er sich befand: Bei elektronischen Medien eine Sache von wenigen Sekunden. In einer Bibliothek ist das wie bei einer Nadel im Heuhaufen. Aber als Mitglieder in einem Internetforum wisst ihr über die Vorzüge der neuen Medien ja sicherlich ebenso Bescheid wie ich ;)
Und wie CIS schon in mehreren Beiträgen angesprochen hat, bieten sogenannte "semantische Netze" uns Möglichkeiten der Wissensverknüpfung an, wie wir sie bisher nicht kannten. Das könnte auch zu einer Revolution der Wissenschaft beitragen und hiermit meine ich nicht nur das schnellere Springen von Stichwort zu Stichwort wie wir es von der Wikipedia kennen (was in der Britannica übrigens sehr schnell zur Ermüdung der Arme führen würde ;)) sondern tiefergehendere Verknüpfungen. So wie wir auch in einer Bibliothek anhand der Lage und Sortierung auf Dinge stoßen, die wir eigentlich gar nicht gesucht haben, so kann das auch bei digitalen Bibliotheken funktionieren, nur noch besser anpassbar an die eigenen Bedürfnisse und das, was man gerade sucht. Außerdem eine direkte Verknüpfung zum Quellmaterial oder Fußnoten nicht nur als Verweis sondern als eine Art Link zu diesem Ausgangsmaterial. Man müsste sich dann beim Review nicht alle erwähnten Quellen einzeln beschaffen, sondern hätte direkt gleich mit der Arbeit Zugriff darauf. Das würde doch die wissenschaftliche Arbeit erheblich erleichtern, denkt ihr nicht?

Abgesehen von diesen Vorteilen lese ich jedoch persönlich viel lieber auf Papier, einfach weil es meines Erachtens noch kein Display gibt, das ähnlich angenehm ist, wenn man stundenlang darauf liest, wie auf Papier. Vielleicht aber bin ich hierbei auch schon zu altmodisch, weil ich eben in der Kindheit nur mit Büchern aufgewachsen bin und nicht mit E-Book-Readern. :book:
Oder die Ebook-Reader sind noch nicht gut genug. Irgendwann wird aber wohl auch der Kontrast einem Blatt Papier und das Handling einem Buch ebenbürtig oder sogar noch überlegen sein. Wenn man dann noch die einfachere Suche, automatische Zusammenfassung von Unterstrichenem, etc. hinzurechnet, ist die Sache eigentlich schon entschieden.

Zur Lagerung: Ich halte es auch nicht für richtig, auf die Speicherung in Buchform zu verzichten. Aber man sollte die Vorteile von beiden Medien kombinieren, Lagerung in Buchform als Sicherheit und zum Schmökern / gemütlichen Lesen auf dem Sofa, jedoch Verwendung von elektronischen Medien beim wissenschaftlichen Arbeiten und bei der Suche von Informationen.


Zu den Praktiken der großen Verlagshäuser, v.a. Elsevier, möchte ich nur folgenden Artikel beisteuern http://www.spiegel.de/unispiegel/studiu ... 19,00.html
(bzw. http://www.thecostofknowledge.com )
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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon CIS » So 1. Apr 2012, 08:31

Es scheint ja doch noch eine größere Diskussion aufzukommen!

Ich will mal Stellung nehmen:

philistion gebe ich fast völlig recht. Die Geschmäcker, was Lesen und Kommentieren angeht (auf Papier oder am Bildschirm) sind eben verschieden. Das ist auch ok. Ich nutze zum Sortieren, Kommentieren und Verarbeiten lieber gleich eine Textverarbeitung als Papier, aber Manches drucke ich dann doch aus. In diese Richtung geht das ja auch gut: Eine Onlineveröffentlichung ganz oder in Teilen auszudrucken, geht. Eine dickes Buch einzuscannen, dauert und ist problembehaftet, wenn man eine Texterkennung drüber jagen will. Und was dann gar nicht geht, ist semantisches Tagging etc.

Medicus domesticus hat geschrieben:Unkritische Internetveröffentlichungen finde ich nicht o.k.

Es gibt auch unkritische gedruckte Veröffentlichungen. Ich habe auch schon wichtige Anregungen von Wikipedia erhalten. Und das ist nicht peer-reviewed. Gute Argumente und sinnvoll erhobene Daten setzen sich (hoffentlich) immer durch, egal wo und wie sie publiziert werden. Ist ein frommer Wunsch, ich weiß, aber das Medium ist nicht entscheidend für die Güte der Inhalte an sich. Das Medium entscheidet über Nutz- und Verfügbarkeit.

RM hat geschrieben:Abgesehen davon, dass auch heute noch ein veröffentlichtes Buch im Wissenschaftsbetrieb mehr Renommee bedeutet als 10 große PDFs, ist die Qualität und Filterung der Publikationen ganz wichtig, da wir andernfalls irgendwann in einem Tsunami von Nonsens ertrinken. Wir wissen schon jetzt kaum noch, welche Daten wir aufheben müssen und welche wir löschen können.

Das mit dem Renommee weiß ich, aber das gilt es zu ändern. Ich verstehe es auch nicht, nehme es aber kopfschüttelnd zur Kenntnis.
Ich gebe zu Bedenken, dass die Veröffentlichungen auf Papier auch schon jetzt kaum mehr übersehbar sind. Es heißt: "Es wird immer mehr geschrieben und immer weniger gelesen." Das heißt: Wir müssen das Lesen einfacher und schneller, das Schreiben schwieriger und langwieriger machen. Und dann sind wir wieder bei dem, was ich hier schon lange sage: Texte mit semantischen Tags versehen, interaktiv gestalten, Hyperlinks gesetzen, aufwändige und anschauliche Grafiken ein/ausblendbar machen etc. Das erleichtert es, mit der Flut zurecht zu kommen, macht die Flut zugleich kleiner, weil die Produktion aufwändiger wird.
Damit wird bei vernünftigen Online-Publikationen das Problem nicht größer, sondern kleiner.

RM hat geschrieben:Bei 1000 Büchern hat man eine größere Chance, dass eines erhalten bleibt, einfach aus statistischen Gründen. Für Langzeitarchive muss man etwas entwickeln, das ohne Strom 100 Jahre hält, das keine Kenntnis des Formates benötigt und am besten mit bloßem Auge zu entschlüsseln ist. Gedruckte Bücher erfüllen diese Voraussetzungen.

Ich denke, da haben wir nüchtern betrachtet schon einige Argumente ausgetauscht. Ich erlaube mir daher mal, kurz in ein Science-Fiction-Szenario überzugehen. Was ist denn, wenn es genau andersherum läuft, wenn "Lesen" als Kulturtechnik verloren geht? Wenn in nicht allzu ferner Zukunft die Menschen Informationen über Datenkabel direkt ins Gehirn bekommen? Dann können wohl nur noch eine handvoll Spezialisten lesen und die werden mit der Unmenge von Gedrucktem völlig überfordert sein und nur noch das Wichtigste bearbeiten können. Das Gros der Bücher wird brachliegen und das auf Totholz angehäufte Wissen geht verloren. Während das elektronische Wissen der Menschheit weiterlebt, weil es direkt in die Gehirne der Menschheit kommt. Klingt komisch, ist aber mal einen Gedanken wert.

Medicus domesticus hat geschrieben:Deine Argumentation ist o.k.
Aber bei wissenschaftlichen Problemen in der Medizin schließen wir uns sowieso interdisziplinär zusammen, auch auf Konferenzen, jetzt auch wieder bei der DHL. Da sind Veröffentlichungen sowieso bekannt.
Ich glaube, du unterschätzt die interdisziplinäre Zusammenarbeit, auch über I-net.


Ich versteh deine Argumentation nicht so recht. Wo ist da jetzt der Punkt in Bezug auf Online-/Offline-Veröffentlichungen? Gerade auf Konferenzen ist es doch wichtig, wenn eine wichtige neue Veröffentlichung zum Thema allen zugänglich ist. Wenn ein neuer Artikel nicht auf ein, zwei Exemplare einer wichtigen Zeitschrift beschränkt ist, sondern per Rundmail schnell an alle geschickt werden kann.
Natürlich ist interdisziplinäre Zusammenarbeit wichtig. Geht aber bei Onlineveröffentlichungen womöglich sogar besser. (Weil ich dann nur mit einem Klick an die neueste Veröffentlichung der Nachbarwissenschaft komme, während ich sonst in die Bibliothek am anderen Ende der Stadt müsste. Und das ist nur der vordergründigste Einwand.)
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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon Luca » So 1. Apr 2012, 09:38

Die Argumente aller sind durchaus bereichernd.

Ich denke, als wesentlich ist bei dieser Diskussion aber auch herauszustellen, dass es nicht darum geht bzw. gehen sollte, das eine Medium gegen das andere auszuspielen, sondern dass es vielmehr gilt, die Vorteile, die das jeweilige Medium bietet, auszuschöpfen. Es geht demnach also auch nicht darum, dass das eine das andere verdrängen muss!

Ich schrieb oben schon einmal, dass BEIDEN - sowohl Buch als auch Pdf-Datei und/oder Internetpräsenz jeweils ganz eigene Nützlichkeiten und Effizienzen innewohnen.
Weder möchte ich das Buch in meiner Hand missen, noch auf die Internetrecherche, die nicht ohne Grund in unserem Jahrtausend präsenter denn je ist, verzichten müssen. Oder wenn ich an die schubkarrenvollen Bücher denke, die ich in meinem smarten Phone herumschleppen kann...

Dass beide Medien ihren Platz beanspruchen können, zeigt bereits die simple Tatsache, dass keins von beiden das andere ,,verdrängen" oder der Nutzlosigkeit ,,überführen" konnte.
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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon RM » So 1. Apr 2012, 10:42

Mal ein paar Bemerkungen zu den hiesigen Argumentationslinien:
Das Unwort "heutige Generation" finde ich schon sehr amüsant. Das impliziert wohl, dass ich zur "gestrigen" gehöre. Da habe ich den Eindruck, dass einigen Leuten das Gespür für historische Zeiträume noch fehlt. Um das mal klarzustellen: Wenn es das nicht mehr gäbe, wo ich arbeite, dann wäre die Diskussion um die elektronische Speicherung schon hinfällig, weil dann der Preis pro Terabyte-Festplatte auf ein Vielfaches steigen würde. Ich habe auch nie behauptet, dass die elektronische Datenverarbeitung nicht nützlich wäre - schließlich habe ich der Altphilologie schon vor knapp 20 Jahren die entsprechende Software für die Suche von Wörtern, Erstellung von Konkordanzen und die Möglichkeit, Kookkurrenzanalysen durchzuführen, zur Verfügung gestellt. Interessanterweise ist den Altphilologen erst rund 10 Jahre später richtig klar geworden, was man damit alles anstellen kann (die Neuphilologen wußten das schon früher, s. "Small World" von David Lodge). Außerdem habe ich schon ein paar Sachen veröffentlicht, sowohl auf Papier als auch im Internet. Also würde ich mal feststellen, dass ich durchaus weiss, worum es geht.
Und ich sage: Das Internet eignet sich zwar zur wissenschaftlichen Diskussion, also für den Austausch von Zwischenergebnissen, die eine Halbwertszeit von 2-5 Jahren haben, ganz gut, aber nicht für die Konservierung der Endergebnisse, und zwar aus den vorher genannten Gründen. Im Katastrophenfall ist das Wissen nämlich im Worst Case unwiederbringlich weg. Niemand hat einen Überblick, wo alle Server stehen, niemand weiss, wie redundant die Daten gesichert sind, niemand weiss, was mit der Hardware geschieht, wenn die Firma, der sie gehört, aufhört zu existieren. Außerdem gehören die Daten - das kann man in den meisten AGBs der meist US-amerikanischen Firmen nachlesen - mitnichten demjenigen, der sie zur Verfügung gestellt hat, sondern der Firma, die sie online stellt. Und was die Hardware betrifft, die wir für die ganze schöne neue Welt brauchen: Ich weiß nicht, ob euch klar ist, von wie wenigen Firmen wir diesbezüglich abhängen. Und diese Firmen haben ihre Zentrale alle nicht in Europa. All diese Dinge werden sich so schnell auch nicht ändern und wenn, dann eher nicht in die gewünschte Richtung. Diesbezüglich sollten wir auf jeden Fall strategisch denken.

@CIS: Noch was zur Wikipedia: Hast Du davon nur "Anregungen erhalten" oder auch selbst mal mitgearbeitet? Es gibt da durchaus einen Review-Prozess, der nach meiner Erfahrung ganz gut funktioniert. Was jetzt das Renommee angeht, so ist das sogar sehr verständlich. Es fängt schon bei der Zitiererei an. Die meisten Online-Publikationen sind kaum zitierbar, da sie keine dauerhafte URL haben. Besonders Universitäten verschieben Dateien gerne mal woandershin. Dann sind die alten Adressen nicht mehr vorhanden. Was das Taggen etc. angeht, muss man die Autoren schon dazu zwingen. Man benötigt also einen entsprechenden Review-Prozess.

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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon CIS » So 1. Apr 2012, 10:59

Luca, das ist völlig richtig. Die Frage ist nur: Welches Medium wofür?
Sobald ein neues Medium auf den Plan tritt, wird das Alte zwangsläufig zurückgedrängt.
Steininschriften sind heute auf wenige Einsatzgebiete beschränkt (Grabsteine, sonstige Schilder); Handschrift hat auch weiterhin ihren Platz, aber er wird kleiner.
Das sprichwörtliche Buch am Kaminfeuer will ich auch nicht missen. Es wird immer gedrucktes Papier geben.
Aber ich weiß nicht, ob uns diese Überlegung hier so weiterführt. Es geht hier um wissenschaftliche Veröffentlichungen. Und da sehe ich für Gedrucktes kaum Vorteile, viele Nachteile und bei Onlinepublikationen genau umgekehrt. Grundsätzlich alles stets in beiden Medien (gedruckt und online) zu publizieren, wäre, vielleicht theoretisch sinnvoll, würde aber wohl in einer Zwitterlösung enden, die die Vorteile beider Medien nicht voll ausnutzt, und damit niemandem helfen,

@RM Ich hoffe, ich gehöre in deinen Augen nicht zu denen, die dir Ahnungslosigkeit und Zugehörigkeit zur "gestrigen Generation" vorgeworfen haben. Damit argumentiere ich normalerweise nicht, das führt zu nichts.

Ja, ich arbeite sporadisch auch selbst bei Wikipedia mit. Nicht oft, aber manchmal. Der Review-Prozess ist da sehr unterschiedlich. Auf Manches stürzen sich alle wie die Geier und zerpflücken jeden Satz. Manches Fragwürdige bleibt Lange so stehen.

Das URL-Änderugsproblem hatte ich bis jetzt nicht. Und das Onlineveröffentlichungssystem meiner Heimuni vergibt stabile URLs und URNs. Da habe ich noch nie gehört, dass es da Schwierigkeiten gab.
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Re: Suche Onlinepublikationsorgan

Beitragvon philistion » So 1. Apr 2012, 20:44

RM hat geschrieben:Mal ein paar Bemerkungen zu den hiesigen Argumentationslinien:
Das Unwort "heutige Generation" finde ich schon sehr amüsant. Das impliziert wohl, dass ich zur "gestrigen" gehöre.

Nein, abwertendes sollte das von mir gesagte nicht implizieren. (Wollte wirklich keinem auf den Schlips treten.)
Es sollte lediglich implizieren, dass sich der Blick auf neue Medien bei Menschen, die damit schon in ihrer Kindheit aufwachsen, von dem derjeniger unterscheidet, die jene Medien im Erwachsenenalter kennengelernt haben.
Außerdem hat sich dieser Satz nicht auf die Langzeitspeicherung bezogen, sondern auf das Vorurteil, im Internet sei die Qualität per se schlechter, sowie auf die Lese-Geschmäcker bezüglich Online- oder Buchform..

RM hat geschrieben:(...) schließlich habe ich der Altphilologie schon vor knapp 20 Jahren die entsprechende Software für die Suche von Wörtern, Erstellung von Konkordanzen und die Möglichkeit, Kookkurrenzanalysen durchzuführen, zur Verfügung gestellt. Interessanterweise ist den Altphilologen erst rund 10 Jahre später richtig klar geworden, was man damit alles anstellen kann (die Neuphilologen wußten das schon früher, s. "Small World" von David Lodge).

Genau das meine ich mit der Veränderung des Blickwinkels. Es dauert eben oft eine Weile, bis man die Vorteile eines Mediums kennengelernt hat und ausnützt. Deshalb auch mein Hinweis darauf, dass wir hierbei sicherlich noch nicht alle Ressourcen optimal nutzen, gerade in Bezug auf die "semantische Indizierung", die noch in den Kinderschuhen steckt. Dass dies auch in den Philologien von Vorteil sein wird, liegt auf der Hand.
Abgesehen davon kann ein Artikel in elektronischer Form eben nicht nur aus Fließtext und Fußnoten bestehen, man könnte die Fußnoten in Referenzen umwandeln, die direkt auch das Referenzierte enthalten, Zitate ebenso ein Verweis auf die Quelle mit Bereichsangabe, womit ein viel stärkerer Zusammenhang zwischen einzelnen Arbeiten hergestellt werden könnte, ohne in einer Bibliothek unzählige Artikel und Bücher auf seinem Tisch auftürmen zu müssen.

RM hat geschrieben:Außerdem habe ich schon ein paar Sachen veröffentlicht, sowohl auf Papier als auch im Internet. Also würde ich mal feststellen, dass ich durchaus weiss, worum es geht.

Das hat niemand bestritten.


RM hat geschrieben:Und ich sage: Das Internet eignet sich zwar zur wissenschaftlichen Diskussion, also für den Austausch von Zwischenergebnissen, die eine Halbwertszeit von 2-5 Jahren haben, ganz gut, aber nicht für die Konservierung der Endergebnisse, und zwar aus den vorher genannten Gründen. Im Katastrophenfall ist das Wissen nämlich im Worst Case unwiederbringlich weg. Niemand hat einen Überblick, wo alle Server stehen, niemand weiss, wie redundant die Daten gesichert sind, niemand weiss, was mit der Hardware geschieht, wenn die Firma, der sie gehört, aufhört zu existieren. Außerdem gehören die Daten - das kann man in den meisten AGBs der meist US-amerikanischen Firmen nachlesen - mitnichten demjenigen, der sie zur Verfügung gestellt hat, sondern der Firma, die sie online stellt. Und was die Hardware betrifft, die wir für die ganze schöne neue Welt brauchen: Ich weiß nicht, ob euch klar ist, von wie wenigen Firmen wir diesbezüglich abhängen. Und diese Firmen haben ihre Zentrale alle nicht in Europa. All diese Dinge werden sich so schnell auch nicht ändern und wenn, dann eher nicht in die gewünschte Richtung. Diesbezüglich sollten wir auf jeden Fall strategisch denken.

Ich gebe dir völlig Recht, dass man sich zur Konservierung nicht alleine auf elektronische Medien verlassen sollte, deshalb hab ich auch schon im vorigen Beitrag geschrieben, dass man auf die Speicherung in Buchform nicht verzichten sollte. Das grundsätzliche Problem, das du ansprichst, haben wir aber hierbei ebenso: Bibliotheken und Verlage sind meist in privater Hand und wie man bei der Teubneriana gesehen hat, kann es auch hier passieren, dass aus Kostengründen alles eingestampft wird, was sich zur Lagerung nicht für die entsprechende Firma rechnet.
Der einzige Vorteil ist hierbei - wie du auch schon ausgeführt hast - dass es eben sehr viele Orte gibt, wo ein entsprechendes Buch oder ein Artikel in Papierform lagert, man also zwangsläufig Redundanzen hat. Genau diese Redundanzen sollte es aber auch bei der elektronischen Speicherung geben, etwa von staatlicher Seite (Nationalbibliotheken, etc.), deren Server dann im selben Land stehen. Du spielst wohl auf die neuen Cloud-Storage Systeme von Amazon (S3) und ähnlichen Anbietern an. Natürlich kann man sich darauf nicht verlassen und muss auch deren Verhältnis zum Datenschutz äußerst kritisch sehen. Dies heißt aber nicht, dass es grundsätzlich unmöglich ist, die Speicherung in elektronischer Form redundant sowie von seriösen staatlichen Stellen verwaltet, zu gestalten, so dass die Sicherheit - auch mittels Durchführung von Backups auf anderen Speichermedien - gewährleistet ist.

RM hat geschrieben:(...) Noch was zur Wikipedia: (...) Die meisten Online-Publikationen sind kaum zitierbar, da sie keine dauerhafte URL haben. Besonders Universitäten verschieben Dateien gerne mal woandershin. Dann sind die alten Adressen nicht mehr vorhanden. Was das Taggen etc. angeht, muss man die Autoren schon dazu zwingen. Man benötigt also einen entsprechenden Review-Prozess.

Ja, dem kann ich nur zustimmen, gerade bei der Wikipedia ist eine gegenseitige Kontrolle unentbehrlich. Was aber das Auffinden verlorener Dateien angeht, bräuchte es wohl einen Service wie die Wayback-Machine es für Webseiten darstellt, nur eben für PDF-Dateien, usw. Aber dafür ist dann wohl nicht genügend Platz vorhanden.

Es wäre außerdem wichtig, dass es nebst Papierform und gerade laufenden Systemen, ein Speichermedium gibt, das auch über mehrere Hundert Jahre stabil bleibt und nicht - wie bei CD und DVD befürchtet - schon nach wenigen Jahrzehnten den Geist aufgibt.

Ich befürchte aber, dass immer mehr Firmen (man nehme das Beispiel der Brittanica, die ab sofort nur mehr elektronisch erscheint), aus Kostengründen auf die Papierform verzichten, ganz ohne sich Gedanken über Redundanz und neue Langzeitspeichermedien zu machen. Es bräuchte deshalb staatliche Stellen, die einerseits nicht auf Profitmaximierung aus sind und redundante Systeme anlegen, um unsere Daten in elektronischer Form abzusichern, sowie andererseits auch die wichtigsten Artikel, Bücher, usw. in Buchform einlagern und nicht wegen zu hoher Lagerungskosten plötzlich einstampfen, wie es bei privaten Verlagen wohl immer wieder geschieht.


Luca hat geschrieben:Ich denke, als wesentlich ist bei dieser Diskussion aber auch herauszustellen, dass es nicht darum geht bzw. gehen sollte, das eine Medium gegen das andere auszuspielen, sondern dass es vielmehr gilt, die Vorteile, die das jeweilige Medium bietet, auszuschöpfen. Es geht demnach also auch nicht darum, dass das eine das andere verdrängen muss!

Genau so sehe ich das auch!

CIS hat geschrieben:Es geht hier um wissenschaftliche Veröffentlichungen. Und da sehe ich für Gedrucktes kaum Vorteile, viele Nachteile und bei Onlinepublikationen genau umgekehrt.
Man wird hier wohl nicht um eine "Zwitterlösung" herumkommen, denn man wird die Vorteile der Online-Verfügbarkeit ebensowenig missen wollen, wie die auf lange Zeit gesicherte Verfügbarkeit der Daten. Ich fürchte jedoch, dass aus Kostengründen eher auf letzteres verzichtet wird, als auf ersteres, denn "theoretisch" lässt sich diese Verfügbarkeit auch elektronisch herstellen und entsprechend von Versicherungsgesellschaften versichern ;) . Aber natürlich, wenn hier systematisch etwas schiefgeht, ist der Verlust von Daten wohl wahrscheinlicher als bei vielen Bibliotheken, die alle ein Exemplar vorrätig haben, auch wenn mehr als die Hälfte der Bibliotheken abbrennt.
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