Salve optime Prudenti!
Prudentius hat geschrieben:"Sinnlos im wittgensteinschen Sinne",

, gut. Aber Wittgenstein ist nicht maßgeblich, er hat sich nicht durchgesetzt mit seiner Ansicht, alle philosophischen Probleme gingen auf falschen Sprachgebrauch zurück.
Sicherlich gehört Wittgenstein und wohl auch Heidegger zu den inspirierendsten Denkern des 20. Jahrhunderts, die wir nicht einfach ignorieren können. Der so genannte "linguistic turn" hat ein neues Paradigma der Philosophie eingeleitet und hat vor allem die anglo-amerikanischen Philosophie maßgeblich geprägt. Ob tatsächlich aber alle philosophische Probleme auf Sprachkonfusionen beruhen, wie es der junge Wittgenstein behauptet hatte, ist bekanntlich sehr umstritten.
Prudentius hat geschrieben: Das Axiom der Identität ist für unsere Verständigungsmöglichkeit wie ein Ast, auf dem wir sitzen; es ist nicht empfehlenswert, daran zu sägen, indem man sagt, er sei sinnlos.
Ich denke nicht, dass Wittgenstein den Satz der Identität als oberstes Prinzip der Logik bzw. des Denkens zu negieren suchte, sondern nur auf die semantische Redundanz dieses Satzes hinweisen wollte.
Prudentius hat geschrieben:Die Kopula bedeutet nicht unbedingt Identitat: schau dir das an: "Das Quadrat ist ein Rechteck".
Ich stimme Dir vollkommen zu! Der Logiker und Sprachphilosoph Gottlob Frege [1848-1925] differenziert zwischen verschiedenen logischen Verwendungen der Kopula "ist":
1) identifizierend a = a;
2) prädikativ f (x) [Sokrates ist weise];
3) Existenzquantor ∃ (x) [z.B. x= Sokrates ist, d.h. existiert.]
Demnach gibt es eine dreistufige Begriffslogik. Die erste Stufe der Begriffslogik erfasst die Gegenstände [z.B. das rote Ding], die zweite Stufe handelt vom Begriff [z.B. das Rotsein] und die dritte Stufe führt den Existenzquantor ein [z.B. Es gibt einen Baum].
Vielleicht könnte man noch Heidegger anführen, der den berühmten Satz aus den Sopistes bei Plato in seinem opus magnum "Sein und Zeit" anführte: "δῆλον γὰρ ὡς ὑμεῖς μὲν ταῦτα πάλαι γιγνώσκετε, ἡμεῖς δὲ πρὸ τοῦ μὲν ᾠόμεθα, νῦν δ᾿ ἠπορήκαμεν." (Plato, Sophista 244 a). Denn die Seinsfrage scheint nach Heidegger die dunkelste Frage überhaupt zu sein.
Vale! Mystica

"Cum quo enim Deus est, nunquam minus solus est, quam cum solus est. Tunc enim libere fruitur gaudio suo, tunc ipse suus est sibi, ad fruendum Deo in se, et se in Deo". (Beatus Abbas Bernardus Claraevallensis)