schlackern mit den Ohren

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schlackern mit den Ohren

Beitragvon sinemetu » Mi 16. Okt 2019, 13:44

Jetzt, nachdem ich über Frau und Schlange räsoniert, geht mir der Sitz im Leben dieser Wendung auf.

https://www.redensarten-index.de/suche. ... 5D=rart_ou

Drei Sachen sind es, die darauf hinweisen, daß hier etwas versteckt ist.
1. Die Wendung ist inkonkret. Ohren sind wohl nicht die Aures, denn damit kann der Mensch nicht schlackern. Die größten Dallohren sind fest verwachsen.
2. Schlackern ist onomatopoetisch, also muß ein Geräusch her.

Ich vermute: Mit Ohren sind die weiblichen gut entwickelten Brüste gemeint. Sie werden umschrieben: https://www.bedeutungonline.de/synonyme-brueste/ Grund: Tabu Warum gerade Ohren?
Deswegen heißt es schlackern, worin das -ack lautmalend, das r als Intensivum anzeigt, und das schla- die Frau latent assoziiert.
3. Das Element des Erstaunens, also die Semantik, weist auch auf eine Bewegung des Brustbereiches hin.

Schlackern ist also, wenn Teile der Frau wackeln. Das passiert beim Stauen des Atemganges, beim "Stau"nen eben. Hört sie etwas total Unerhörtes, bewegt sie sich schon mal etwas heftiger mit dem Oberkörper, so daß ihr die Ohren (Brüste) schlackern, also gegeneinander klatschen. Die Sprache ist immer konkret.
Schlottern ist übrigens kalt, schlackern aber assoziiert warm und liegt ganz dicht bei schleckern. Schon das macht es unwahrscheinlich, daß die Aures gemeint sind, und wahrscheinlich, daß Fontes lactis dahinter stehen.
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Re: schlackern mit den Ohren

Beitragvon medicus » Mi 16. Okt 2019, 18:51

sinemetu hat geschrieben:Ich vermute: Mit Ohren sind die weiblichen gut entwickelten Brüste gemeint.


Die Feministen sind dir bereits auf den Fersen, sinemetu! Cave!

Mit den Ohren schlackern : Das Verb »schlackern« meint »hin und her schlagen«. Die umgangssprachliche Wendung, die im Sinne von »äußerst überrascht sein« gebraucht wird, könnte sich darauf beziehen, dass man den Kopf schüttelt, wenn man von etwas überrascht wird. Der Ausdruck wird ja für beiderlei Geschlecht gebraucht.
Zuletzt geändert von medicus am Mi 16. Okt 2019, 18:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: schlackern mit den Ohren

Beitragvon Tiberis » Mi 16. Okt 2019, 18:52

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Re: schlackern mit den Ohren

Beitragvon sinemetu » Mi 16. Okt 2019, 19:04

medicus hat geschrieben:
sinemetu hat geschrieben:Ich vermute: Mit Ohren sind die weiblichen gut entwickelten Brüste gemeint.

Die Feministen sind dir bereits auf den Fersen, sinemetu! Cave!

Feministin auf der Färse beim Ohrenschlackern... beim Betrachten fällt mir die Frage ein ob Färsen Farsi können?
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Re: schlackern mit den Ohren

Beitragvon Prudentius » Do 17. Okt 2019, 08:29

Schlackern ist doch wohl ein Intensivum von schlagen, wie schütteln von schütten, betteln von bitten, stottern von stocken, zündeln, klappern ...
Ohren sind wie Flügel, man schlägt mit ihnen, um sie in Position zu bringen, wie es die Vögel machen. Bei einer Verlegenheit schlägt man also mit den Ohren, falls man falsch gehört hat. :)
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Re: schlackern mit den Ohren

Beitragvon sinemetu » Do 17. Okt 2019, 08:52

Prudentius hat geschrieben:Schlackern ist doch wohl ein Intensivum von schlagen, wie schütteln von schütten, betteln von bitten, stottern von stocken, zündeln, klappern ...

Intensivem hatte ich oben auch. Die rhiz. Wurzel steht nicht so eindeutig fest, wie es scheint. Siehe DWDS, dort gibt man zwei an.

Grundsätzlich Prudentius: Es geht mir nicht um die Frage: Woher kommt ein Wort, sondern um die Frage, warum lautet dieses Wort in der der der Sprache zu einem gewissen Zeitpunkt oder heute so, wie es lautet. Das ist genau die entgegengesetzte Fragerichtung der typischen etymologischen Frage. Auf diese Frage antworten wir, indem wir aufzeigen, wie ein Wort latent und präsent assoziativ verankert ist im rezenten Wortschatz. Diese Frage hat wenig mit Lautgesetzen und Sprachgeschichte, sondern viel mehr was mit Anklang und Anschauung zu tun, indem nämlich beim Erklingen eines Wortes in unserem Hirn ganz bestimmte Bereiche aktiviert werden, und da diese Bereiche auch für andere Worte zuständig sind, geben sich klangliche und bildliche Assoziationen, die oft so schnell sind, daß sie gar nicht ins Bewußtsein dringen, also nur in Latenz da sind und sprachbildend wirken.

Prudentius hat geschrieben:Ohren sind wie Flügel, man schlägt mit ihnen, um sie in Position zu bringen, wie es die Vögel machen.

Welche Vögel haben Ohren?? Ohreneule, Ohrenlärche, Ohrentaucher hat nur Federn, die als Ohren gedeutet werden. Sie haben innere Hörorgane, der keine Muscheln, wie wir, meines Wissens.
Prudentius hat geschrieben:Bei einer Verlegenheit schlägt man also mit den Ohren, falls man falsch gehört hat. :)

Das hab ich noch nicht gesehen beim Menschen. Es gibt Leute, die können extrem die Nasenflügel bewegen und klappen, aber bei den Ohren hab ich es noch nicht gesehen. Und Kopfschütteln heißt Kopfschütteln, nicht Ohrenschlackern. Die menschlichen äußeren Hörorgane sind - ehrlich gesprochen - auch zu klein und zu fest verwachsen, also anatomisch ungeeignet, um das Bewegungsbild zu zeichnen, welches wir mit schlackern umschreiben.
Bei Katzen andeutungsweise und eher noch bei langohrigen Hunden kann man sowas sehen, aber dort passiert es, etwa wenn der Hund aus dem Wasser kommt, und sich schüttelt, dann wäre es aber übertragen. Ich denke der nicht, daß dieses Bild für die Wendung Pate stand, denn es fehlt der Moment der Überraschung. Für die Herkunft eines Wortspieles gilt aber: Konkretum geht vor Abstraktum

Wie könnte man die Antwort diese Frage, ob Brust oder Ohren gemeint sind verifizieren? Da Ohren als Synonym für Brüste recht selten verwendet werden und schon gar nicht in öffentlicher Sprache, wird man bei einer Umfrage natürlich eher geneigt sein, Deiner Version zuzustimmen. Das aber konkrete Wortbilder die Tendenz haben, sich zu übertragen, und erst einmal übertragen, gewaltig zu wachsen, wird eine Sachumfrage nichts bringen. Man muß sich aber der Regel Konkreta ante Abstrakto erinnern, und müßte mal ein zeitliches Wachstumsschema einer festen Wendung zeichnen.

Das sind natürlich viel zu wenig Daten .... um auch nur ansatzweise den Lebensweg einer Wendung zu zeichnen.
https://books.google.com/ngrams/graph?c ... rn%3B%2Cc0
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Re: schlackern mit den Ohren

Beitragvon cometes » Do 17. Okt 2019, 22:03

Der Mensch kann auch seine Ohren nicht spitzen, gebraucht diesen Ausdruck jedoch für erhöhte Aufmerksamkeit, er ist nicht in der Lage, sie hängen zu lassen, beschreibt aber dadurch den Zustand der Mutlosigkeit. Während er die Fähigkeit, die Ohren zu bewegen, im Laufe der Evolution eingebüßt hat, entwickelte sich sein Sehsinn prächtig, er wurde zum Augentier par excellence und verarbeitet den Hauptteil der Informationen aus seiner Umwelt visuell. So beobachtet er u.a., was andere Tiere, für die das nach wie vor überlebensnotwendig ist, mit ihren Ohren alles anstellen können in verschiedenen Situationen. Am Beispiel des Kaninchens: http://www.hauskaninchen.com/Seiten/Ver ... html#Ohren
Tierische Ohrenbewegungen, die bei erhöhter Aufmerksamkeit, negativem Stress, akustischer Orientierung in möglichen Gefahrensituation auftreten, könnten also den Hintergrund auch dieser Redewendung bilden.
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Re: schlackern mit den Ohren

Beitragvon sinemetu » Fr 18. Okt 2019, 07:31

cometes hat geschrieben: Während er die Fähigkeit, die Ohren zu bewegen, im Laufe der Evolution eingebüßt hat, entwickelte sich sein Sehsinn prächtig, er wurde zum Augentier par excellence und verarbeitet den Hauptteil der Informationen aus seiner Umwelt visuell.

Ist das belegt und gemessen?

cometes hat geschrieben:Der Mensch kann auch seine Ohren nicht spitzen, gebraucht diesen Ausdruck jedoch für erhöhte Aufmerksamkeit, er ist nicht in der Lage, sie hängen zu lassen, beschreibt aber dadurch den Zustand der Mutlosigkeit.

Das ist ein anerkennenswertes Argument gegen meine These!

Übrigens, daß jemand die Ohren spitzt, wenn etwas zu hören ist, ist verständlich, ist doch das Ohr das Hörorgan. Dagegen ist die Verbindung von Ohr und Mutlosigkeit nicht so offensichtlich. Katzen können ihre Ohren nicht hängen lassen, bei den Hunden auch nur die hochgezüchteten Rassen, wo die Ohren sowieso hängen. Schäferhunde können es nicht! Daß die Schlappohr-Rassen beim Caniculus für diese Redewendung Pate standen, halte ich für gewagt. Es gibt so wenig davon. Bei welchem andere (Haus)Tier könnte diese Wendung entstanden sein? Vllt der Feldhase? Ich denke auch die Verbindung Ohren spitzen kommt vom Hase, der seine Lauscher ja in die verschiedenen Richtung stehend drehen kann.

cometes hat geschrieben:Tierische Ohrenbewegungen, die bei erhöhter Aufmerksamkeit, negativem Stress, akustischer Orientierung in möglichen Gefahrensituation auftreten, könnten also den Hintergrund auch dieser Redewendung bilden.

Ja, Du schreibst richtig, könnten ...... Ich bin noch nicht entschieden.
Man muß noch Instrument entwickeln, um andersartige Argumente zu produzieren, um eine solche Frage entschieden beantworten zu können
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Re: schlackern mit den Ohren

Beitragvon cometes » Fr 18. Okt 2019, 12:58

Das Hängenlassen der Ohren (keineswegs mit Schlappohren gleichzusetzen) gilt in der veterinärmedizinischen Diagnostik bei manchen Tieren jedenfalls als Indiz für Schmerzen (zB. https://books.google.de/books?id=9Sc9h7JWn5gC&pg=PA41) und geht mit anderen Verhaltensweisen (Rückzug, Inaktivität) einher, die wir mit Mutlosigkeit assoziieren. Außerdem sollte man die tierphysiognomischen Vorurteile vergangener Jahrhunderte nicht unterschätzen ("Ein Pferd, das hängende und auch noch große Ohren und tiefe, eingefallene Augen hat, ein solches Pferd ist sehr faul, langsam, träge und schwach","Träge, phlegmatische Pferde tragen die Ohren nicht hoch und bewegen sie nicht lebhaft"), die in die Sprache Eingang finden.


Was die Dominanz des visuellen Systems wenigstens in unserer Kultur angeht (zu kulturvergleichenden Untersuchungen siehe etwa: https://www.wissenschaft.de/gesellschaf ... r-sinne-2/), bewegen sich die in wissenschaftlichen Publikationen gerne genannten Zahlen um die 80 Prozent Anteil an der Informationsverarbeitung, oft verknüpft mit dem Hinweis darauf, wie tief in der neuronalen Struktur des Gehirns diese verankert ist (https://books.google.de/books?id=nYr6AQAAQBAJ&pg=PA3).
Ergänzende Erklärungen zur diese Vorherrschaft zunächst bestätigenden Häufigkeit wissenschaftlicher Erforschung bietet: https://idw-online.de/de/news725137

Der Analyse und Kritik des sogenannten abendländischen Okularzentrismus, also der in Philosophie, Wissenschaft, Kunst und Literatur üblichen theoretischen Bevorzugung des Sehsinns seit der Antike, sind auch einige Regalmeter an Literatur gewidmet. Mit dem iconic oder umfassender visual turn, der den linguistic turn beerbt hat, verschiebt sich übrigens seit zwei Jahrzehnten die Aufmerksamkeit kulturwissenschaftlicher Forschung vom Wort auf das Bild als Kommunikations- und Informationsform.
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