"Im konkreten Fall erwarte ich mir von einem gramm. Werk eine Information, ob ein Römer das, was ich im Deutschen mit "Die Kinder singen fröhlich." beschreibe, mit Pueri laeti cantant. oder Pueri laete cantant. ausdrücken würde oder ob beides möglich ist. Wie das jeweils genannt wird, ist sekundär."
Hallo Zytophile,
deine persönliche Erwartung ist ja voll berechtigt, aber du musst bedenken, dass die Aufgaben einer L-Grammatik sehr viel weiter gesteckt sind; wir sitzen ja nicht nur vor einem L-Satz, sondern stehen mit unserem Fach in Konkurrenz zu den modernen Sprachen; diese haben einen Standard gesetzt für das, was heute Grammatik heißen kann; und nicht nur das, wir stehen in der wissenschaftlichen Welt da mit einem logisch aufgebauten Gedankensystem; also auf dem Prüfstand stehen wir, wir müssen noch erst beweisen, dass wir auf der Höhe der Zeit stehen; da hinken wir gewaltig hinterher; unsere Standard-Grammatik, Menge, ist bald 150 Jahre alt; nichts von all dem, was sich in dieser langen Zeit entwickelt hat, ist von uns rezipiert worden. Zur Illustration braucht ihr nur hier einmal nach oben zu schauen: auf meinen Vorschlag zu neueren Sichtweisen wurde als Entgegnung einfach ein Menge-Text hingesetzt, ohne jede Kautel wegen des hohen Alters, es wird einfach als gültig akzeptiert (Ich hab jetzt indirekt auf die Beiträge geantwortet, wollte eigentlich direkt darauf eingehen, aber ich sehe schon, ich komme einfach nicht dazu, es kommen ständig neue Gesichtspunkte auf).
Man sollte sich vor Augen halten: es gibt zweierlei Grammatik, deskriptive und normative Grammatik; die deskr. beschreibt nur, die norm. bietet Vorschriften, wie es sein muss. Der Unterschied ist der, dass die deskr. Gr. keine Antwort gibt auf die Frage, was etwas ist, und warum es so ist; dazu braucht es die normative Grammatik; diese muss nach heutigem Verständnis ein deduktives System darstellen; einfacher gesagt: die Grammatik muss grammatisch erklären (
leuchtet ein, nicht wahr?). Falsch ist also "Der Konditionalsatz nennt eine Bedingung", weil Bedingung nicht erklärt wird; und "Dauer" ist auch kein grammatischer Begriff.
Die L-Grammatiken, einschl. Menge, stellen deskriptive Grammatiken dar, sie bieten aber normative Sätze: das geht nicht; aus dem was ist, kann man nicht auf das schließen, was sein muss (ein bekannter Fehlschluss).
Jetzt hab ich mich richtig verausgabt, da mache ich Schluss
, ich wünsch euch einen schönen Sonntag,
lgr. P.