Phaedrus: vulpes et corvus

Korrektur und Hilfestellungen bei Übersetzungen für die Schule und das Leben sowie deutsch-lateinische Übersetzungen für Nichtlateiner

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Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon medicus » Do 15. Feb 2018, 20:24

Ich finde zwei Versionen:
Quae se laudari gaudent verbis subdolis
und:
Qui se laudari gaudent verbis subdolis

"Qui" macht doch mehr Sinn. Wie kommt es zu der femininen Form?
:help:
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon Zythophilus » Fr 16. Feb 2018, 05:51

Mir kommt vor, als wäre die Version mit quae häufiger, aber Häufigkeit ist nicht zwangsläufig ein Grund, dass es die richtige Version ist. Sie ist vielleicht ein bisschen schwerer zu verstehen, aber da es sich um die Tiere (ferae oder bestiae) handelt, lässt sich das Genus schon erklären.
Gibt es die Version mit qui tatsächlich auch im Plural? Ich stelle eher - aber das mag auch ein Zufall sein - fest, dass der Relativsatz und auch der folgende Hauptsatz ihr Prädikat da jeweils im Singular haben. qui macht die ohnedies schon allgemeine Aussage des Promythions noch etwas allgemeiner, weil es statt der in quae noch drinsteckenden Tiere, die bekanntlich für Menschen stehen, direkt die Menschen, um die es im Endeffekt doch in einer Fabel geht, meint.
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon medicus » Fr 16. Feb 2018, 08:40

Danke für deine frühmorgendlichen Überlegungen.
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon marcus03 » Fr 16. Feb 2018, 10:04

Zythophilus hat geschrieben:Gibt es die Version mit qui tatsächlich auch im Plural?

Qui scheint besser bezeugt zu sein als quae:
https://books.google.de/books?id=ORc9AA ... is&f=false

Auch die Teubner-Ausgabe hat qui:
http://www.perseus.tufts.edu/hopper/tex ... Apoem%3D13

Ebenso Loeb:
https://www.loebclassics.com/view/phaed ... 36.207.xml
Zuletzt geändert von marcus03 am Sa 17. Feb 2018, 09:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon Lychnobius » Fr 16. Feb 2018, 21:12

Für den größten Teil des Phaedrus-Corpus sind wir auf die Überlieferung des Codex Pithoeanus (so benannt nach Pierre Pithou, der nach ihm 1596 die Editio princeps herausgab) und auf den 1608 entdeckten Remensis, der 1774 verbrannt ist, angewiesen. Beide Handschriften weisen eine Reihe gemeinsamer Leitfehler auf, weshalb enge Verwandtschaft zwischen ihnen angenommen wird.

Daneben werden acht Fabeln des ersten Buchs (darunter die 13.) durch die Charta Danielis (nach ihrem einstigen Besitzer Pierre Daniel) überliefert. Bei den fraglichen Versen folgt Postgate mit seiner Oxoniensis (1919) dieser Handschrift: Quae se laudari gaudent uerbis subdolis, | serae dant poenas turpi paenitentia. (Viele E-Texte wiederum halten sich offenbar an Postgate.) Knappe Erklärung des quae bei Postgate: "Quae feminas tangit." Er geht also davon aus, dass Phaedrus (bzw. der unbekannte Verfasser des Promythiums) in der Empfänglichkeit für Schmeichelei einen spezifisch weiblichen Fehler sah.

Im Übrigen sollte man bei Phaedrus vorsichtig sein mit Ausgaben, die vor der paläographischen Edition des Pithoeanus durch Ulysse Robert (1893) erschienen sind, da diese zentrale Handschrift vorher durch ihren damaligen Besitzer jedem wissenschaftlichen Zugriff entzogen blieb.
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon medicus » Fr 16. Feb 2018, 21:35

Danke, das sind ja interessante Einblicke in den Ursprung mancher Texte. :hail:
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon Zythophilus » Sa 17. Feb 2018, 17:40

Im Sinne einer lectio difficilior würde ich tatsächlich quae den Vorzug geben, aber fix sagen kann man es, wenn sich der handschriftliche Befund nicht ändert, nicht.
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon Willimox » Sa 17. Feb 2018, 19:09

Vielleicht interessant: im Bundesrepublikanischen bedeutet "fix" vor allem "schnell. Im Österreichischen eher soviel wie "endgültig ". Mit enthalten in der hiesigen Redensart "fix und fertig ",
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon Tiberis » Sa 17. Feb 2018, 19:54

Willimox hat geschrieben:enthalten in der hiesigen Redensart "fix und fertig ",

wobei dieses "fix und fertig" zweierlei bedeuten kann , nämlich:
a) (von Sachen): alles ist fix und fertig = alles ist fertiggestellt (vollendet)
b)(von Personen) : ich bin fix und fertig = ich bin (mit meinen Kräften) am Ende, ich bin "geschafft"
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon Zythophilus » Sa 17. Feb 2018, 20:27

Das Hendiadyoin "fix und fertig" ist eher eine Art Superlativ zu "fertig", wobei die Bedeutung von "fix" so verblasst ist, dass die Wendung auch in übertragenem Sinn für Erschöpfung genommen werden kann, wo "fix" eigentlich nicht passt.
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Fix und Fertig

Beitragvon Willimox » Mi 21. Feb 2018, 12:17

Salvete!

(1) Fix und Fertig

Zythophilus hat geschrieben:Das Hendiadyoin "fix und fertig" ist eher eine Art Superlativ zu "fertig", wobei die Bedeutung von "fix" so verblasst ist, dass die Wendung auch in übertragenem Sinn für Erschöpfung genommen werden kann, wo "fix" eigentlich nicht passt.


Das Hendiadyoin fix und fertig dürfte semantisch damit spielen, dass etwas (oft) mit einiger Mühe in einen festen Endzustand gebracht wird, den man nicht weiter verbessern kann. Entsprechend könnte metonymisch/metaphorisch der aktive Verursacher eines solchen Prädikats recht oft mit seinen Kräften am Ende sein.

Im Bundesrepublikanischen sind die Fixkosten/fixe Kosten und die fixe Idee durchaus noch bekannt und beheimatet, so dass es nicht nur um "fixe Jungen" geht, wenn wir unser mentales Lexikon aufrufen.

(2) Etymologie

Ein etymologisches Zuckerl, besser Lakrizz, weil´s recht lang ist:

fix · fix und fertig · fixieren1 · fixieren2 · Fixstern
fix Adj. ‘feststehend, unveränderlich, behende, geschickt, schnell’.

Im 16. Jh. bezeugtes fix ‘fest, unbeweglich’ stammt aus gleichbed. lat. fīxus, Part.adj. zu lat. fīgere ‘(an)heften’ (daraus wohl auch schon ein im 15. Jh. vereinzelt auftretendes fix Adv.; vielleicht im Sinne von ‘standhaft’?).

Das Adjektiv wird (wie auch frz. fixe) ein Terminus der Alchimie zur Bezeichnung des festen Aggregatzustandes von Stoffen. Mit der Bedeutung ‘konstant, beständig’ wird der Gebrauch seit dem 17. Jh. auf allgemeinere Bereiche ausgedehnt: fixe Schönheit (18. Jh.), fixer Kopfschmerz (19. Jh.), fixe Idee ‘Zwangsvorstellung’ (um 1800, nach voraufgehendem lat. idea fīxa), fixes Gehalt, fixe Preise (19. Jh.).

Daneben gebraucht die Kaufmannssprache das substantivierte lat. Neutrum Fixum in der Bedeutung ‘feste, gleichbleibende Summe’ in Form eines Fonds (um 1700) oder Gehalts (18. Jh.).

Aus fix ‘beständig’ entwickelt sich ‘sicher, geschickt, gewandt, erfahren’ (17. Jh.) und schließlich auch ‘behende, rasch, schnell’, seit dem 17. Jh. häufig und wohl durch die Studentensprache verbreitet, vgl. fixe (‘gewandte, schnelle’) Zunge; dazu Fixigkeit f. ‘Schnelligkeit’ (19. Jh.).

In der festen Wendung fix und fertig ‘bereit, völlig fertiggestellt’ (17. Jh.) wird fix synonym mit fertig empfunden (wer ‘gewandt, erfahren’ und ‘schnell’ ist, ist auch rechtzeitig ‘bereit, fertig’).

In der modernen Umgangssprache entwickelt sich die Bedeutung der Wendung ‘fertig, völlig zu Ende’ weiter zu ‘total erschöpft’ (20. Jh.).

fixieren1 Vb. ‘beständig machen’, im 16. Jh. als Terminus der Alchimie von fix abgeleitet (oder auch wie ↗fixieren aus gleichbed. frz. fixer entlehnt); vgl. in der Fotografie ‘lichtbeständig machen’ (19. Jh.). Seit dem 18. Jh. allgemein in der Bedeutung ‘festmachen, -legen, festigen’ gebräuchlich. fixieren2 Vb. ‘scharf ansehen, anstarren’, Entlehnung (18. Jh.) aus gleichbed. frz. fixer, verkürzt aus Wendungen wie frz. fixer ses regards sur qn. Fixstern m. ‘scheinbar unbeweglicher, selbstleuchtender Himmelskörper’ (16. Jh., Kepler), nach lat. stēlla fīxa, eigentlich ‘(am Himmel) angehefteter Stern’. ...


https://www.dwds.de/wb/fix

(3) Fixer Fußball in Kavlaks Perspektive

Ein aktuelles Beispiel für das feste fix?
Bitteschön:

Veli Kavlak, der wegen seiner Schulterprobleme über zwei Jahre kein Spiel mehr für Besiktas bestreiten konnte, glaubt dieses Mal an ein enges Duell. Der Ex-Rapidler warnt Kumpel David Alaba, den er in den letzten Jahren wegen Therapieterminen häufig in München traf: „Wir können Bayern fix wehtun, haben große Qualität. Sie brauchen in München ein sehr gutes Resultat. Daheim sind wir eine Macht, haben in unserem 2016 eröffneten neuen Stadion noch nicht verloren.“

http://www.krone.at/1645707


Bild

(4) Und so war es dann

As (Spanien):
Die deutsche Walze ist dank Jupp Heynckes zurückgekehrt. Das Spiel im Münchner Kühlschrank konnte für den türkischen Meister nicht schlecher beginnen. Nach dem direkten Rot gegen Vida wurde die Partie zu einem bayrischen Monolog.

Zäfix .... Halleluja

Bild

Sauber hod a eigschenkt, der Dammerl!
Der Müller hod gestern glei zwoa Dirl gmacht
für seine Rodn.


ww
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon medicus » Mi 21. Feb 2018, 23:05

Willimox hat geschrieben:fixieren1 Vb. ‘beständig machen’

Und auch in der Medizin und Jurisprudenz spielt fixieren eine Rolle:
Bild
Bild

http://www.iww.de/cb/recht/strafrecht-d ... ema-f66903
Zuletzt geändert von medicus am Do 22. Feb 2018, 12:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon Prudentius » Do 22. Feb 2018, 11:34

"Fix it!" heißt die aktuelle Anrede der Schüler an Präsident Trump wegen der Waffengesetzgebung, "bring das in Ordnung!"
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon sinemetu » Fr 23. Feb 2018, 22:22

Zythophilus hat geschrieben:Das Hendiadyoin "fix und fertig" ist eher eine Art Superlativ zu "fertig", wobei die Bedeutung von "fix" so verblasst ist, dass die Wendung auch in übertragenem Sinn für Erschöpfung genommen werden kann, wo "fix" eigentlich nicht passt.


ich denk auch, in der Wendung ist fix und fertig wegen des Stabreimes reingekommen.
Quaestor sum, quaerere quaerique possum ...
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Re: Phaedrus: vulpes et corvus

Beitragvon Prudentius » Sa 24. Feb 2018, 16:31

Fix heißt in der Informatik eine Art von Einsetzung in eine Variable ("value"), "fix values" sind unveränderliche, feste Werte, und die anderen heißen "variable values"; für uns angewendet: man kann sagen, die Substantive haben im Genus "fix values", die Adjektive dagegen "variable values", nämlich us, a, um.
Ebenso: das Adverb hat fixe Werte (bene), das Adjektiv variable.
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