hallo Gandalf,
der konjunktiv ist im lateinischen tatsächlich viel häufiger als im deutschen.
grundsätzlich drückt er eine nicht-wirklichkeit aus. das kann eine bloße annahme sein, eine möglichkeit, ein wunsch, ein zweifel, eine subjektive meinung u.v.a.
es ist hilfreich, zwischen unabhängigen sätzen (hauptsätzen) und abhängigen sätzen zu unterscheiden:
in unabh. sätzen steht der konjunktiv
a) um einen
wunsch (im weitesten sinne) auszudrücken. (verneinung stets mit
ne !)
beispiele: utinam pluat ! (möge es doch regnen!); utinam sanus essem! (wäre ich doch gesund!)* ; abeat! (er soll fortgehen!) ; domum redeamus!** (kehren wir nach hause zurück!) ; ne sic vivas! (so soll man nicht leben!) u.dgl.
* ein als unerfüllbar gedachter wunsch steht im konj. imperf.; ein in bezug auf vergangenes unerfüllter wunsch steht im konj. plpf. (zb.: hätte ich doch...)
** auch eine aufforderung gilt als wunsch!
auch ein befehl ist ein wunsch; wenn er sich , wie meist, an eine zweite person richtet, verwendet man wie im deutschen den imperativ. ist der befehl aber verneint, steht ne + konj. perf.
antworte! > responde! aber: antworte nicht! > ne responderis!
b) um eine annahme, möglichkeit, zweifel auszudrücken. (verneinung stets mit
non!)
dicat aliquis* (jemand könnte sagen..) ; nemo id credat* (das glaubt wohl niemand) ; quid faciam? (was soll ich tun?) quid facerem? (was hätte ich tun sollen) ;
* dieser konj. wird als "potentialis" bezeichnet. statt konj. präs. kann bei gleicher bedeutung auch konj.perf. stehen! daneben gibt es noch, jedoch auf die 2.pers.sg.
imperfekt beschränkt, den "potentialis der vergangenheit": crederes (man hätte glauben können)
in folgenden
abhängigen sätzen steht immer der konjunktiv:
a) abh. wunschsätze (verneinung mit ne) : abs te peto,
ut me
visites. (ich bitte dich, mich zu besuchen)
b) finalsätze (verneinung mit ne): in schola sum,
ut aliquid
discam. (ich bin in der schule, um etwas zu lernen)
c) folgesätze (verneinung mit
non): tantus erat timor hostium,
ut omnes urbem
relinquerent.(so groß war die furcht vor den feinden, dass alle die stadt verließen)
d) mit quin eingeleitete sätze: nemo est, quin hoc sciat (es gibt niemanden, der das nicht wüßte);
non retinebantur, quin verum dicerent (sie ließen sich nicht davon abhalten, die wahrheit zu sagen)
e) in irrealen kondizionalsätzen (verneinung: nisi oder si non): nisi ita fecisses, te non laudavissem. (wenn du nicht so gehandelt hättest, hätte ich dich nicht gelobt)
f) in abhängigen fragesätzen: te interrogavi, quando me visitaturus esses. (ich fragte dich, wann du mich besuchen wirst)
ganz wichtig: in der indirekten rede (oratio obliqua) stehen
alle nebensätze im konjunktiv !!!
(wie im deutschen)
so, das wäre erst mal der anfang, aber bei weitem nicht alles.
bei so manchen nebensätzen ist, je nach dem einleitenden wort, indikativ oder konjunktiv möglich.
z.b. "nachdem": postquam + ind. (perf) , aber cum + konj.plpf.
"obwohl" : quamquam + ind., aber quamvis od. cum + konj.
für die deutsche übersetzung ist das unbedeutend.
anders bei den relativsätzen. ein konjunktiv drückt hier stets eine absicht oder eine folge aus:
imperator pontem fecit,
quo copias traduceret. ( der feldherr ließ eine brücke errichten, um auf ihr die truppen hinüberzuführen. quo = ut eo). secuta est tempestas, quae hostem a pugna prohiberet. (es folgte ein solches unwetter, dass es den feind vom kampf abhielt. quae = ut ea)
usw usw, weitere erläuterungen gerne nach bedarf..