stuprum/adulterium

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stuprum/adulterium

Beitragvon medicus » Do 13. Jul 2017, 12:10

Frage: Gibt es eine scharfe Trennung dieser Begriffe? Macht der Ehestatus des Mannes und oder der Frau einen Unterschied?
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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon marcus03 » Do 13. Jul 2017, 14:00

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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon Tiberis » Do 13. Jul 2017, 14:14

beide Begriffe unterscheiden sich schon deutlich voneinander:
stuprum bedeutet zunächst die Schande, dann insbesondere jene Handlung,durch die jemandem Schande zuteil wird, also Schändung, Ehebruch usw.
adulterium hingegen (aus ad + alter) bedeutet i.e.S. das Nachmachen einer Sache bzw. deren Verfälschung. So z.b. adulteria arborum das Veredeln von Bäumen (Plin.h.n.17,1,8).
In der Bedeutung "Ehebruch" wird also sozusagen die Ehe "verfälscht".
Ob der männliche oder weibliche Ehepartner Ehebruch begeht, ist in diesem Zusammenhang wohl unerheblich, zumal es für beide den entsprechenden Begriff gibt (adulter / adultera), wenngleich Papinianus (Dig.48,5,6,1) schreibt: proprie adulterium in nuptam committitur propter partum ex altero conceptum...
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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon Prudentius » Fr 14. Jul 2017, 10:03

Hallo Medice,

da hast du ja eine sehr interessante Frage aufgeworfen. Trennungen "gibt es" nicht einfach, sondern da ist immer jemand, der sie machen will. Wir können, müssen aber nicht.

"stuprum" kommt wohl von stupere, "Anstößigkeit", "adulterium" von alter, da ist ein zweiter im Spiel, also "Treulosigkeit".

Deine Frage läuft darauf hinaus, ob das Synonyme sind. Auch hier hängt es von uns ab, ob wir sie so nehmen sollen oder nicht; wir haben es in der Hand, die Grenzen zu ziehen.

Genau genommen ist aber deine Frage nicht richtig gestellt, denn es sind gar nicht zwei Begriffe, die du nennst, sondern zwei Begriffsnamen, zwei Vokabeln; die Begriffe sind Zusammenfassungen von Tatbeständen, etwas rein Gedankliches, unabhängig von jeder sprachlichen Bezeichnung; um es zu veranschaulichen: Begriffe sind "Ordner", in die wir Dateien hineinstellen; "Begriffsnamen" sind die Eingaben, die wir machen, indem wir das Eingabefeld ausfüllen und die Vorgabe "Neuer Ordner" ersetzen.

LG P. :)
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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon romane » Fr 14. Jul 2017, 10:52

Be·grịff

Substantiv [der]

1. Philosophie Sprachwissenschaft Psychologie
abstrakte (nicht konkrete, nicht mit Wort oder Ausdruck zu verwechselnde) Denkeinheit als kognitiv repräsentierter Wirklichkeitsausschnitt.
"Das Kind verfügt über den Begriff des Hundes, wenn es die relevanten Merkmale des entsprechenden Ausdrucks/Wortes kennt und diesen korrekt auf Hunde beziehen kann (und nicht etwa auf andere Tiere bezieht)."

2. ein sprachlich realisierter Ausdruck mit einer Bedeutung.
"Im Kindergarten können die Kinder aus Buchstabennudeln Begriffe zusammensetzen und die Begriffe sogar aufessen"

Synonyme: Wort
Die Freiheit ist ein seltsames Wesen - wenn man es gefangen hat, ist es verschwunden

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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon medicus » Fr 14. Jul 2017, 10:54

Danke für eure ausführlichen Antworten. Mir ging es um die korrekte Übersetzung dieses Ehegesetzes des Augustus:
in filia adulterum deprehenderit ...
... in continenti filiam occidat ...
Mir ist unklar, ob der Mann oder die Frau oder beide bei dieser "Aktion" verheiratet sein müssen, damit die Frau zur Strafe getötet werde. :?
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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon Tiberis » Fr 14. Jul 2017, 12:23

medicus hat geschrieben:in filia adulterum deprehenderit ... ... in continenti filiam occidat ...

aus diesen Bruchstücken lässt sich deine Frage nicht beantworten. Daher bitte den vollständigen Text oder die genaue Stellenangabe!
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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon marcus03 » Fr 14. Jul 2017, 12:34

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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon medicus » Fr 14. Jul 2017, 15:27

Sorry, ich kann nicht so gut Latein, um den Inhalt voll zu erfassen.

https://books.google.de/books?id=YChCAA ... ..&f=false
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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon iurisconsultus » Fr 14. Jul 2017, 16:09

Ich gehe nach meinen zugegebenermaßen eingerosteten römisch-rechtlichen Kenntnissen davon aus, dass es erforderlich war, aber auch genügte, dass die Tochter verheiratet war. Vielleicht komm ich mal dazu, das zu überprüfen.
Qui statuit aliquid parte inaudita altera,
aequum licet statuerit, haud aequus fuit.
(Sen. Med. 199-200)
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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon Prudentius » Sa 15. Jul 2017, 15:59

romane hat geschrieben: ...und die Begriffe sogar aufessen ...


Hallo romane, für die meisten ist das Logik-Zeug zu trocken zum Aufessen, es knirscht zu sehr im Munde.
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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon cultor linguarum antiquarum » Sa 15. Jul 2017, 23:34

Logik kann ganz toll sein:

»Wenn Angela Merkel nicht Kanzlerin ist, dann ist Angela Merkel Kanzlerin« ist tatsächlich während ihrer Amtszeit wegen »ex falso quodlibet« ein logisch wahrer Satz...
Facere docet philosophia, non dicere.
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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon marcus03 » So 16. Jul 2017, 08:02

cultor linguarum antiquarum hat geschrieben:Logik kann ganz toll sein:

Stimmt, aber auch völlig sinnlos wie in deinem Fall.
Warum sollte man aus einer objektiv falschen Voraussetzung irgendetwas folgern?
Concludo, quia absurdum? Concludo concludendi gratia?
Von falschen Voraussetzungen (bewusst?) auszugehen scheint indes gerade in der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft häufig der Fall zu sein.
Vorteil: Wenn etwas schiefgeht, kann man sich leicht herausreden. Man sei eben von falschen Prämissen ausgegangen. Dass auf diese oft hingewiesen worden war, wird dabei tunlichst verschwiegen oder einfach geleugnet bzw. auf entsprechende Expertengutachten verwiesen.
Andererseits: Von irgendwas muss der homo sapiens ja ausgehen in einer Welt, in der in allen Bereichen an die Stelle der Wahrheit die Wahrscheinlichkeit getreten ist. Nix gwiss woas ma ned.
O veritas, quo vasisti?
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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon Prudentius » So 16. Jul 2017, 17:04

cultor linguarum antiquarum hat geschrieben:Logik kann ganz toll sein:
»Wenn Angela Merkel nicht Kanzlerin ist, dann ist Angela Merkel Kanzlerin« ist tatsächlich während ihrer Amtszeit wegen »ex falso quodlibet« ein logisch wahrer Satz...


Das war die Situation von ungefähr 1900, man sprach von der "Grundlagenkrise von Logik und Mathematik", inzwischen ist man etwas schlauer geworden :-D ; das alles zu beleuchten ist hier nicht der Platz und bin ich auch nicht kompetent genug; inzwischen gibt es die "Prädikatenlogik" anstelle der traditionellen Satzlogik; man sagt nicht mehr "Aus A folgt B", sondern: "Aus f(x) folgt g(x)", das ist ein flexibleres Werkzeug, ...

Deinen Beispielsatz würde man heute wegen eines "Formfehlers" (wie die Juristen sagen) zurückweisen; ein Satz wie "Wenn Angela Merkel ..." ist nur zulässig, wenn er auf einem wahren allgemeinen Konditional beruht, wie "Wenn jemand Bundeskanzler ist, ..."; z.B. "Wenn jemand Bundeskanzler ist, ist er ein Mitglied der Regierung"; also für uns gesagt: Ein Satz "Si Caesar ..." ist nur zulässig, wenn er auf einem wahren Satz "Si quis ..." beruht.

Marce, du müsstest unterscheiden, was bei einem "falschen Satz" die logische Operation "Negation" oder Täuschung und Irrtum bedeutet.
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Re: stuprum/adulterium

Beitragvon cultor linguarum antiquarum » So 16. Jul 2017, 23:28

Um noch einmal zur Trockenheit zurückzukommen: Dann eben doch die Lösung eines Kriminalfalls durch mathematische Logik... Ist doch etwas Schöneres als der komische Merkelsatz,
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