Latinisierung von Namen

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Latinisierung von Namen

Beitragvon marcus03 » Mi 28. Aug 2019, 09:07

Könnt ihr mir bitte eine Regel zur Latinisierung von Namen nennen?

Warum wird Kant zu Cantius, Heidegger aber zu Heideggerus?
Wann nimmt man us, wann ius? Spielt der Wohlklang eine Rolle? Cantius klingt schöner als Cantus.
Allerdings fände ich auch Heideggerius nicht kakophon. :?

Ich finde dazu nichts im Netz.
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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon Prudentius » Mi 28. Aug 2019, 10:18

Kant soll ja nicht mit cantus Gesang verwechselt werden.
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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon marcus03 » Mi 28. Aug 2019, 10:48

Dann könnte man ja auch Kantus verwenden?
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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon consus » Mi 28. Aug 2019, 11:25

Equidem, o Marce03, cognomina peregrina quasi per vim in Latinum vertenda esse nego. Cf. Immanuel Kant.
Paulum aliter se rem habere puto, si de vertendo cognomine "Fuchs" cogitamus. Nonne facile invenitur "Vulpius"? Cf. Bauer > Agricola, Fischer > Piscator...
Prorsus nescio quam legem sequi oporteat.
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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon mystica » Mi 28. Aug 2019, 12:55

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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon cometes » Mi 28. Aug 2019, 15:31

Die Reglements sind eine teilweise wilde historische Mischung aus morphologischen Analogien, semantischen Kriterien, Orientierung am Wohlklang in der Zielsprache, wobei oft Alternativbildungen zugelassen werden, auch an überkommenen Gewohnheiten ("Fehlbildungen" zumal berühmter Träger beispielsweise, die sich durch Gebrauch verfestigt haben, werden nicht geändert) usf., ohne dass je völlige Einigkeit erzielt worden wäre.

Das System gibt es also nicht. So ist z.B., wenn der Name eine Bedeutung hat, zu der ein lateinische Pendant existiert, dieses für manche als Ausgangsbasis vorzuziehen, wobei sie modifiziert wird, wenn die morphologischen Analogien fehlen. Es heißt demnach, wie alle hier wissen, nicht Fuchs-ius, nicht Vulpes, sondern Vulp-ius. Andere verwerfen das, sie machen aus Herrn Web-er nicht Herrn Text-or, wenn der nicht schon aus einer Familie stammt, die so heißt.

Einigen genügt es, dass die Endungen -a, -ar, -or, -ir, -yr, -er Ähnlichkeit zu den lat. Deklinationsendungen besitzen, sodass sie gar keine weitere Endung anzuschließen gestatten. Sie bestehen auf Herder,-eri, während wieder andere es sich nicht nehmen lassen, diesen zum dann auch in den Digitalisaten auftauchenden Herderus,-i zu erklären. Die ebenso wenig einheitlichen Regeln für den Anschluss von -us bzw. -ius et al. in Abhängigkeit von den Endlauten der sonst unveränderten deutschen Namen füllen eine Menge Seiten - siehe z.B. https://books.google.de/books?hl=de&id=YG5oAAAAcAAJ
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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon mystica » Mi 28. Aug 2019, 15:45

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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon Tiberis » Mi 28. Aug 2019, 16:23

equidem censeo praenomina, quantum id fieri potest, esse latinizanda integro nomine gentili.
sic eum, cui nomen est Karl Meier, Latine Carolum Meier appellabimus, non Carolum Meierum,
aliter res se habet, cum praenomen deest. si ita, videndum est, ut nomen gentile Latine cadat.
nec tamen quodlibet nomen in syllabam -us cadet. nam oportet dicamus Meier, non Meierus, cum Latina sequimur substantiva, quae in -er cadunt.
consus hat geschrieben:Paulum aliter se rem habere puto, si de vertendo cognomine "Fuchs" cogitamus. Nonne facile invenitur "Vulpius"? Cf. Bauer > Agricola, Fischer > Piscator...

non ignoro quadam aetate fuisse, quibus placuit nomen suum gentile hoc modo Latine reddere. quod tamen nostris temporibus obsoletum mihi videtur esse. praeterea omnia nomina simili ratione tractanda esse censeo, si modo ea latinizare velimus.
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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon mystica » Do 29. Aug 2019, 11:26

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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon consus » Do 29. Aug 2019, 11:58

Consus Tiberi amico suo litteratissmo s. p. d.
Cum nomina gentilia "Bauer, Fischer" facile Latine reddi posse scriberem, nihil aliud mihi proposui nisi ut exempla afferrem vetera; neque tamen hunc usum ab omni parte arbitror esse obsoletum. Sunt enim quibus nostra quoque aetate placeat illo modo alienum ne dicam falsum sibi dare nomen.
Vale.
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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon Tiberis » Do 29. Aug 2019, 14:07

consus hat geschrieben:Sunt enim quibus nostra quoque aetate placeat illo modo alienum ne dicam falsum sibi dare nomen.

recte mones. nam Vulpios quis ignorat?
:lol:
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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon Willimox » Do 29. Aug 2019, 15:35

Vulpios non excitemus! :D

Aus naheliegenden Gründen frage ich mich, welche Latinisierung von "Willibald" ein "nihil obstat" erreichen kann, also wie sie Korrektheit und eine gewissen "gravitas-Modus" verbinden kann.

Der "Gu(l)ielmus" ist wohl nicht geeignet, man bedenke allein diesen Namensträger, der in seiner Jugend wahrlich eine üble Zeit hatte:

Bild

Willibald Pir(c)kheimer findet sich latinisiert mit einem "l", aber auch (selten) mit zweien: Bilibaldus (Billibaldus).

Guter Rat wäre eine gute Tat.

Valete!
BB
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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon marcus03 » Do 29. Aug 2019, 15:51

Willimox hat geschrieben:Aus naheliegenden Gründen frage ich mich, welche Latinisierung von "Willibald" ein "nihil obstat" erreichen kann, also wie sie Korrektheit und eine gewissen "gravitas" verbinden kann.


Audax/Animosus ?
"Willibald (auch Bilibald und Wilibald) ist ein altsächsischer männlicher Vorname und bedeutet so viel wie „Der mit kühner Entschlusskraft Ausgestattete“. Der Name findet sich im deutschen Sprachraum heute eher selten und ist am häufigsten in Süddeutschland zu finden. Als Kurzform wird meist Willi verwendet."

Vale, animose Audax/ audacter Animose! :wink:
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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon medicus » Do 29. Aug 2019, 15:59

Und ich habe diesen Vorschlag:

Volonemox = Will i(ich) bald? :boah:
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Re: Latinisierung von Namen

Beitragvon marcus03 » Do 29. Aug 2019, 16:08

medicus hat geschrieben:Volonemox = Will i(ich) bald?


Wie soll er dekliniert werden?

Volonemox(i)us, i
Volonemox, Volonemocis ?

Heu te miserum Volonemocem! Nomen tuum deformatumst omne. Quod utinam ne verti voluisses! :lol:
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