Skandieren Ovid Am I, 9

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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon Tiberis » Sa 17. Nov 2018, 19:57

ille ego qui hat geschrieben:Das finde ich recht gut gelesen, ohne Iktus (Musik und Bilder möge man ausblenden):

Ovid zu Wagnermusik, einmal was Neues :lol: , wenngleich - vielleicht mit Ausnahme des Rheingold-Vorspiels - alles andere als passend. Zur Rezitation selbst würde ich sagen: es gibt schlimmeres (z.B. wenn Stroh rezitiert :shock: ), dennoch würde ich eher die Rezitation ausblenden und die Musik belassen.
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon ille ego qui » Sa 17. Nov 2018, 20:00

Zythophilus hat geschrieben:"Beinahe wie Prosa" heißt eben nicht genau so wie Prosa. Wenn der Autor, diese Ähnlichkeit für Komödienverse so betont, dann scheint er mir mehr auf die Besonderheit gerade solcher Verse hinweisen zu wollen, die in ihrem Kontext sinnvollerweise wie alltägliche Sprache klingen sollen. Damit wäre das - ich weiß, dass es vermutlich ein argumentum ex silentio ist - eher ein Hinweis darauf, dass sonstige Verse eben nicht wie Prosa klängen.



Ich denke, das muss man anders sehen.
"Beinahe wie Prosa" heißt es dort, weil beispielsweise der jambische Senar so viele Lizenzen hat, das sich die einzelnen Verse sehr stark voneinander unterscheiden und man beim Hören das - hier relativ versteckte, weil so offene - Schema mit den Ohren evtl. nicht mehr so klar erfasst. Daher die Nähe (!) zur Prosa, deren Rhythmus noch weniger (!) reguliert ist.
Würde man nun in Versen bei der Rezitation einen Versakzent hinzufügen, dann hätte dieser Vergleich zwischen Poesie und Prosa kaum so getätigt werden können. Scherzeshalber kann man sich überlegen, wie dann hätte verglichen werden können - etwa so:

"Komödienverse klängen (!!!) (fast) wie Prosa, wenn die Schauspieler auf der Bühne nicht ohnehin - wie jedermann weiß - die Verse mit einer zusätzlichen Versbetonung versähen, wodurch man im Theater natürlich sofort wieder hört, dass es eben keine Prosa ist"

:D :D :D

(auch dies - zugegeben - ein argumentum ex silentio ;-) )
Zuletzt geändert von ille ego qui am Sa 17. Nov 2018, 20:10, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon ille ego qui » Sa 17. Nov 2018, 20:05

Tiberis hat geschrieben:
ille ego qui hat geschrieben:Das finde ich recht gut gelesen, ohne Iktus (Musik und Bilder möge man ausblenden):

Ovid zu Wagnermusik, einmal was Neues :lol: , wenngleich - vielleicht mit Ausnahme des Rheingold-Vorspiels - alles andere als passend. Zur Rezitation selbst würde ich sagen: es gibt schlimmeres (z.B. wenn Stroh rezitiert :shock: ), dennoch würde ich eher die Rezitation ausblenden und die Musik belassen.



ich wusste schon, dass dich die darbietung stören würde, daher mein zusatz :D
dennoch wirst du kaum leugnen können, dass die vershaftigkeit, nachdem man sich kurz eingehört hat, auch ohne iktus klar zu hören ist. ich stelle mir umgekehrt vor - wenn ein wenig fantasie an der stelle erlaubt ist -, wie lächerlich für den römer eine rezitation geklungen hätte, bei der durch das "hopsasa des iktus" (nietzsche) jedes zweite wort plötzlich - bloß weil es verse sind - anders betont wird, als es die römer in ihrer natürlichen sprache taten.
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon Prudentius » So 18. Nov 2018, 11:54

ille ego qui hat geschrieben: Wissenschaftlich könnte man beim „Iktus“ von einer nicht notwendigen Hypothese sprechen.


Gut, aber es ist eine Arbeitshypothese, und eine praktische!

Das Quantitätenlesen im L. ist uns ganz fremd, denn wir sind es gewohnt, dass die Quantitäten uns indirekt in der Schrift geboten werden (Kahn : kann), es ist extrem mühsam für unsere Schüler, noch mühsamer als das Versschema.
Das ganze Historisieren ist ein Krampf, wir sind Deutschsprachler und können nicht anders, wir brauchen es auch nicht. In unserer Tradition heißt es; "Das Objekt wird nach Maßgabe des Subjekts wahrgenommen", Thom. v. A., wir müssen mit einem d. Maul reden, nicht mit einem l.
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon ille ego qui » So 18. Nov 2018, 13:02

Das ist mir zu bequem. Nein, aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es so schwer nicht ist, Schülern und Studenten quantitätsgerechtes Lesen beizubringen (spaßeshalber üben wir gerade - rezitierend, aber auch analysierend - an Ciceros Prosa). Neben anderen didaktischen Kniffen kann hier die Musik helfen. Im Gegenteil ist es sogar eine Irreführung, die die ganz andere Funktionsweise der antiken Metrik - gerade hier besteht ein Aha-Potential - wieder vernebelt. Ich habe mehrfach Metrik unterrichtet und mehrfach zu hören bekommen: „Warum hat man das nicht von Anfang an so erklärt?“
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon consus » So 18. Nov 2018, 14:42

ille ego qui hat geschrieben:...Ferner gibt es eine Stelle (bei Cicero?), Komödienverse klängen beinahe wie Prosa...

Ille ego qui denkt vermutlich an Cic. orat. 184:
… At comicorum senarii propter similitudinem sermonis sic saepe sunt abiecti, ut non numquam vix in eis numerus et versus intellegi possit. …

Ille weist ferner auf die Bedeutung der Musik hin:
... Neben anderen didaktischen Kniffen kann hier die Musik helfen...

In Bezug auf die Leistung der Musik sollte man lesen, was Cicero vor der oben zitierten Stelle (a.a.O.183f.) schreibt*:
Esse ergo in oratione numerum quendam non est difficile cognoscere. Iudicat enim sensus; in quo est iniquum quod accidit non agnoscere, si cur id accidat reperire nequeamus. Neque enim ipse versus ratione est cognitus, sed natura atque sensu, quem dimensa ratio docuit quid accideret. Ita notatio naturae et animadversio peperit artem. Sed in versibus res est apertior, quamquam etiam a modis quibusdam cantu remoto soluta esse videtur oratio maximeque id in optimo quoque eorum poetarum qui λυρικοὶ a Graecis nominantur, quos cum cantu spoliaveris, nuda paene remanet oratio. Quorum similia sunt quaedam etiam apud nostros, velut illa in Thyeste:
Quemnam te esse dicam qui tarda in senectute
et quae sequuntur; quae, nisi cum tibicen accessit, orationis sunt solutae simillima.

Vgl. dazu: Lucia Prauscello, Singing Alexandria, Music between Practice and Textual Transmission, Leiden/Boston 2006, 59f.
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon Tiberis » So 18. Nov 2018, 14:48

ille ego qui hat geschrieben:, wie lächerlich für den römer eine rezitation geklungen hätte, bei der durch das "hopsasa des iktus" (nietzsche) jedes zweite wort plötzlich - bloß weil es verse sind - anders betont wird, als es die römer in ihrer natürlichen sprache taten.


Ich schrieb ja schon, dass die Kunst der Rezitation darin besteht, Versakzent und Wortakzent gleichermaßen hörbar werden zu lassen. Nur den Iktus hervorzuheben ist genauso falsch wie ein metrischer Fundamentalismus, der auf den Versrhythmus völlig verzichtet. Im übrigen kommt es auch in modernen Sprachen immer wieder vor, dass in einem Lied oder Gedicht einzelne Wörter anders betont werden als in normaler Prosa, wie z.B. hier in der ungarischen Nationalhymne:


Isten, áldd meg a magyart
Jó kedvvel, bőséggel,
Nyújts feléje védő kart,
Ha küzd ellenséggel;

magyart ist hier endbetont, aber in Prosa auf der ersten Silbe betont; feléje wird im Lied auf der 2. Silbe betont, normalerweise aber auf der ersten usw.
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon ille ego qui » So 18. Nov 2018, 15:50

Salvete iterum!

Nur den Iktus hervorzuheben ist genauso falsch wie ein metrischer Fundamentalismus, der auf den Versrhythmus völlig verzichtet.


Was da falsch ist, können wir kaum von unserem subjektiven, heutigen Standpunkt mit letzter Gewissheit bestimmen. Fest steht, man braucht auch als Deutscher den Iktus nicht, um einen Rhythmus hörbar zu machen - man muss nur ein wenig üben. Und natürlich verzichtet man nicht auf den Versrhythmus, wenn man auf den Iktus verzichtet - das ist viel zu sehr vom "germanischen Ohr" her gedacht. Der Versrhythmus ist schon da, wenn man die Quantitäten richtig spricht (inklusive Positionslängen etc.) - aber es ist eben kein Akzentrhythmus, sondern ein Quantitätenrhythmus. Natürlich muss man sich hier ein Stückweit von deutschen Hörgewohnheiten entfernen - und eventuell auch von langjähriger Lateinlehrer und -schülerpraxis, aber es geht ;-)

Im übrigen kommt es auch in modernen Sprachen immer wieder vor, dass in einem Lied oder Gedicht einzelne Wörter anders betont werden als in normaler Prosa, wie z.B. hier in der ungarischen Nationalhymne:


Einzelne Wörter ja (wobei nicht wenige Rezitatoren dann die abweichenden Wörter - als besonders hervogehoben - gegen den "Versrhythmus" sprechen), aber niemals mit solcher Regelmäßigkeit. Das darf man wohl als vollständig ausgeschlossen betrachten. Wenn wer ernsthaft einen Iktus fordern möchte, dann käme er kaum umhin, ihn in vielen Verstypen vollständig zu verlegen, etwa im Anapäst. Beispiel aus dem Thyestes des Seneca (V. 789-793):

Quo térrarúm superúmque poténs,
cuiús ad ortús noctís opacáe
decus ómne fugít, quo uértis itér
medióque diém perdís Olympó?
cur, Phóebe, tuós rapis áspectús?


Absurd! Wenn Iktus, dann so (und dann könnte man mit etwas Mühe sogar die Grammatiker für seine Position heranziehen):

cúius ad órtus nóctis opácae etc.


Auch hier ergeben sich noch mitunter widersinnig scheinende Betonungen, aber nicht so viele. Auch in der ersten (!) Hälfte des Hexameter findet regelmäßig ein Widerspruch zwischen Iktus und Wortakzent statt. Nichts spricht für den Iktus an diesen Stellen. Wer will, mag einen an denen postulieren, wo weit häufiger Akzente fallen, nämlich in der jeweils zweiten Versfußhälfte.
Denn: Wenn jemand an den Iktus glaubt, woher will er wissen, dass er dort liegt, wo wir ihn traditionsgemäß sprechen?
Aber: Weder im Anapäst noch im Hexameter benötigt man zwingend irgendeinen Iktus. Das Hörbeispiel sollte es gezeigt haben.

Noch eine weitere Literaturempfehlung (kann ich gerne als Pdf anbieten, weil es mir meine UB seinerzeit automatisch in dieser Form "lieferte"): Strohs (verzeih, Tiberis!) Aufsatz "Der deutsche Vers und die Lateinschule", wo Stroh zeigt, wie der Iktus in der Neuzeit mit viel Mühe in Deutschland - nachdem man erst versucht hatte, Positionslängen zu bilden und ähnliche, unserer Muttersprache nicht gemäße Metzchen - erfunden wurde (Tiberis würde vielleicht sagen "wieder erfunden").

Valete :-)
Zuletzt geändert von ille ego qui am So 18. Nov 2018, 16:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon ille ego qui » So 18. Nov 2018, 15:58

Kannst du gut ungarisch, Tiberis? Eusebius, den man als Rezitator im Film oben hört und der diverse lateinische Gedichte mithilfe bereits vorhandener ungarischer Melodien quantitätengemäß vertont hat, erklärte mir vor mehreren Jahren, es gäbe im ungarischen Gedichte, die auf Quantitäten basierten, und solche, die auf Akzenten basierten. Es wäre interessant, da mehr zu wissen.

Valeas.
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon ille ego qui » So 18. Nov 2018, 16:06

Noch ein Beispiel für alle Iktusverliebten ;-) Ich empfehle, den Iktus im Pentamenter auf die vorletzte Silbe zu verlegen.

Divitias alius fulvo sibi congerat auro
Et teneat culti iugera multa sóli,
Quem labor adsiduus vicino terreat hoste,
Martia cui somnos classica pulsa fúgent:
Me mea paupertas vita traducat inerti,
Dum meus adsiduo luceat igne fócus.
Ipse seram teneras maturo tempore vites
Rusticus et facili grandia poma mánu;
Nec spes destituat, sed frugum semper acervos
Praebeat et pleno pinguia musta lácu.


(Wie gesagt, man mache das Experiment auch im Hexameter: Die ersten Takte werden statistisch, scheint mir, häufiger "richtig" betont, wenn man den Iktus in die zweite Fußhälfte verlegt (Nec spés destítuat). Warum nicht auch hier einen neuen Iktus postulieren? ;-) )
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon ille ego qui » So 18. Nov 2018, 16:32

consus hat geschrieben:
ille ego qui hat geschrieben:...Ferner gibt es eine Stelle (bei Cicero?), Komödienverse klängen beinahe wie Prosa...

Ille ego qui denkt vermutlich an Cic. orat. 184:
… At comicorum senarii propter similitudinem sermonis sic saepe sunt abiecti, ut non numquam vix in eis numerus et versus intellegi possit. …

Ille weist ferner auf die Bedeutung der Musik hin:
... Neben anderen didaktischen Kniffen kann hier die Musik helfen...

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gratias tibi ago, Conse, pro opera tua. nescio quomodo symbola tua me paene fugit.
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon Tiberis » So 18. Nov 2018, 16:52

ille ego qui hat geschrieben:Kannst du gut ungarisch

da muss ich dich leider enttäuschen. Ich habe zwar gewisse Grundkenntnisse dieser Sprache und könnte mich zur Not irgendwie verständlich machen, mehr aber nicht. Aber ich bin immer noch dabei, mich zu verbessern.. 8) Aber die Quantitäten spielen im Ungarischen jedenfalls eine größere Rolle als im Deutschen, soviel ist sicher.
ille ego qui hat geschrieben:cuiús ad ortús noctís opacáe

diese Betonung ist freilich völlig unsinnig. Was für ein Metrum wäre denn das? Es können ja nur zwei Adoneen sein: cúius ad órtus / nóctis opácae
ille ego qui hat geschrieben:perdís Olympó?

auch hier ist pérdis Olýmpo zu betonen (Adoneus), anders geht es ja gar nicht.
ille ego qui hat geschrieben:Ich empfehle, den Iktus im Pentamenter auf die vorletzte Silbe zu verlegen.

und was wird das dann? ein Hinkpentameter? :lol:
….accipe posterítas :hairy:
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon ille ego qui » So 18. Nov 2018, 17:22

Es handelt sich um Anapäste, tradidtionell mit Iktus in der „Hebung“ - oder nicht?

Ad Pentameter: Eine Iktierung, die praktisch nie, mit einer Wortbetonung zusammenfällt - wie will man die noch rechtfertigen. Und wer unbedingt eine Regelmäßigkeit in der Betonung braucht, um einen Vers zu hören, hat hier schon eine ;)

Videtur mihi quidem res in medio et in incerto esse relinquenda.
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon Tiberis » So 18. Nov 2018, 18:53

ille ego qui hat geschrieben:Es handelt sich um Anapäste

wie bitte? wo ist in einer Zeile wie cuius ad ortus noctis opacae ein Anapäst??
ein Anapäst ist hingegen hier:decus ómne fugít, quo uértis itér
d.h., zwischendurch gibt es immer wieder andere Metren, wie eben die schon genannten Adoneen.
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Re: Skandieren Ovid Am I, 9

Beitragvon consus » So 18. Nov 2018, 20:06

Tiberis hat geschrieben:...wie bitte? wo ist in einer Zeile wie cuius ad ortus noctis opacae ein Anapäst??...

Grüß Gott, Tiberis! Ich komme nicht umhin zu sagen, dass ich Senecas Thyestesverse 790 und 792 metrisch genauso analysiere wie Ille ego qui:
cuiús ad / ortús / noctís o/pacaé
-úu / -- / -úu / --
Hier ist die Hebung des 1. und 3. Anapästs aufgelöst (cf. Crusius Rubenbauer § 107, S. 85):
Im Vers 792 wurde die 3. Hebung aufgelöst:
medió/que diém / perdís O/lympó?
uu- / uu- / -úu / --
Vielleicht irre ich mich aber...
Wie sagt Crusius so schön? "Anapäste sind die Verse, in denen am häufigsten Widerspruch zwischen Wortakzent und Iktus auftritt" (a.a.O. S. 86).
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