Buchstaben-Salat, ist das Latein?

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Buchstaben-Salat, ist das Latein?

Beitragvon Laptop » Mo 5. Aug 2019, 13:21

Hallo, Ich meine ein bisschen Latein zu beherrschen, aber das hier ist über meinem geistigen Horizont https://i.imgur.com/g6iBcrO.jpg Ist das überhaupt Latein? Oder eine andere Sprache? Ich meine lat. Abbreviaturen zu erkennen, aber dann doch wieder viel Unidentifizierbares. Aufgrund der Dateigrößenbeschränkung hier nochmal das ganze "Blatt" in Vollauflösung: http://diglib.hab.de/show_image.php?dir ... image=eb03
Es ist die Buchdeckel-Makulatur aus einem ohnehin schon aberwitzigem Druck, aberwitzig weil der Drucktext selbst schon eine Art Stopftext ist an allen erdenklichen Abbreviaturen, die so zahlreich gesetzt wie nur irgend möglich. Daher dachte ich die Makulatur könnte vielleicht eine handschriftliche Version von diesem Abbreviatur-Salat sein?
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Re: Buchstaben-Salat, ist das Latein?

Beitragvon cometes » Di 6. Aug 2019, 22:57

Es handelt sich sozusagen um lateinischen Abbreviaturenchefsalat à la mode Cappelli. Der Ausschnitt aus der zweiten Spalte von links (der ersten vollständigen)

Bild

bedeutet z.B. similitudine cum homine.
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Re: Buchstaben-Salat, ist das Latein?

Beitragvon Laptop » Mi 7. Aug 2019, 15:03

Cometes, nicht schlecht, das ist dann stärkster Tobak, denn ich dachte schon der Druck sei kaum mehr zu überbieten. Man könnte sagen die Handschrift ist eine Persiflage auf die Abbreviaturenschwemme? Wie man sowas nur allen ernstes produzieren kann ist mir ein Rätsel. Vielleicht eine Übungsschrift?
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Re: Buchstaben-Salat, ist das Latein?

Beitragvon cometes » Mi 7. Aug 2019, 17:45

Ich halte es nicht für eine Parodie, der exzessive Gebrauch von Abbreviaturen ist in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Handschriften so selten nicht, die Motive für das Ausmaß der Abkürzungen können vielfältig sein, die Kostpieligkeit des Beschreibstoffes, die Erhöhung des Tempos der Kopiervorgänge, Ästhetisierung (Text als Bild) und formale Zugangsbeschränkung zu gespeichertem Wissen sind nur einige. Das trieb schon in der Hochphase dieser Schreibsysteme manche Blüten, so gibt es Beschwerden von Mönchen, die die Vorlagen ihres Mitbruders wegen zu vieler Abkürzungen nicht lesen konnten.

Der tiefgreifende Wandel der Textkultur durch den Buchdruck, der den Adressatenkreis seiner Erzeugnisse drastisch ausweitet (Hürden mithin eher abbauen möchte), die Vervielfältigung mechanisiert, bei überlegenem Tempo der Reproduktion aber die Kosten für die Herstellung der Lettern, also den Zeichenvorrat gering halten möchte, überdies die Beziehung von Bild und Text in einem Druckwerk neu organisiert, bringt diese Art von Abbreviatursystemen ja allmählich zum Verschwinden, weshalb sie uns, die wir der Buchtextkultur immer noch stark verpflichtet sind, mitunter grotesk erscheinen. Andererseits: https://www.smszeichen.ch/sms/bedeutung ... uerzungen/

An der automatischen Erkennung von Handschriften, die irgendwann auch solche Zeichenlabyrinthe wie in deinem Beispiel sicher durchqueren soll, wird übrigens eifrig geforscht: https://transkribus.eu/Transkribus/
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