Laptop hat geschrieben: Beim Schönreden sehe ich drei Elemente: 1. Es gibt ein Übel, 2. und man macht Worte, 3. um es zu beschönigen (colorare). Ich verstehe colorare als ein "aufhübschen, beschönigen", und daher nicht zwangsläufig einer häßlichen sondern u.U. bloß langweiligen oder neutralen Sache.
Schönreden bedeutet etwas durch Reden schön
erscheinen lassen, was es tatsächlich nicht ist, wobei
schön in seinem gesamten Bedeutungsumfang zwischen ästhetischer, emotionaler, moralischer usf. Bewertung in Spiel kommen kann, und wird ausschließlich pejorativ gebraucht, wofür es aber weder auf der semantischen Ebene der Bestandteile des Partikelverbs noch auf morphologischer Ebene Indizien gibt (man vergleiche das Wort Schönfärberei, welche einst ein ehrbares Handwerk, das Qualitätsprodukte herstellte, bezeichnete, ehe es nur noch im übertragenen Sinne abwertend gebraucht wurde).
Dabei wird der Sinn des verwandten Syntagmas, das ja wörtlich genommen nur davon spricht, dass durch Reden eine Sache schön wird, modifiziert, um diesen Wandel zum trügerischen Schein zu erklären. Es ist im Deutschen dieses Zusammenspiel der Vieldeutigkeit der Verbpartikel und der Scheinhaftigkeit, wobei letztere meines Erachtens in den Sinnbezirken Schönheit und Rede erst durch die ausschließlich abwertende Verwendung aktiviert wird, welches offensichtlich von einem lateinischen Pendant erwartet wird.
Die Frage ist nun, ob und wie sich dieser in der Übersetzung gesuchte semantische Effekt bei lateinischen Wörtern, die aus dem Sinnbezirk des Färbens stammen, einstellt, wenn diese nicht nur pejorativ gebraucht werden, wie das, soweit ich sehe, bei allen genannten Kandidaten der Fall ist, und diese auf den ersten Blick keinen direkten Zugriff auf ein semantisches Element haben, das der vieldeutigen dt. adjektivischen Verbpartikel entspricht. Bei
colorare beispielsweise könnte, wenn kontextuell klar ist, dass es sich um eine abwertende Verwendung handelt, die unbestimmte Farbgebung als Inbegriff der Verschönerung dafür einspringen. Wer etwas färbt, tut dies in der regelmäßigen Absicht, die Sache zu verschönern (anders als bei Ausdrücken, die durch die Nennung einer ganz bestimmten Farbe - Schwarz etwa - andere Bedeutungen aktivieren und das Verbergen oder Unkenntlichmachen in den Vordergrund stellen). So gesehen ergäbe sich in Senecas
non sunt ficta nec colorata der gesuchte Sinn des schönen Anscheins ganz ohne Zusätze, wie das auch die meisten Übersetzungen reflektieren.